"Griff in die Kasse" - Zur Haftung des GmbH-Geschäftsführers gegenüber Gesellschaftsgläubigern
BGH v. 7.5.2019 - VI ZR 512/17
Der Sachverhalt:
Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die eine Mühle betrieb. Die Klägerin betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen und hatte die GmbH im Juli und August 2012 mit Weizen beliefert. Die GmbH lagerte den Weizen zunächst ein und verkaufte ihn dann zu von der Klägerin bestimmten Zeitpunkten zum jeweiligen Tagespreis; die aus den Verkäufen erzielten Erlöse flossen auf ein Konto der GmbH. Die Klägerin bezog ihrerseits von der GmbH Saatgut, Dünger und Ähnliches. Zwischen der Klägerin und der GmbH bestand eine Kontokorrentabrede, nach der die Auszahlung des Differenzguthabens von der GmbH an die Klägerin im Februar des Folgejahres erfolgen sollte.
Eine solche Zahlung erfolgte jedoch nicht. Vielmehr stellte der Beklagte Ende Juli 2013 einen Insolvenzantrag für die GmbH, der in der Folgezeit mangels Masse abgewiesen wurde. Grund für die Unfähigkeit der GmbH, die Forderungen der Klägerin und einer Vielzahl weiterer Landwirte zu bedienen, war, dass der Beklagte mehrere hunderttausend Euro aus dem Vermögen der GmbH entnommen und für betriebsfremde Zwecke verwendet hatte.
Die Klägerin war der Ansicht, der Beklagte hafte für ihre Forderungen wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs sowie wegen Verletzung von Geschäftsführerpflichten. Sie verlangte von ihm Ersatz ihres Schadens i.H.v. rund 75.514 €. Das LG wie die Klage ab. Das OLG sprach der Klägerin hingegen 60.018 € zu. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur ernueten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 826 BGB nicht bejaht werden. Die Feststellungen tragen jedenfalls nicht die Würdigung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Klägerin sittenwidrig geschädigt.
Bei mittelbaren Schädigungen - wie hier - setzt ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB voraus, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht. Die Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH aus § 43 Abs. 1 GmbHG, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt, besteht grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft, nicht hingegen im Verhältnis zu außenstehenden Dritten wie der Klägerin.
Aus vertraglichen Beziehungen erwachsen grundsätzlich nur den Vertragspartnern Pflichten, nicht hingegen Dritten. Dies gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, wenn es um die vertraglichen Beziehungen der von ihm vertretenen GmbH geht; auch er ist insoweit Dritter und aus den für die GmbH geschlossenen Verträgen deshalb grundsätzlich nicht persönlich verpflichtet. Etwas anderes kann etwa im Rahmen des § 311 Abs. 3 BGB oder dann gelten, wenn der Geschäftsführer im primär für die GmbH abgeschlossenen Vertrag auch persönlich Pflichten übernommen hat, er insoweit also in eigenem Namen gehandelt hat und damit auch selbst Vertragspartner geworden ist. Allerdings hatte das Berufungsgericht keine Umstände festgestellt, die im Streitfall eine solche Beurteilung rechtfertigen könnten.
Insbesondere kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die GmbH nach den getroffenen Absprachen Gelder der Klägerin treuhänderisch zu verwahren gehabt, sie damit eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB getroffen und der Beklagte diese gegenüber der Klägerin bestehende Vermögensbetreuungspflicht der GmbH verletzt hätte. Somit konnte ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen schon dem Grunde nach nicht bejaht werden.
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Der Beklagte war Geschäftsführer einer GmbH, die eine Mühle betrieb. Die Klägerin betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen und hatte die GmbH im Juli und August 2012 mit Weizen beliefert. Die GmbH lagerte den Weizen zunächst ein und verkaufte ihn dann zu von der Klägerin bestimmten Zeitpunkten zum jeweiligen Tagespreis; die aus den Verkäufen erzielten Erlöse flossen auf ein Konto der GmbH. Die Klägerin bezog ihrerseits von der GmbH Saatgut, Dünger und Ähnliches. Zwischen der Klägerin und der GmbH bestand eine Kontokorrentabrede, nach der die Auszahlung des Differenzguthabens von der GmbH an die Klägerin im Februar des Folgejahres erfolgen sollte.
Eine solche Zahlung erfolgte jedoch nicht. Vielmehr stellte der Beklagte Ende Juli 2013 einen Insolvenzantrag für die GmbH, der in der Folgezeit mangels Masse abgewiesen wurde. Grund für die Unfähigkeit der GmbH, die Forderungen der Klägerin und einer Vielzahl weiterer Landwirte zu bedienen, war, dass der Beklagte mehrere hunderttausend Euro aus dem Vermögen der GmbH entnommen und für betriebsfremde Zwecke verwendet hatte.
Die Klägerin war der Ansicht, der Beklagte hafte für ihre Forderungen wegen Insolvenzverschleppung und Betrugs sowie wegen Verletzung von Geschäftsführerpflichten. Sie verlangte von ihm Ersatz ihres Schadens i.H.v. rund 75.514 €. Das LG wie die Klage ab. Das OLG sprach der Klägerin hingegen 60.018 € zu. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur ernueten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Gründe:
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 826 BGB nicht bejaht werden. Die Feststellungen tragen jedenfalls nicht die Würdigung des Berufungsgerichts, der Beklagte habe die Klägerin sittenwidrig geschädigt.
Bei mittelbaren Schädigungen - wie hier - setzt ein Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB voraus, dass den Schädiger das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, gerade auch in Bezug auf die Schäden desjenigen trifft, der Ansprüche aus § 826 BGB geltend macht. Die Verpflichtung des Geschäftsführers einer GmbH aus § 43 Abs. 1 GmbHG, dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaft rechtmäßig verhält und ihren gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt, besteht grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft, nicht hingegen im Verhältnis zu außenstehenden Dritten wie der Klägerin.
Aus vertraglichen Beziehungen erwachsen grundsätzlich nur den Vertragspartnern Pflichten, nicht hingegen Dritten. Dies gilt auch für den Geschäftsführer einer GmbH, wenn es um die vertraglichen Beziehungen der von ihm vertretenen GmbH geht; auch er ist insoweit Dritter und aus den für die GmbH geschlossenen Verträgen deshalb grundsätzlich nicht persönlich verpflichtet. Etwas anderes kann etwa im Rahmen des § 311 Abs. 3 BGB oder dann gelten, wenn der Geschäftsführer im primär für die GmbH abgeschlossenen Vertrag auch persönlich Pflichten übernommen hat, er insoweit also in eigenem Namen gehandelt hat und damit auch selbst Vertragspartner geworden ist. Allerdings hatte das Berufungsgericht keine Umstände festgestellt, die im Streitfall eine solche Beurteilung rechtfertigen könnten.
Insbesondere kann auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, dass die GmbH nach den getroffenen Absprachen Gelder der Klägerin treuhänderisch zu verwahren gehabt, sie damit eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB getroffen und der Beklagte diese gegenüber der Klägerin bestehende Vermögensbetreuungspflicht der GmbH verletzt hätte. Somit konnte ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 266, 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen schon dem Grunde nach nicht bejaht werden.
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