Hilfsweise kennzeichenrechtliche Ansprüche: Festsetzung von Kosten durch Mitwirkung eines Patentanwalts
BGH v. 9.5.2019 - I ZB 83/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger nahm den Beklagten wegen Namensrechtsverletzung und hilfsweise wegen Verletzung einer Unionsmarke auf Unterlassung der Benutzung mehrerer Zeichen, Löschung eines Facebook-Accounts, Auskunftserteilung, Schadensersatzfeststellung sowie Ersatz von Abmahnkosten und immaterieller Schäden in Anspruch. Für ihn wirkte im Rechtsstreit erster Instanz neben seinem Prozessbevollmächtigten ein in derselben Sozietät tätiger Patentanwalt mit.
Das LG gab der Klage nach dem Hauptantrag weit überwiegend statt und erlegte die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auf. Das LG setzte die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten erster Instanz auf insgesamt rd. 11.700 € nebst Zinsen fest; darin sind vom Kläger zur Festsetzung angemeldete Kosten des Patentanwalts i.H.v. rd. 4.100 € enthalten. Die gegen die Festsetzung der Patentanwaltskosten gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten blieb vor dem OLG ohne Erfolg.
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten hob der BGH den Beschluss des OLG auf, änderte den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG teilweise ab und fasste ihn wie folgt neu: Die von dem Beklagten an den Kläger nach dem Urteil des LG zu erstattenden Kosten werden auf rd. 7.600 € festgesetzt. Die Kosten der Rechtsmittel trägt der Kläger. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf rd. 4.100 € festgesetzt.
Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in der Hauptsache vom Kläger geltend gemachten namensrechtlichen Ansprüche keine Kennzeichenstreitsachen darstellen. Auf Namensrechtsstreitigkeiten ist die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG deshalb nicht anwendbar. Bei den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten, auf die Verletzung einer Unionsmarke gestützten Ansprüchen handelt es sich allerdings um Kennzeichenstreitsachen. Davon ist das OLG zu Recht ausgegangen. Die dem Kläger im Streitfall entstandenen Patentanwaltskosten sind nicht nach § 140 Abs. 3 MarkenG erstattungsfähig.
Die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten nach diesen Maßstäben setzt voraus, dass über die kennzeichenrechtlichen Ansprüche, für die die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG gilt, entschieden worden und eine darauf bezogene Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers ergangen ist. Daran fehlt es hier. Das Kostenfestsetzungsverfahren setzt gem. § 103 Abs. 1 ZPO eine Kostengrundentscheidung voraus, auf deren Grundlage die Höhe der zu erstattenden Kosten festgesetzt wird. Die Kostengrundentscheidung rechtfertigt eine Kostenfestsetzung zugunsten des Kostengläubigers nur, soweit ihre formale Reichweite die anwaltliche Tätigkeit erfasst, deren Kosten der Kostengläubiger zur Festsetzung angemeldet hat.
So scheidet die Festsetzung von Kosten aus, die von der Kostenentscheidung zeitlich nicht erfasst werden. Deshalb können außergerichtliche Kosten nicht festgesetzt werden, wenn sie nach der die Kostengrundentscheidung enthaltenden gerichtlichen Entscheidung entstanden sind. Die Kostengrundentscheidung rechtfertigt eine Kostenfestsetzung auch dann nicht, wenn sie die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren inhaltlich nicht erfasst. So liegt der Fall hier.
Entgegen der Ansicht des OLG kann im Streitfall die Kostengrundentscheidung nicht bereits deshalb Grundlage für die beantragte Kostenfestsetzung sein, weil die hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche Gegenstand der Klage waren. Dieser Umstand ist für die Frage unerheblich, ob die Patentanwaltskosten festsetzungsfähig sind. Es ist dafür auch nicht von Bedeutung, dass beide Parteien Veranlassung hatten, zu den hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen vorzutragen. Maßgeblich ist allein, dass die Kostengrundentscheidung nur diejenigen Ansprüche erfasst, über die eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist. Wird über hilfsweise geltend gemachte Ansprüche nicht entschieden, werden sie von der Kostengrundentscheidung nicht erfasst.
Das LG hat der Klage auf namensrechtlicher Grundlage stattgegeben und über die hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche nicht entschieden. Deshalb war der Streitwert der kennzeichenrechtlichen Ansprüche nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen. Damit waren allein die namensrechtlichen und nicht die kennzeichenrechtlichen Ansprüche streitwertbestimmend und maßgeblich für die Kostenentscheidung. Danach fehlt es für eine Festsetzung von Patentanwaltskosten gegen den Beklagten an der erforderlichen, auf eine Kennzeichenrechtssache bezogenen Kostengrundentscheidung.
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Der Kläger nahm den Beklagten wegen Namensrechtsverletzung und hilfsweise wegen Verletzung einer Unionsmarke auf Unterlassung der Benutzung mehrerer Zeichen, Löschung eines Facebook-Accounts, Auskunftserteilung, Schadensersatzfeststellung sowie Ersatz von Abmahnkosten und immaterieller Schäden in Anspruch. Für ihn wirkte im Rechtsstreit erster Instanz neben seinem Prozessbevollmächtigten ein in derselben Sozietät tätiger Patentanwalt mit.
Das LG gab der Klage nach dem Hauptantrag weit überwiegend statt und erlegte die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auf. Das LG setzte die von dem Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten erster Instanz auf insgesamt rd. 11.700 € nebst Zinsen fest; darin sind vom Kläger zur Festsetzung angemeldete Kosten des Patentanwalts i.H.v. rd. 4.100 € enthalten. Die gegen die Festsetzung der Patentanwaltskosten gerichtete sofortige Beschwerde des Beklagten blieb vor dem OLG ohne Erfolg.
Auf die Rechtsbeschwerde des Beklagten hob der BGH den Beschluss des OLG auf, änderte den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG teilweise ab und fasste ihn wie folgt neu: Die von dem Beklagten an den Kläger nach dem Urteil des LG zu erstattenden Kosten werden auf rd. 7.600 € festgesetzt. Die Kosten der Rechtsmittel trägt der Kläger. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf rd. 4.100 € festgesetzt.
Die Gründe:
Das OLG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die in der Hauptsache vom Kläger geltend gemachten namensrechtlichen Ansprüche keine Kennzeichenstreitsachen darstellen. Auf Namensrechtsstreitigkeiten ist die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG deshalb nicht anwendbar. Bei den vom Kläger hilfsweise geltend gemachten, auf die Verletzung einer Unionsmarke gestützten Ansprüchen handelt es sich allerdings um Kennzeichenstreitsachen. Davon ist das OLG zu Recht ausgegangen. Die dem Kläger im Streitfall entstandenen Patentanwaltskosten sind nicht nach § 140 Abs. 3 MarkenG erstattungsfähig.
Die Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten nach diesen Maßstäben setzt voraus, dass über die kennzeichenrechtlichen Ansprüche, für die die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG gilt, entschieden worden und eine darauf bezogene Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers ergangen ist. Daran fehlt es hier. Das Kostenfestsetzungsverfahren setzt gem. § 103 Abs. 1 ZPO eine Kostengrundentscheidung voraus, auf deren Grundlage die Höhe der zu erstattenden Kosten festgesetzt wird. Die Kostengrundentscheidung rechtfertigt eine Kostenfestsetzung zugunsten des Kostengläubigers nur, soweit ihre formale Reichweite die anwaltliche Tätigkeit erfasst, deren Kosten der Kostengläubiger zur Festsetzung angemeldet hat.
So scheidet die Festsetzung von Kosten aus, die von der Kostenentscheidung zeitlich nicht erfasst werden. Deshalb können außergerichtliche Kosten nicht festgesetzt werden, wenn sie nach der die Kostengrundentscheidung enthaltenden gerichtlichen Entscheidung entstanden sind. Die Kostengrundentscheidung rechtfertigt eine Kostenfestsetzung auch dann nicht, wenn sie die zur Festsetzung angemeldeten Gebühren inhaltlich nicht erfasst. So liegt der Fall hier.
Entgegen der Ansicht des OLG kann im Streitfall die Kostengrundentscheidung nicht bereits deshalb Grundlage für die beantragte Kostenfestsetzung sein, weil die hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche Gegenstand der Klage waren. Dieser Umstand ist für die Frage unerheblich, ob die Patentanwaltskosten festsetzungsfähig sind. Es ist dafür auch nicht von Bedeutung, dass beide Parteien Veranlassung hatten, zu den hilfsweise geltend gemachten Ansprüchen vorzutragen. Maßgeblich ist allein, dass die Kostengrundentscheidung nur diejenigen Ansprüche erfasst, über die eine gerichtliche Entscheidung ergangen ist. Wird über hilfsweise geltend gemachte Ansprüche nicht entschieden, werden sie von der Kostengrundentscheidung nicht erfasst.
Das LG hat der Klage auf namensrechtlicher Grundlage stattgegeben und über die hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche nicht entschieden. Deshalb war der Streitwert der kennzeichenrechtlichen Ansprüche nicht nach § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG mit dem Hauptanspruch zusammenzurechnen. Damit waren allein die namensrechtlichen und nicht die kennzeichenrechtlichen Ansprüche streitwertbestimmend und maßgeblich für die Kostenentscheidung. Danach fehlt es für eine Festsetzung von Patentanwaltskosten gegen den Beklagten an der erforderlichen, auf eine Kennzeichenrechtssache bezogenen Kostengrundentscheidung.
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