Höhere Gegenleistung für die Übernahme von Aktien der Postbank durch die Deutsche Bank AG?
BGH 29.7.2014, II ZR 353/12Die Klägerin, das Börsenjournal Effecten-Spiegel, hatte 150.000 Aktien der Deutschen Postbank AG gehalten und dafür ein am 7.10.2010 veröffentlichtes (freiwilliges) Übernahmeangebot der Deutsche Bank AG nach § 29 Abs. 1 WpÜG angenommen. Im Nachhinein hielt die Klägerin jedoch die angebotene Gegenleistung von 25 € pro Aktie für zu niedrig und verlangte deshalb Zahlung eines Differenzbetrags i.H.v. rund 4,8 Mio. €.
Ihr Zahlungsverlangen stützte die Klägerin darauf, dass die Deutsche Bank AG bereits im September 2008 mit der damaligen Muttergesellschaft der Postbank, der Deutsche Post AG, einen Vertrag ("Ursprungsvertrag") über den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an der Postbank von 29,75 % zum Preis von 57,25 € pro Aktie geschlossen hatte. Zusätzlich hatte die Deutsche Bank AG die Option erhalten, ein weiteres Aktienpaket i.H.v. 18 % an der Postbank für 55 € je Aktie zu erwerben, und der Deutsche Post AG war eine Verkaufsoption eingeräumt worden, ihren an der Postbank verbleibenden Anteil von 20,25 % plus einer Aktie zum Preis von 42,80 € je Aktie an die Deutsche Bank AG veräußern zu können.
Nachdem die Deutsche Bank AG und die Deutsche Post AG Ende Dezember 2008 aufgrund veränderter Marktbedingungen zunächst vereinbart hatten, den Vollzug der ursprünglichen Erwerbsvereinbarung zu verschieben, schlossen sie am 14.1.2009 eine "Nachtragsvereinbarung", nach der der Erwerb der Postbank in drei Schritten erfolgen sollte: Zunächst sollte die Deutsche Bank AG 50 Mio. Aktien (= 22,9 % des Grundkapitals der Postbank) zum Preis von 23,92 € pro Aktie, sodann 60 Mio. Aktien (= 27,4 % des Grundkapitals) über eine Pflichtumtauschanleihe mit Fälligkeit zum 25.2.2012 zum Preis von 45,45 € pro Aktie und schließlich 26.417.432 Aktien (= 12,1 % des Grundkapitals) aufgrund von Call- und Put-Optionen zu einem Preis von 48,85 € je Aktie für die Call-Option und von je 49,42 € für die Put-Option erwerben. Die Optionen sollten zwischen dem 28.2.2012 und dem 25.2.2013 ausgeübt werden können.
Die Klägerin war der Ansicht, die Deutsche Bank AG hätte schon aufgrund des Ursprungsvertrags, jedenfalls aber aufgrund der Nachtragsvereinbarung ein Pflichtangebot nach § 35 Abs. 2 WpÜG zu einem Preis von 57,25 €, hilfsweise zu einem Preis von 49,42 € (Put-Option) 48,85 € (Call-Option) bzw. 45,45 € (Pflichtumtauschanleihe) pro Aktie veröffentlichen müssen, weil diese Vereinbarungen gem. § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. 5 bzw.§ 30 Abs. 2 WpÜG zur Erlangung der Kontrolle über die Postbank geführt hätten. Jedenfalls seien diese Vereinbarungen bei der Bestimmung der angemessenen Gegenleistung nach § 31 Abs. 1 WpÜG zu berücksichtigen.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Das OLG war der Ansicht, die Deutsche Bank AG sei zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des (freiwilligen) Übernahmeangebots noch nicht Eigentümerin von 30 % oder mehr der Postbank-Aktien gewesen. Ihr seien auch nicht die restlichen von der Deutsche Post AG gehaltenen Aktien nach § 30 WpÜG zuzurechnen. Es liege insbesondere kein "acting in concert" i.S.d. § 30 Abs. 2 WpÜG zwischen der Deutsche Bank AG und der Deutsche Post AG vor. Damit sei die Deutsche Bank AG nicht zur Veröffentlichung eines Pflichtangebots verpflichtet gewesen. Die von der Beklagten später angebotene Gegenleistung von 25 € pro Aktie sei angemessen i.S.d. § 31 WpÜG.
Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Zwar hatte das OLG rechtsfehlerfrei angenommen, dass die von der Deutsche Post AG gehaltenen Anteile an der Postbank der Deutsche Bank AG nicht nach § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 u. 5 WpÜG zuzurechnen waren. Allerdings erschien - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes - eine Zurechnung im Rahmen eines "acting in concert" nach § 30 Abs. 2 WpÜG durchaus möglich. Insofern hätte das Berufungsgericht der Behauptung der Klägerin nachgehen müssen, dass in der Nachtragsvereinbarung zwischen der Deutsche Bank AG und der Deutsche Post AG eine "Interessenschutzklausel" enthalten gewesen sei, aufgrund derer das Abstimmungsverhalten der beiden Vertragspartner in den Hauptversammlungen der Postbank abgestimmt worden sei.
Hierzu muss das Berufungsgericht im weiteren Verfahren die erforderlichen Feststellungen treffen.
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