Hygienesiegel für Sexspielzeug im Onlinehandel ist zulässig
OLG Hamm 22.11.2016, 4 U 65/15Klägerin und Beklagte vertreiben über das Internet Erotikzubehörartikel und Sexspielzeug. Sind derartige Artikel zur Anwendung am oder im menschlichen Körper vorgesehen, vertreibt sie die Beklagte mit einem Hygienesiegel mit der Aufschrift ʺHygienesiegel - kein Umtausch bei beschädigtem oder entferntem Siegel". Ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen sehen insoweit vor, dass kein Widerrufsrecht bei den im Internet getätigten Bestellungen (sog. Fernabsatzverträgen) zur Lieferung versiegelter Waren besteht, wenn die Waren aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Die Klägerin hielt den Vertrieb derartiger Artikel unter Ausschluss des bei Fernabsatzverträgen gesetzlich grundsätzlich vorgesehenen Widerrufsrechts für wettbewerbswidrig und nahm die Beklagte insoweit insbesondere auf Unterlassung in Anspruch. Das LG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, dass die Beklagte aufgrund des gesetzlichen Ausschlussgrundes in § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB nicht verpflichtet sei, ihren Kunden in dem fraglichen Produktbereich ein Widerrufsrecht einzuräumen. Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG blieb erfolglos. Allerdings wurde zur Klärung der Tragweite der in Frage stehenden gesetzlichen Vorschrift die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung. In der mündlichen Verhandlung war deutlich geworden, dass der Klägerin die geltend gemachten Unterlassungsansprüche nicht zustehen dürften, weil die Beklagte das Widerrufsrecht eines Verbrauchers beim Onlinehandel mit den streitgegenständlichen Erotikartikeln aus Gründen des Gesundheitsschutzes gem. § 312 g Abs. 2 Nr. 3 BGB ausschließen darf, wenn der Verbraucher die Verpackung unter Entfernung des angebrachten Hygienesiegels öffnet.
Unabhängig von der Fragestellung, ob ein Verbraucher beim Onlinekauf derartiger Gegenstände überhaupt erwartet, sie nach dem Öffnen einer versiegelten Verpackung zurückgeben zu dürfen, sprachen auch Gründe des Verbraucherschutzes für den Ausschluss des Widerrufsrechts in solchen Fällen. Denn der gebotene Gesundheitsschutz beim Vertrieb derartiger Artikel dürfte eher zu gewährleisten sein, wenn nur mit originalverpackter Ware gehandelt wird und nicht etwa auch mit Artikeln, die von einem früheren Erwerber nach einem Öffnen einer versiegelten Verpackung - in Ausübung eines ihm eingeräumten Widerrufsrechts - zurückgegeben wurden.