30.10.2018

Immobilienkauf: Verschweigen der Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung

Die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung stellt einen Rechtsmangel dar. Die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss ist im Rahmen von § 444 BGB unerheblich; das gilt auch dann, wenn sich das arglistige Verschweigen auf einen Rechtsmangel bezieht.

BGH 14.9.2018, V ZR 165/17
Der Sachverhalt:

Der Kläger hatte gegenüber der Beklagten ein notarielles Kaufangebot für eine Wohnung abgegeben, das die Beklagte am 5.8.2008 annahm. Darin hieß es u.a.: "Ansprüche und Rechte des Käufers wegen eines Sachmangels des Wohnungseigentums sind ausgeschlossen. Dies gilt auch für alle Ansprüche auf Schadensersatz, es sei denn, der Verkäufer handelt vorsätzlich".

Gestützt auf die Behauptung, die Beklagte habe ihn nicht darüber aufgeklärt, dass es sich bei der Wohnung um öffentlich geförderten Wohnraum handele und Mieter einen Berechtigungsschein benötigten, verlangte der Kläger von der Beklagten im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrages sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Dagegen erhob die Beklagte die Einrede der Verjährung.

LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:

Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung ließ sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 S. 1 BGB auf Schadensersatz wegen der für das Kaufobjekt bestehenden Sozialbindung nicht verneinen.

Die Wohnung weist, was das OLG offen gelassen hat, einen Mangel i.S.v. § 435 S. 1 BGB auf. Nach ständiger BGH-Rechtsprechung stellt die Sozialbindung einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung einen Rechtsmangel dar, weil sie den Eigentümer in seinen rechtlichen Befugnissen einschränkt, sowohl was die Eigennutzung (§ 6 WoBindG; § 27 Abs. 7 WoFG) als auch was die Fremdnutzung (§§ 4 ff. WoBindG; §§ 26 ff. WoFG) angeht. Hieran hat sich durch die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert.

Ansprüche des Klägers wegen dieses Rechtsmangels können nicht mit der Begründung verneint werden, der Kläger habe die Kausalität zwischen der behaupteten unterlassenen Aufklärung über die Sozialbindung durch die Beklagte und seinem Kaufentschluss nicht dargelegt. Dabei kann offen bleiben, ob der vertragliche Haftungsausschluss, zu dessen Auslegung sich das angefochtene Urteil nicht verhält, auch die Haftung für Rechtsmängel umfasst. Sollte die Haftung des Beklagten für Rechtsmängel nicht ausgeschlossen sein, käme es von vornherein nicht auf ein etwaiges arglistiges Verschweigen der Sozialbindung und auf dessen Kausalität für den Kaufentschluss des Klägers an, weil die Beklagte für Rechtsmängel ohne weiteres nach § 433 Abs. 1 S. 2, § 435 S. 1, § 437 BGB einzustehen hätte.

Auf die Kausalität der unterlassenen Aufklärung für den Kaufentschluss des Klägers käme es aber auch dann nicht an, wenn der vertragliche Haftungsausschluss auch Rechtsmängel erfassen sollte. Auf den Haftungsausschluss kann sich die Beklagte nämlich nach § 444 BGB nicht berufen, wenn sie dem Kläger den in der Sozialbindung liegenden Rechtsmangel arglistig verschwiegen hat, wovon für die Revisionsinstanz auszugehen ist, weil das Berufungsgericht dies ausdrücklich offen gelassen hat. Diese Vorschrift soll den Käufer allein vor einer unredlichen Freizeichnung des Verkäufers von der Mängelhaftung schützen. Eine solche unredliche Freizeichnung ist gegeben, wenn der Verkäufer arglistig handelt. Weitere Voraussetzungen enthält die Vorschrift nicht. Namentlich die Ursächlichkeit der Arglist für den Kaufentschluss ist im Rahmen von § 444 BGB unerheblich. Das gilt auch dann, wenn sich das arglistige Verschweigen auf einen Rechtsmangel bezieht.

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