Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klage gegen ausländischen Staat hinsichtlich eines Honorars?
BGH 24.3.2016, VII ZR 150/15Die Klägerin ist eine GmbH mit Sitz in Deutschland. Sie hatte von dem Königreich Saudi Arabien Honorar i.H.v. 12 Mio. € für Planungsleistungen in Bezug auf die Errichtung einer neuen Stadt auf dessen Staatsgebiet gefordert. Der Vertrag aus dem Jahr 2006 sei von dem Leiter der Regierungsstelle "SAGIA" (Saudi Arabian General Investment Authority), einer juristischen Person mit eigener Rechtspersönlichkeit, zu deren Aufgaben u.a. die Entwicklung sog. "Economic Cities" gehöre, abgeschlossen worden. Dieser Herr habe insoweit mit Vertretungsmacht für den Beklagten gehandelt. Hilfsweise stützte die Klägerin ihre Ansprüche auf § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB und auf ungerechtfertigte Bereicherung.
Der Beklagte ist Eigentümer von zwei benachbarten Grundstücken im Bezirk des erkennenden LG. Auf dem einen Grundstück ist eine Akademie gelegen, eine Schule mit angeschlossener Moschee. Das andere Grundstück ist ein Baugrundstück. Der Beklagte berief sich gegenüber der Klage auf Staatenimmunität und rügte die fehlende internationale Zuständigkeit.
Das LG hatte gem. § 280 Abs. 1 ZPO die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet und diese mit Zwischenurteil bejaht. Das OLG wies die Berufung des Beklagten zurück. Auf die Revision des Beklagten hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.
Die Gründe:
Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichtes konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagte keine Staatenimmunität genießt und mithin die deutsche Gerichtsbarkeit eröffnet ist.
Da völkerrechtliche Verträge zur Regelung der Staatenimmunität im Verhältnis Deutschlands zum Beklagten nicht bestehen, war die Frage, inwiefern der Beklagte der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt, nach den gem. Art. 25 GG als Bundesrecht maßgeblichen allgemeinen Regeln des Völkerrechts zu beurteilen. Ausgehend von der souveränen Gleichheit von Staaten gilt im Grundsatz das Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen. Allerdings hat das Recht der Staatenimmunität, nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreitenden Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem relativen Recht hin durchlaufen.
Danach besteht Staatenimmunität weitgehend uneingeschränkt für solche Akte, die hoheitliches Handeln eines Staates (acta iure imperii) darstellen. Derartige Akte eines Staates unterfallen außer im Fall des Verzichts auf die Staatenimmunität nicht der nationalen Gerichtsbarkeit. Dagegen ist es keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht hoheitliches Handeln (acta iure gestionis) genießt. Maßgebend für die Abgrenzung zwischen hoheitlichen und nicht hoheitlichen Akten ist nach BVerfG-Rechtsprechung die Rechtsnatur des staatlichen Handelns, nicht aber deren Motiv und Zweck. Es kommt darauf an, ob der Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig wurde. Die Heranziehung des nationalen Rechts erfährt lediglich insoweit eine Begrenzung, als vom hoheitlichen Bereich und damit von der Staatenimmunität solche Handlungen nicht ausgenommen werden dürfen, die nach der von den Staaten überwiegend vertretenen Auffassung zum Bereich der Staatsgewalt im engeren Sinn gehören.
Da das BVerfG nur auf die Natur des staatlichen Handelns oder des entstandenen Rechtsverhältnisses abstellt, kommt es nicht darauf an, ob ein privatrechtlicher Vertrag, auf dem die mit einer Klage geltend gemachten Ansprüche beruhen, bereits wirksam geschlossen wurde. Diese Frage hat keine Auswirkungen auf die Qualifizierung der Rechtsnatur staatlichen Handelns. Auch einem solchen Vertragsschluss vorgelagerte Verhandlungen sind bereits dem nicht hoheitlichen Bereich zuzuordnen, ebenso wie ein hierdurch entstehendes vorvertragliches Rechtsverhältnis. Die Staatenimmunität kann daher nach den vom BVerfG formulierten Grundsätzen auch für nicht hoheitliches Handeln im Vorfeld eines Vertragsschlusses nicht in Anspruch genommen werden. Aus der BVerfG-Rechtsprechung, das für die Frage der Staatenimmunität an die Natur des staatlichen Handelns anknüpft, folgt allerdings, dass ein dem Staat zurechenbares Handeln vorliegen und dieses nicht hoheitlicher Natur sein muss. Danach sind zumindest Feststellungen zu einem privatrechtlichen Handeln im Namen des beklagten Staates sowie zur Zurechnung eines solchen privatrechtlichen Handelns erforderlich.
Linkhinweise:
- Der Volltext dieser Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
- Für den Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.