03.07.2023

Journalist hat Anspruch auf Auskunft zu einem Grußwort des Bundesfinanzministers für eine Bank

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist verpflichtet, der Presse bestimmte Fragen zu einem Videogrußwort des Bundesministers der Finanzen für eine Bank, bei der er zu ähnlicher Zeit einen privaten Immobilienkredit aufnahm, zu beantworten. Es besteht ein nach wie vor besonders hohes öffentliches Interesses an diesem Thema.

VG Berlin v. 26.6.2023 - VG 27 L 28/23
Der Sachverhalt:
Der Antragsteller ist Redakteur einer Tageszeitung. Er stellte dem BMF neun Fragen zu Vorgängen rund um ein im Mai 2022 erstelltes Videogrußwort des Bundesministers der Finanzen für eine Bank, bei der er zu ähnlicher Zeit einen privaten Immobilienkredit aufnahm, und den privaten Verbindungen des Ministers zu dieser Bank und weiteren Unternehmen. Das Ministerium antwortete dem Antragsteller nicht. Der Antragsteller stützt sich im vorliegenden Eilverfahren auf die Pressefreiheit, die ihm einen Anspruch auf Auskunft gegenüber Bundesbehörden wie dem BMF gewähre.

Das VG gab dem Antrag teilweise - in Bezug auf vier Fragen - statt. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim OVG eingelegt werden.

Die Gründe:
Das BMF muss u.a. Auskunft zu der Frage geben, ob der Minister seine private Kreditaufnahme gegenüber den für die Videoproduktion des Grußworts verantwortlichen Mitarbeitern vor der Veröffentlichung im Magazin "Der Spiegel" im Oktober 2022 dargelegt hat. Diese Frage ist nicht durch den Hinweis des BMF darauf beantwortet worden, dass sich aus den für den Minister geltenden Compliance-Regeln keine Pflicht zur Anzeige privater Kreditverbindungen ergebe. Denn daraus folgt nicht zwingend, dass es im BMF keine dienstlichen Informationen zu der betreffenden Kreditaufnahme gibt.

Das BMF muss auch Fragen zu Anfragen privatwirtschaftlicher Unternehmen nach Grußworten oder Reden insbesondere in den Monaten April und Mai 2022 beantworten. Dem stehen keine schutzwürdigen Interessen Privater entgegen, weil Unternehmen mit öffentlicher Aufmerksamkeit für ihre Anfragen rechnen müssen, wenn sie einen Minister um ein Grußwort bitten.

Hinsichtlich fünf Fragen hatte der Eilantrag dagegen keinen Erfolg. Insbesondere muss keine Auskunft zu sonstigen privaten Geschäftsbeziehungen des Ministers erteilt werden. Diese sind nicht dienstlich geprägt, sondern privat. Allein der Umstand, dass ein Minister in dieser Funktion möglicherweise ministerielle Grußworte für private Unternehmen erstellt hat, mit denen ihn eine private Geschäftsbeziehung verbindet oder verbunden hat, rechtfertigt nicht die Annahme, er habe seine privaten Belange mit dienstlichem Handeln verquickt.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Antrag eines Journalisten auf Zugang zu Informationen über ehemals möglicherweise mit der DDR-Staatssicherheit zusammenarbeitende Mitarbeiter der Justiz
EGMR (Vierte Sektion) vom 28.03.2023 - 6091/16
AfP 2023, 235
AFP0055947

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VG Berlin PM Nr. 26 vom 3.7.2023
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