30.01.2017

Kartell auf dem Markt für Badezimmerausstattungen

Der EuGH hat die Rechtsmittel von Gesellschaften, denen die Beteiligung an einem Kartell auf dem Markt für Badezimmerausstattungen zur Last gelegt wird, in der Mehrzahl der Fälle zurückgewiesen.

EuGH 26.1.2017, C-604/13 P u.a.
Der Sachverhalt:
Im Juni 20101 verhängte die Kommission gegen 17 Hersteller von Badezimmerausstattungen (Armaturen, Duschzubehör, Sanitärkeramik) wegen deren Beteiligung an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung im Badezimmerausstattungssektor Geldbußen i.H.v. insgesamt rd. 622 Mio. €. Sie legte diesen Unternehmen zur Last, während verschiedener Zeiträume zwischen 1992 und 2004 in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich regelmäßig an wettbewerbswidrigen Zusammenkünften teilgenommen zu haben.

Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und anderer Preisgestaltungselemente sowie die Verbreitung und der Austausch sensibler Geschäftsinformationen durch diese Unternehmen ein Kartell darstellten. Mehrere von der Kommission belangte Gesellschaften erhoben beim EuG Klage auf Nichtigerklärung des genannten Beschlusses oder auf Herabsetzung der verhängten Geldbußen.

Das EuG erklärte den Beschluss der Kommission in Bezug auf eine Reihe dieser Gesellschaften teilweise für nichtig und setzte in einigen Fällen die gegen sie verhängten Geldbußen herab. Die Klagen der übrigen Unternehmen wies es ab. Die von einigen Gesellschaften sowie von der Kommission eingelegten Rechtsmittel hatten vor dem EuGH zum Teil Erfolg.

Gründe:
Die Rechtsmittel verschiedener Gesellschaften waren zurückzuverweisen (detaillierte Übersicht, sie Pressemitteilung). Auf das Rechtsmittel der Kommission hinsichtlich der Gesellschaften Keramag Keramische Werke GmbH (vormals Keramag Keramische Werke AG), die Koralle Sanitärprodukte GmbH, die Koninklijke Sphinx BV, die Allia SAS, die Produits Céramiques de Touraine SA, die Pozzi Ginori SpA und die Sanitec Europe Oy hob der EuGH das Urteil des EuG auf und verwies die Rechtssache dorthin zurück.

Das EuG hat gegen die Begründungspflicht und die Regeln der Beweiserhebung verstoßen, weil es den von Roca im Rahmen ihres Kronzeugenantrags abgegebenen Erklärungen allein auf der Grundlage des 586. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses, in dem ein anderes Schriftstück zusammengefasst wird, jeden Beweiswert abgesprochen hat, ohne den 556. Erwägungsgrund, der sich auf diese Erklärungen bezieht, oder auch nur deren Inhalt zu prüfen. Zweitens hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Kommission für verpflichtet hielt, zusätzliche Beweise beizubringen, weil eine Kronzeugenerklärung eine andere nicht erhärten könne. Ferner hat es einen Rechtsfehler begangen, indem es verlangt hat, dass die das Treffen der Association française des industries de céramique sanitaire (AFICS) im Februar 2004 betreffende Tabelle für sich genommen, ohne Berücksichtigung der übrigen, insbesondere im Kronzeugenantrag von Ideal Standard enthaltenen Beweise und ergänzenden Erläuterungen, die Existenz der fraglichen Zuwiderhandlung belegt.

Überdies hat das EuG zu Unrecht nicht geprüft, ob die monatlichen Tabellen mit vertraulichen Zahlen zu den Verkäufen die Erklärungen von Ideal Standard und Roca erhärten können. Das Urteil des EuG war daher aufzuheben, soweit das EuG erstens den Beschluss der Kommission im Anschluss an eine unvollständige Prüfung dieses Beschlusses und der Beweise teilweise für nichtig erklärt hat, zweitens den Schluss gezogen hat, dass ein erhärtender Beweis die Festlegung von Preisen bei dem AFICS-Treffen nicht habe erhärten können, drittens den Beweiswert einiger im Beschluss der Kommission genannter Beweise nicht geprüft hat und viertens nicht geprüft hat, ob sich diese Beweise bei umfassender Betrachtung gegenseitig verstärken konnten.

Im Fall der Laufen Austria AG war das Urteil des EuG insoweit aufzuheben, als darin festgestellt wird, dass die Kommission keinen Fehler begangen habe, als sie für den Zeitraum, für den Laufen Austria allein für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden sei, bei der Anwendung der Obergrenze von 10 % den Umsatz der Roca-Gruppe berücksichtigt habe. Die Kommission muss, sofern eine Muttergesellschaft für eine von ihrer Tochtergesellschaft vor deren Erwerb begangene Zuwiderhandlung nicht haftbar gemacht werden kann, bei der Berechnung der Obergrenze von 10 % den eigenen Umsatz der Tochtergesellschaft in dem Geschäftsjahr berücksichtigen, das dem Jahr des Erlasses der Entscheidung, mit der die Zuwiderhandlung geahndet wird, vorausging.

Das EuG hat deshalb einen Rechtsfehler begangen, als es angenommen hat, dass die Kommission in Fällen, in denen zwischen einem ersten Zeitabschnitt, für den die Tochtergesellschaft allein für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht werde, und einem zweiten Zeitabschnitt, für den die Muttergesellschaft mit ihrer Tochtergesellschaft als Gesamtschuldner für die Zuwiderhandlung haftbar gemacht werde, unterschieden werde, nach dem Unionsrecht nicht zu prüfen habe, ob der Teil der Geldbuße, für den die Muttergesellschaft nicht als Gesamtschuldnerin haftbar gemacht werde, unter der Obergrenze von 10 % des allein von der Tochtergesellschaft erzielten Umsatzes liege. Die Rechtssache zur Entscheidung über den Antrag auf Herabsetzung der verhängten Geldbuße war an das EuG zurückzuverweisen.

Linkhinweis:

Für die auf den Webseiten des EuGH veröffentlichte Pressemitteilung klicken Sie bitte hier.

EuGH PM Nr. 8 vom 26.1.2017
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