Kartell auf dem Markt für Smartcard-Chips: Geldbußen gegen Philips und Infineon bleiben bestehen
EuG 15.12.2016, T-758/14Im September 2014 verhängte die Kommission gegen vier Unternehmen Geldbußen i.H.v. insgesamt rd. 138 Mio. € wegen abgestimmten Verhaltens auf dem Markt für Smartcard-Chips im EWR in der Zeit von 2003 bis 2005. Das Kartell stützte sich auf ein Netz bilateraler Kontakte und den Austausch sensibler Geschäftsdaten zwischen den Unternehmen, u.a. in Bezug auf die Preise. Im April 2011 nahm die Kommission im Hinblick auf den Abschluss eines Vergleichs Gespräche mit Renesas, Samsung und Philips auf. Diese Gespräche wurden im Oktober 2012 abgebrochen.
Renesas wurde die Geldbuße vollständig erlassen, weil sie die Kommission über die Existenz des Kartells informiert hatte. Die Geldbuße von Infineon wurde um 20 Prozent ermäßigt, weil sich ihre Beteiligung auf Absprachen mit Samsung und Renesas beschränkte. Die Geldbuße von Samsung wurde um 30 Prozent ermäßigt, weil sie Informationen von erheblichem Mehrwert geliefert hatte. Die Kommission verhängte eine Geldbuße von rd. 82,8 Mio. € gegen Infineon und von rd. 20 Mio. € gegen Philips; beiden wurde keine Ermäßigung nach der Mitteilung über Zusammenarbeit gewährt.
Infineon und Philips riefen das EuG an und beantragten, den Beschluss der Kommission für nichtig zu erklären. Sie bestreiten zum einen die Existenz eines Kartells und rügen zum anderen die Höhe der gegen sie verhängten Geldbuße.
Das EuG wies die Klagen ab.
Die Gründe:
Philips und Infineon waren an wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen beteiligt. Infineon ist zwar nicht für die gesamte Zuwiderhandlung verantwortlich; wegen seiner rechtswidrigen Kontakte zu Samsung und Renesas war es jedoch zur Verantwortung zu ziehen.
Eine abgestimmte Verhaltensweise muss eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken. Bestimmte Arten der Koordination zwischen Unternehmen beeinträchtigen den Wettbewerb jedoch so stark, dass es keiner Prüfung ihrer Auswirkungen bedarf. Die Kommission ist insoweit zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass ein Informationsaustausch, der sich u.a. auf die Preise erstreckt und durch den vor allem der Preisverfall auf dem Markt für Smartcard-Chips gebremst werden soll, angesichts des wirtschaftlichen und juristischen Kontexts dieses Marktes schon aufgrund seines Gegenstands wettbewerbswidrig ist, ohne dass es einer Prüfung der Auswirkungen der fraglichen Praktiken auf dem Markt bedarf.
Hinsichtlich der von den Unternehmen aufgeworfenen Frage, ob die von Samsung vorgelegten Beweise zuverlässig seien, ist festzustellen, dass zwar gegenüber solchen Beweisen, die von Unternehmen im Rahmen eines Antrags auf Anwendung der Kronzeugenregelung vorgelegt werden, ein gewisses Misstrauen angebracht ist. Allerdings schafft die bloße Tatsache, dass eine Herabsetzung der Geldbuße in Anwendung der Mitteilung über Zusammenarbeit beantragt wird, nicht zwangsläufig einen Anreiz zur Vorlage verfälschter Beweise und führt auch nicht zu einem geringeren Beweiswert der von einem Unternehmen aus freien Stücken vorgelegten Beweise. Folglich waren die der Kommission zur Verfügung stehenden Urkunds- und Zeugenbeweise hinreichend glaubwürdig, um die Feststellung zu stützen, dass es ein Kartell gab.
Die Höhe der jeweiligen Geldbuße und die Anwendung des Schwerekoeffizienten von 16 Prozent sind angemessen. Die Unternehmen haben nichts zum Nachweis dafür vorgetragen, dass der Kommission bei der Berechnung dieser Geldbußen ein Fehler unterlaufen ist. Die Infineon gewährte Ermäßigung von 20 Prozent ist auch verhältnismäßig. Es trifft zwar zu, dass Infineon mit der härtesten Sanktion belegt wurde, obwohl ihre Beteiligung am Kartell den geringsten Umfang hatte, doch lag ihr Umsatz deutlich über dem der anderen Unternehmen.
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