21.04.2023

Kein Anspruch auf Unterlassung der Verknüpfung eines Namens mit dem Begriff "bankrott" über die Autocomplete-Funktion bei Google

Die Verknüpfung des Namens eines Unternehmers mit dem Begriff "bankrott" über die Autocomplete-Funktion im Rahmen der Google-Suche kann nach den Einzelfallumständen zulässig sein. Das Ergebnis der Autocomplete-Funktion ist erkennbar unbestimmt und enthält keine eigenständige Behauptung. Konkrete Bedeutung erlangt die Kombination erst nach weiteren Recherchen.

OLG Frankfurt a.M. v. 20.4.2023 - 16 U 10/22
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist Inhaber einer Unternehmensgruppe, die auf dem Gebiet des Innendesigns von Hotels tätig ist. Die Beklagte betreibt u.a. die Internetsuchmaschine Google. Bei Eingabe von Vor- und Nachnamen des Klägers erscheint über die Autocomplete-Funktion als Suchergänzungsvorschlag "bankrott". Hintergrund ist, dass zwei zur Unternehmensgruppe des Klägers gehörende Unternehmen vor rund zehn Jahren im Zusammenhang mit Ermittlungen deutscher Steuerbehörden insolvent und später wegen Vermögenslosigkeit aus dem Handelsregister gelöscht worden waren. Ein konkret auf den Kläger bezugnehmender Webseiteneintrag stammte von einem Inkassounternehmen, das ein Geschäftspartner der Unternehmensgruppe mit dem Einzug einer Forderung beauftragt hatte.

Der Kläger wandte sich sowohl gegen die Anzeige des Suchergänzungsvorschlags "bankrott" als auch gegen die Anzeige und Verlinkung auf die Webseite mit der URL, die sich auf die Zahlungsfähigkeit bezog. Das LG hat die Beklagte verpflichtet, den über die Autocomplete-Funktion generierten Sucherergänzungsvorschlag nicht mehr anzuzeigen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das Urteil abgeändert und die Klage vollumfänglich abgewiesen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim BGH begehrt werden.

Die Gründe:
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Unterlassung der Suchwortvervollständigung "bankrott" bei namensbasierter Suche nach seinem Vor- und Zunamen. Dieser Anspruch ergab sich insbesondere nicht aus der Datenschutzgrundverordnung (i.F.: DSGVO). Die Autocomplete-Funktion ist zwar als automatische Verarbeitung personenbezogener Daten einzustufen. Hier mussten die Interessen des Klägers an der Löschung aber hinter die Interessen der Nutzer und der Öffentlichkeit zurücktreten.

Denn ob ein Löschungsanspruch besteht, ist grundsätzlich auf Basis einer umfassenden Grundrechtsabwägung auf der Grundlage aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Abzuwägen waren hier auf Seiten des Klägers die Grundrechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens, des Schutzes personenbezogener Daten und der unternehmerischen Freiheit; auf Seiten der Beklagten das Recht auf unternehmerische Freiheit und freie Meinungsäußerung. Zu berücksichtigen waren auch die Zugangsinteressen der Internetnutzer und das Interesse einer breiten Öffentlichkeit am Zugang zu Informationen.

Gewicht erlangte hier, dass die Bedeutung des nach Eingabe des Namens erscheinenden Suchvorschlags "bankrott" erkennbar offenbleibt und unbestimmt ist. Einem verständigen Internetnutzer ist dabei durchaus bewusst, dass der Suchvorschlag Ergebnis eines automatischen Vorgangs ist. Der Nutzer kann mit der angezeigten Kombination zunächst "nichts anfangen". Der angezeigten Kombination selbst ist keine eigenständige Behauptung zu entnehmen. Sie ist allein Anlass für weitere Recherchen. Selbst wenn der Nutzer eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem Begriff "bankrott" herstellen würde, wäre offen, wie diese Verbindung inhaltlich auszugestalten wäre. Zu berücksichtigen war dabei auch, dass es tatsächliche Anknüpfungstatsachen für die Verbindung des Namens mit dem Begriff "bankrott" gibt.

Entgegen der Ansicht des Klägers beschränkt sich der Begriff "bankrott" nicht auf den strafbewehrten Vorwurf des § 283 StGB. Er findet vielmehr im allgemeinen Sprachgebrauch i.S. einer Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz Verwendung. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auslistung des Suchergebnisses in Form der konkreten URL. Die betroffenen Grundrechte des Klägers treten hinter das Recht der Beklagten und das Interesse aller Nutzer am freien Informationszugang zurück.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Andreas Sesing-Wagenpfeil
Suchmaschinen im Digital Services Act
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Aufsatz
Axel Beater
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OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 23 vom 20.4.2023
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