Kein Anspruch des Besucherrings auf Ausgleichszahlungen wegen Kartenvermittlungen für das Staatstheater Wiesbaden
OLG Frankfurt a.M. 29.9.2015, 5 U 43/15Der als Verein organisierte Theater-Besucherring war seit 1986 für das Land Hessen tätig, das Träger des Staatstheaters Wiesbaden ist. In einem Vertrag aus dem Jahr 1989 war sinngemäß geregelt, dass das Land dem Besucherring "als alleinige Besucherorganisation dieser Art" die Vermittlung von Theaterkarten für das gesamte Einzugsgebiet des Staatstheaters außerhalb Wiesbadens überträgt, wozu das alleinige Recht der Werbung und Kartenvermittlung zu ermäßigten Preisen gehörte.
Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen des Besucherrings das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger als Insolvenzverwalter bestellt. Daraufhin sperrte das Land den Besucherring für die weitere Vermittlung und den Verkauf von Eintrittskarten und verlangte die Herausgabe bereits ausgedruckter Tickets. Der Insolvenzverwalter verlangte seinerseits von dem Land für die jahrelange Kartenvermittlung durch den Besucherring einen Ausgleich i.H.v. rund 280.000 €. Er war der Ansicht, der Besucherring könne diesen Betrag beanspruchen, weil er für das Land als Handelsvertreter tätig geworden sei.
Das LG gab der Klage des Insolvenzverwalters im Wesentlichen statt. Es war der Auffassung, dass zwischen dem Besucherring und dem Land ein Handelsvertretervertrag bestanden habe, weshalb dem Besucherring ein angemessener Handelsvertreterausgleich für seine Vermittlertätigkeit seit 1989 zustehe. Auf die Berufung des beklagten Landes hob das OLG das stattgebende Urteil auf und wies die Klage ab. Gegen das Berufungsurteil kann noch die Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH eingelegt werden.
Die Gründe:
Es konnte gerade nicht davon ausgegangen werden, dass zwischen dem beklagten Land und dem Besucherring ein Handelsvertretervertrag bestand. Insoweit fehlte der vertraglichen Beziehung das für ein Handelsvertreterverhältnis wesentliche Merkmal des "Betrautseins" i.S.v. § 84 HGB. Der Besucherring war nicht "ständig damit betraut" gewesen, für das beklagte Land Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Nach dem Vereinszweck hatte der Verein vielmehr "kulturelle Aufgaben" gehabt; sein Zweck war vor allem die "Förderung des Theaterbesuchs durch Schaffung von Besucherringen" gewesen. Der Verein hatte also die Interessen der Theaterbesucher und nicht die des Landes wahrgenommen.