Kein Kaufvertragsabschluss durch Scherzerklärung
OLG Frankfurt a.M. 2.5.2017, 1 U 170/16Der Kläger verlangt Erfüllung eines Kaufvertrages über ein gebrauchtes Fahrzeug. Der Beklagte hatte dieses Auto auf einem Internetportal zum Verkauf angeboten. Der Kaufpreis lag im unteren fünfstelligen Bereich und entsprach dem tatsächlichen Verkehrswert. In der Kleinanzeige hieß es u.a.: "Ich bitte höflichst von Preisvorschlägen, Ratenzahlungen, Tauschen abzusehen, der Wagen ist sein Geld echt wert. Wenn er Euch zu teuer erscheint, dann bitte auch nicht anrufen".
Die Kaufvertragsverhandlungen zwischen den Parteien führten zu keinem Ergebnis. Ein Tauschangebot des Klägers lehnte der Beklagte ab. Am gleichen Tag versandte der Beklagte eine elektronische Nachricht an den Kläger mit dem Wortlaut "Also für 15 kannste ihn haben". Der Kläger antwortete darauf: "Guten Tag für 15 € nehme ich ihn" und erkundigte sich, wohin er das Geld überweisen und wo er das Auto abholen könne. Die Antwort des Beklagten lautete: "Kannst Kohle überweisen, Wagen bringe ich dann." Nachfolgend forderte der Kläger den Beklagten vergeblich zur Mitteilung der Kontodaten auf und schaltete Ende des Monats seinen Rechtsanwalt ein.
Das Landgericht G wies die auf Übereignung des Fahrzeugs gegen Zahlung von 15 € gerichtete Klage ab. Zwischen den Parteien sei kein Vertrag geschlossen worden. Der Beklagte habe lediglich Scherzerklärungen i.S.d. § 118 BGB abgegeben. Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung. Das OLG wies in seinem Hinweisbeschluss daraufhin, dass es die Klage ebenfalls für unbegründet hält. Der Kläger hat seine Berufung zwischenzeitlich zurückgenommen.
Die Gründe:
Die Erklärungen des Beklagten waren erkennbar nicht ernst gemeint. Der Beklagte musste die Antwort des Klägers ("für 15 nehme ich ihn") auf seine erste Nachricht ("Also für 15 kannste ihn haben") demnach auch nicht als ernsthafte Annahme eines vermeintlichen Kaufvertragsangebots ansehen. Dafür war der Inhalt seiner ersten Nachricht viel zu fernliegend. Der Beklagte durfte die Reaktion seines Gegenübers vielmehr als ein "Sicheinlassen auf eine Scherzkonversation" verstehen.
Gegen das Vorliegen von Scherzerklärungen spricht auch nicht, dass sie in Textform abgegeben worden sind. Zwar konnte der Beklagte das Vorliegen eines Scherzes hier nicht durch Tonfall, Mimik und Gestik unterstreichen. Angesichts der eindeutigen Umstände konnte der Kläger jedoch auch ohne diese nonverbalen Auslegungshilfen erkennen, dass keine rechtsgeschäftlich bindenden Erklärungen abgegeben werden sollten. Folglich bedurfte es auch nicht der Verwendung von Icons oder Ähnlichem, um die fehlende Ernsthaftigkeit der Nachrichten zu verdeutlichen.
Der Kläger kann auch nicht hilfsweise Ersatz jedenfalls der ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen. Er hat die fehlende Ernsthaftigkeit der Erklärungen fahrlässig verkannt. Dies steht einem Anspruch auf Ersatz eines etwaigen Vertrauensschaden entgegen. Es gibt keinerlei nachvollziehbare Gründe für die Annahme, dass der Beklagte das Fahrzeug an den ihm völlig unbekannten Kläger für nur 15 € verkaufen wollte. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes beruhte damit offenkundig auf einer Verkennung der Rechtslage und dem Umstand, dass die Prozessführung wegen der Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung für den Kläger risikolos war.
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