Kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Berichterstattung über Alkoholzuführung auf Pre-Party
LG Hamburg v. 15.8.2023 - 324 O 256/23
Der Sachverhalt:
Die von der Antragsgegnerin auf Twitter und Instagram veröffentlichten Posts und der im Anschluss daran auf Grundlage eines Interviews mit der Antragsgegnerin online veröffentlichte Artikel der BBC befassen sich mit der deutschen Band R. und haben in Deutschland eine erhebliche Resonanz hervorgerufen. Die Antragsgegnerin schildert Geschehnisse, die ihr auf einem Konzert der Band R. widerfahren seien. Leser beziehen diese Schilderungen ohne Weiteres auf den Antragsteller, der Frontmann und Gesicht der Band R. ist.
In ihren Tweets vom 25.5.2022 schildert die Antragsgegnerin, dass sie auf der Pre-Party insgesamt drei Drinks zu sich genommen habe. Kurze Zeit darauf habe sie sich wie ein menschlicher Zombie gefühlt und habe gesungen, getanzt, sei gestolpert und gestrauchelt. Nachdem sie einige Zeit später unter erheblichen Schwierigkeiten zurück in ihr Hotelzimmer gelangt sei, sei sie lange Zeit wach und unter dem Einfluss gewesen von Was-auch-immer ihr verabreicht worden sei; sie habe sich nicht aus dem Bett bewegen können ohne zusammenzubrechen, habe erbrochen und Durchfall gehabt. Die geschilderten Geschehnisse sind unstreitig.
Der Antragsteller forderte die Unterlassung der oben genannten Berichterstattung durch Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG nicht zu.
Die Abwägung, die erforderlich ist für eine Beurteilung, ob eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht vorliegt, führte im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers nicht gegenüber dem Recht der Antragsgegnerin auf freie Meinungsäußerung überwiegt. Im Ausgangspunkt war dabei zu Gunsten der Antragsgegnerin einzustellen, dass ihre wertende Schlussfolgerung als Meinungsäußerung weitgehenden Schutz nach Art. 5 Abs. 1 GG genießt. Demgegenüber beeinträchtigt die Äußerung, wonach die Antragsgegnerin auf einem R.-Konzert unter Drogen gesetzt worden sei, zwar in nicht unerheblicher Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Gleichwohl ist dieser lediglich in seiner beruflichen Sphäre betroffen.
Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass die Antragsgegnerin in der Absicht handelte, in aufklärender Weise darüber zu berichten, was ihr auf einem öffentlichen Konzert einer überaus bekannten Band widerfahren sei. Schließlich war zu sehen, dass die in den Äußerungen offengelegten Anknüpfungstatsachen, auf deren Grundlage die Antragsgegnerin ihre Schlussfolgerung vornimmt, nämlich die ungewöhnlichen Ausfallerscheinungen bei moderatem Alkoholkonsum, sämtlich unstreitig sind. Auch macht die Antragsgegnerin deutlich, dass sie nicht vorgibt zu wissen, wie sie die Drogen zu sich genommen haben könnte.
Dem Kontext der jeweils gestellten Fragen bezogen sich die Antworten der Antragsgegnerin auf das organisierte Zuführen von Fans und die Bereitstellung von Alkohol und nicht darauf, dass die Antragsgegnerin zielgerichtet unter Drogen gesetzt worden sei. Soweit sich aus dem Kontext des von der BBC veröffentlichten Artikels möglicherweise ein anderes Verständnis ergibt, ist für ein solches Verständnis der Autor des Artikels, nicht hingegen die Antragsgegnerin verantwortlich.
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Landesrecht Hamburg
Die von der Antragsgegnerin auf Twitter und Instagram veröffentlichten Posts und der im Anschluss daran auf Grundlage eines Interviews mit der Antragsgegnerin online veröffentlichte Artikel der BBC befassen sich mit der deutschen Band R. und haben in Deutschland eine erhebliche Resonanz hervorgerufen. Die Antragsgegnerin schildert Geschehnisse, die ihr auf einem Konzert der Band R. widerfahren seien. Leser beziehen diese Schilderungen ohne Weiteres auf den Antragsteller, der Frontmann und Gesicht der Band R. ist.
In ihren Tweets vom 25.5.2022 schildert die Antragsgegnerin, dass sie auf der Pre-Party insgesamt drei Drinks zu sich genommen habe. Kurze Zeit darauf habe sie sich wie ein menschlicher Zombie gefühlt und habe gesungen, getanzt, sei gestolpert und gestrauchelt. Nachdem sie einige Zeit später unter erheblichen Schwierigkeiten zurück in ihr Hotelzimmer gelangt sei, sei sie lange Zeit wach und unter dem Einfluss gewesen von Was-auch-immer ihr verabreicht worden sei; sie habe sich nicht aus dem Bett bewegen können ohne zusammenzubrechen, habe erbrochen und Durchfall gehabt. Die geschilderten Geschehnisse sind unstreitig.
Der Antragsteller forderte die Unterlassung der oben genannten Berichterstattung durch Erlass einer einstweiligen Verfügung. Das LG hat den Antrag zurückgewiesen.
Die Gründe:
Dem Antragsteller steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG nicht zu.
Die Abwägung, die erforderlich ist für eine Beurteilung, ob eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht vorliegt, führte im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers nicht gegenüber dem Recht der Antragsgegnerin auf freie Meinungsäußerung überwiegt. Im Ausgangspunkt war dabei zu Gunsten der Antragsgegnerin einzustellen, dass ihre wertende Schlussfolgerung als Meinungsäußerung weitgehenden Schutz nach Art. 5 Abs. 1 GG genießt. Demgegenüber beeinträchtigt die Äußerung, wonach die Antragsgegnerin auf einem R.-Konzert unter Drogen gesetzt worden sei, zwar in nicht unerheblicher Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Gleichwohl ist dieser lediglich in seiner beruflichen Sphäre betroffen.
Zu berücksichtigen war darüber hinaus, dass die Antragsgegnerin in der Absicht handelte, in aufklärender Weise darüber zu berichten, was ihr auf einem öffentlichen Konzert einer überaus bekannten Band widerfahren sei. Schließlich war zu sehen, dass die in den Äußerungen offengelegten Anknüpfungstatsachen, auf deren Grundlage die Antragsgegnerin ihre Schlussfolgerung vornimmt, nämlich die ungewöhnlichen Ausfallerscheinungen bei moderatem Alkoholkonsum, sämtlich unstreitig sind. Auch macht die Antragsgegnerin deutlich, dass sie nicht vorgibt zu wissen, wie sie die Drogen zu sich genommen haben könnte.
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