Keine Abschläge für sog. "Lifestyle"-Arzneimittel (Abschlagspflicht III)
BGH v. 25.3.2021 - I ZR 247/19
Der Sachverhalt:
Die Klägerin importiert und vertreibt Arzneimittel, darunter die sog. "Lifestyle"-Arzneimittel. Ein Arzneimittel wird als Lifestyle-Arzneimittel bezeichnet, wenn es nicht in erster Linie zur Bekämpfung einer Erkrankung eingesetzt wird, sondern eine Erhöhung der Lebensqualität, eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit oder eine kosmetische Komponente im Vordergrund steht.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung. Die Klägerin war der Ansicht, nicht dazu verpflichtet zu sein, der Beklagten für die genannten "Lifestyle"-Arzneimittel Herstellerrabatte i.S.v. § 1 Satz 1 AMRabG zu gewähren. Sie begehrte gerichtlich entsprechende Feststellung.
Das LG hat der Klage stattgeben. Sowohl die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten als auch ihre Revision vor dem BGH blieben ohne Erfolg.
Gründe:
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Herstellerrabatten für die streitgegenständlichen "Lifestyle"-Arzneimittel aus § 1 Satz 1 AMRabG in Verbindung mit § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V zu Recht verneint.
Ein Anspruch der privaten Krankenversicherer gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen auf Gewährung von Herstellerrabatten nach § 1 Satz 1 AMRabG i.V.m. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht nur für diejenigen verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 1 SGB V auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden können. Gegen eine Auslegung, wonach nur die Vorgaben des § 130a Abs. 1 SGB V zur Höhe der Abschläge und zu deren Berechnung, nicht aber die dort geregelten Anspruchsvoraussetzungen als für die Gewährung von Abschlägen nach § 1 Satz 1 AMRabG maßgeblich übernommen werden sollten, spricht bereits der Umstand, dass § 1 Satz 1 AMRabG ohne Einschränkung auf § 130a Abs. 1 SGB V verweist.
Auch dass nach § 1 Satz 1 AMRabG Abschläge "entsprechend" bestimmter Absätze des § 130a SGB V zu gewähren sind, lässt nicht darauf schließen, dass pharmazeutische Unternehmen privaten Krankenversicherungen im Unterschied zu gesetzlichen Krankenversicherungen Abschläge auch für solche Arzneimittel zu gewähren haben, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Kranken-versicherungen abgegeben werden können. Für die Annahme, dass der Anspruch auf Gewährung von Abschlägen für Arzneimittel auch dann, wenn er nicht durch ein Unternehmen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern durch ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung erhoben wird, voraussetzt, dass die betroffenen Arzneimittel auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden könnten, spricht zudem, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für die beiden Krankenversicherungssysteme keine unterschiedlichen Kostendämpfungssysteme gelten sollen.
Für die vom Berufungsgericht befürwortete Auslegung der Verweisung des § 1 Satz 1 AMRabG auf § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V sprechen nicht zuletzt verfassungsrechtliche Erwägungen. Vor dem Hintergrund des Gebots der Verhältnismäßigkeit kann die Revision für die von ihr befürwortete Auslegung des § 1 Satz 1 AMRabG auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese in noch größerem Umfang eine Erreichung des mit Einführung der Arzneimittelrabatte verfolgten Zwecks der Kostendämpfung im Gesundheitswesen ermöglichen könnte. Ein solches Verständnis des § 1 Satz 1 AMRabG ließe zudem unberücksichtigt, dass nach dem erklärten Ziel des Gesetzgebers Leistungsdifferenzierungen nach dem Versichertenstatus mit der Schaffung des Arzneimittelrabattgesetzes gerade entgegengewirkt werden sollte.
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Die Klägerin importiert und vertreibt Arzneimittel, darunter die sog. "Lifestyle"-Arzneimittel. Ein Arzneimittel wird als Lifestyle-Arzneimittel bezeichnet, wenn es nicht in erster Linie zur Bekämpfung einer Erkrankung eingesetzt wird, sondern eine Erhöhung der Lebensqualität, eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit oder eine kosmetische Komponente im Vordergrund steht.
Die Beklagte ist ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung. Die Klägerin war der Ansicht, nicht dazu verpflichtet zu sein, der Beklagten für die genannten "Lifestyle"-Arzneimittel Herstellerrabatte i.S.v. § 1 Satz 1 AMRabG zu gewähren. Sie begehrte gerichtlich entsprechende Feststellung.
Das LG hat der Klage stattgeben. Sowohl die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten als auch ihre Revision vor dem BGH blieben ohne Erfolg.
Gründe:
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung von Herstellerrabatten für die streitgegenständlichen "Lifestyle"-Arzneimittel aus § 1 Satz 1 AMRabG in Verbindung mit § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V zu Recht verneint.
Ein Anspruch der privaten Krankenversicherer gegenüber den pharmazeutischen Unternehmen auf Gewährung von Herstellerrabatten nach § 1 Satz 1 AMRabG i.V.m. § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht nur für diejenigen verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 1 SGB V auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden können. Gegen eine Auslegung, wonach nur die Vorgaben des § 130a Abs. 1 SGB V zur Höhe der Abschläge und zu deren Berechnung, nicht aber die dort geregelten Anspruchsvoraussetzungen als für die Gewährung von Abschlägen nach § 1 Satz 1 AMRabG maßgeblich übernommen werden sollten, spricht bereits der Umstand, dass § 1 Satz 1 AMRabG ohne Einschränkung auf § 130a Abs. 1 SGB V verweist.
Auch dass nach § 1 Satz 1 AMRabG Abschläge "entsprechend" bestimmter Absätze des § 130a SGB V zu gewähren sind, lässt nicht darauf schließen, dass pharmazeutische Unternehmen privaten Krankenversicherungen im Unterschied zu gesetzlichen Krankenversicherungen Abschläge auch für solche Arzneimittel zu gewähren haben, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Kranken-versicherungen abgegeben werden können. Für die Annahme, dass der Anspruch auf Gewährung von Abschlägen für Arzneimittel auch dann, wenn er nicht durch ein Unternehmen der gesetzlichen Krankenversicherung, sondern durch ein Unternehmen der privaten Krankenversicherung erhoben wird, voraussetzt, dass die betroffenen Arzneimittel auch zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden könnten, spricht zudem, dass nach dem Willen des Gesetzgebers für die beiden Krankenversicherungssysteme keine unterschiedlichen Kostendämpfungssysteme gelten sollen.
Für die vom Berufungsgericht befürwortete Auslegung der Verweisung des § 1 Satz 1 AMRabG auf § 130a Abs. 1 Satz 1 SGB V sprechen nicht zuletzt verfassungsrechtliche Erwägungen. Vor dem Hintergrund des Gebots der Verhältnismäßigkeit kann die Revision für die von ihr befürwortete Auslegung des § 1 Satz 1 AMRabG auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass diese in noch größerem Umfang eine Erreichung des mit Einführung der Arzneimittelrabatte verfolgten Zwecks der Kostendämpfung im Gesundheitswesen ermöglichen könnte. Ein solches Verständnis des § 1 Satz 1 AMRabG ließe zudem unberücksichtigt, dass nach dem erklärten Ziel des Gesetzgebers Leistungsdifferenzierungen nach dem Versichertenstatus mit der Schaffung des Arzneimittelrabattgesetzes gerade entgegengewirkt werden sollte.