Keine Beschwerde zum BGH - Gesetzgeber nimmt Divergenzen im Interesse der Beschleunigung hin
BGH v. 22.7.2019 - X ZB 8/19
Der Sachverhalt:
Die Antragstellerin hatte sich gegen eine vom Antragsgegner im März 2016 im Supplement zum Amtsblatt der EU angekündigte Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten gewandt. Die Vergabekammer hat daraufhin mit Beschluss vom 11.11.2016 dem Antragsgegner aufgegeben, die Einhaltung der Anforderungen aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sicherzustellen und den Nachprüfungsantrag im Übrigen abgelehnt. Dagegen haben sich beide Beteiligten mit der sofortigen Beschwerde gewandt.
Das OLG hat mit Beschluss vom 8.12.2016 gem. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB in der für den Streitfall maßgeblichen, bis 17.4.2016 geltenden Fassung (nachfolgend: GWB aF) die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin verlängert. Mit Beschluss vom 3.5.2017 hat es dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorgelegt. Der EuGH hat darüber mit Urteil vom 21.3.2019 entschieden.
Nach einer weiteren mündlichen Verhandlung hat das OLG am 3.7.2019 beschlossen, die Sache gem. § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB aF dem BGH vorzulegen. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es den erwähnten Beschluss vom 8.12.2016 aufgehoben und den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.
Der BGH hat den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antrag ist nicht zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der BGH jedenfalls in der Konstellation des Streitfalls nicht berufen, über eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zu entscheiden.
Nach § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF (jetzt: § 179 Abs. 2 Satz 4 GWB) gilt die Vorlagepflicht nicht im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und nach § 121 GWB aF. In diesen Eilverfahren nimmt der Gesetzgeber nämlich Divergenzen im Interesse der Beschleunigung hin. Dahinter steht die Erwägung, dass Divergenzen die Ausnahme bleiben werden und sich durch nachfolgende gerichtliche Entscheidungen in der Hauptsache oder in Schadensersatzprozessen auflösen. Daraus ergibt sich, dass eine Vorlage im Vorfeld einer Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF ausgeschlossen ist. Sie hat des Weiteren zur Folge, dass der BGH auch auf eine zulässige Vorlage hin jedenfalls dann nicht (erneut) über einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF entscheiden kann, wenn das Beschwerdegericht bereits eine diesbezügliche Entscheidung getroffen hat.
Der Gesetzgeber hat für das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit den Vorrang eingeräumt. Dementsprechend wird das Beschwerdegericht typischerweise bereits eine Entscheidung über einen auf diese Vorschrift gestützten Antrag getroffen haben, bevor es dem Bundesgerichtshof die Sache vorlegt. Hat es die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt oder wie im Streitfall einen Beschluss über die Verlängerung wieder aufgehoben, widerspräche es dem Zweck von § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF, wenn die Beteiligten den BGH um eine erneute Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF angehen und so den Ausgang des Eilverfahrens verzögern könnten.
Dem steht nicht entgegen, dass der BGH gem. § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB aF (jetzt: § 179 Abs. 2 Satz 4 GWB) auf eine Vorlage hin anstelle des OLG entscheidet. Aus dieser Vorschrift ergibt sich zwar, wie die Antragstellerin im Ansatz zutreffend geltend macht, dass das Beschwerdeverfahren als Einheit vor dem BGH weitergeführt wird und dieser deshalb grundsätzlich auch die anfallenden Nebenentscheidungen zu treffen hat. Der Gesetzgeber nimmt in § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF aber das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB von dieser Wirkung aus. Auch unter diesem Aspekt kommt eine Entscheidung des BGH über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls in der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation gerade nicht in Betracht.
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Die Antragstellerin hatte sich gegen eine vom Antragsgegner im März 2016 im Supplement zum Amtsblatt der EU angekündigte Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten gewandt. Die Vergabekammer hat daraufhin mit Beschluss vom 11.11.2016 dem Antragsgegner aufgegeben, die Einhaltung der Anforderungen aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 Buchst. e der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 sicherzustellen und den Nachprüfungsantrag im Übrigen abgelehnt. Dagegen haben sich beide Beteiligten mit der sofortigen Beschwerde gewandt.
Das OLG hat mit Beschluss vom 8.12.2016 gem. § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB in der für den Streitfall maßgeblichen, bis 17.4.2016 geltenden Fassung (nachfolgend: GWB aF) die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin verlängert. Mit Beschluss vom 3.5.2017 hat es dem EuGH einige Fragen zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorgelegt. Der EuGH hat darüber mit Urteil vom 21.3.2019 entschieden.
Nach einer weiteren mündlichen Verhandlung hat das OLG am 3.7.2019 beschlossen, die Sache gem. § 124 Abs. 2 Satz 1 GWB aF dem BGH vorzulegen. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat es den erwähnten Beschluss vom 8.12.2016 aufgehoben und den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.
Der BGH hat den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe:
Der Antrag ist nicht zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist der BGH jedenfalls in der Konstellation des Streitfalls nicht berufen, über eine Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zu entscheiden.
Nach § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF (jetzt: § 179 Abs. 2 Satz 4 GWB) gilt die Vorlagepflicht nicht im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und nach § 121 GWB aF. In diesen Eilverfahren nimmt der Gesetzgeber nämlich Divergenzen im Interesse der Beschleunigung hin. Dahinter steht die Erwägung, dass Divergenzen die Ausnahme bleiben werden und sich durch nachfolgende gerichtliche Entscheidungen in der Hauptsache oder in Schadensersatzprozessen auflösen. Daraus ergibt sich, dass eine Vorlage im Vorfeld einer Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF ausgeschlossen ist. Sie hat des Weiteren zur Folge, dass der BGH auch auf eine zulässige Vorlage hin jedenfalls dann nicht (erneut) über einen Antrag nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF entscheiden kann, wenn das Beschwerdegericht bereits eine diesbezügliche Entscheidung getroffen hat.
Der Gesetzgeber hat für das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF dem Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit den Vorrang eingeräumt. Dementsprechend wird das Beschwerdegericht typischerweise bereits eine Entscheidung über einen auf diese Vorschrift gestützten Antrag getroffen haben, bevor es dem Bundesgerichtshof die Sache vorlegt. Hat es die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt oder wie im Streitfall einen Beschluss über die Verlängerung wieder aufgehoben, widerspräche es dem Zweck von § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF, wenn die Beteiligten den BGH um eine erneute Entscheidung nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB aF angehen und so den Ausgang des Eilverfahrens verzögern könnten.
Dem steht nicht entgegen, dass der BGH gem. § 124 Abs. 2 Satz 2 GWB aF (jetzt: § 179 Abs. 2 Satz 4 GWB) auf eine Vorlage hin anstelle des OLG entscheidet. Aus dieser Vorschrift ergibt sich zwar, wie die Antragstellerin im Ansatz zutreffend geltend macht, dass das Beschwerdeverfahren als Einheit vor dem BGH weitergeführt wird und dieser deshalb grundsätzlich auch die anfallenden Nebenentscheidungen zu treffen hat. Der Gesetzgeber nimmt in § 124 Abs. 2 Satz 4 GWB aF aber das Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB von dieser Wirkung aus. Auch unter diesem Aspekt kommt eine Entscheidung des BGH über die Verlängerung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls in der im Streitfall zu beurteilenden Konstellation gerade nicht in Betracht.
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