Keine Beschwerdebefugnis: Amtslöschungsverfahren steht nicht im Interesse einzelner Aktionäre
BGH 15.7.2014, II ZB 18/13Der Beteiligte zu 2) ist Aktionär der nicht börsennotierten Beteiligten zu 1). In einer Hauptversammlung der AG im September 2004 war die Satzung teilweise neu gefasst worden. Demnach sollten sich die Aktionäre in der Hauptversammlung zukünftig durch ganz bestimmte Bevollmächtigte vertreten lassen dürfen. Der Beschluss wurde im November 2004 im Handelsregister eingetragen. Der Beteiligte zu 2) war der Ansicht, durch den Beschluss werde das Recht der Aktionäre, sich in der Hauptversammlung vertreten zu lassen, in unzulässiger Weise eingeschränkt. Er wollte den Beschluss deshalb gem. §§ 398, 395 FamFG löschen lassen.
Das Registergericht wies diese Anregung zurück. Das Beschwerdegericht gab der Beschwerde des Beteiligten zu 2) statt und wies das Registergericht an, den im Handelsregister eingetragenen Beschluss, soweit er die maßgebliche Satzung betraf, zu löschen. Auf die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde der AG hob der BGH den Beschluss des OLG auf und verwarf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichtes.
Gründe:
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) war nach §§ 398, 395 Abs. 3, § 393 Abs. 3 S. 2, § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1 und 2 FamFG unzulässig.
Die Löschung eines im Handelsregister eingetragenen nichtigen Beschlusses der Hauptversammlung einer AG erfolgt nach §§ 398, 395 Abs. 1 S. 1 FamFG von Amts wegen oder auf Antrag der berufsständigen Organe. Der einzelne Aktionär hat hingegen kein Antragsrecht. Deshalb hat er auch keine Beschwerdebefugnis nach §§ 58, 59 Abs. 2 FamFG. Eine Beschwerdebefugnis ergab sich für den Beteiligten zu 2) auch nicht aus § 59 Abs. 1 FamFG, denn dieser wurde durch die Ablehnung der Löschung des Beschlusses über die Änderung der Satzungsbestimmung zur Vertretung in der Hauptversammlung nicht in einem subjektiven Recht i.S.d. § 59 Abs. 1 FamFG verletzt.
Da der streitige Beschluss länger als drei Jahre im Handelsregister eingetragen war, konnte seine etwaige, auf § 241 Nr. 1, 3 oder 4 AktG beruhende Nichtigkeit nach § 242 Abs. 2 S. 1 AktG nicht mehr geltend gemacht werden. Die Vorschrift erfasst auch nichtige Beschlüsse über Satzungsänderungen. Ob darin eine Heilung i.S. einer Veränderung der materiellen Rechtslage zu sehen ist, wie die hM annimmt, oder ob die Vorschrift lediglich dazu führt, dass niemand mehr die Nichtigkeit geltend machen kann - außer dem Registergericht in dem Verfahren nach § 398 FamFG, wenn die Beseitigung des Beschlusses im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint, konnte offen bleiben. Denn auch wenn der einzelne Aktionär lediglich gehindert ist, die Nichtigkeit geltend zu machen, muss er sich so behandeln lassen, als wäre der Beschluss wirksam. Damit hat der Aktionär kein subjektives Recht mehr, von den Wirkungen des Beschlusses verschont zu werden.
Das Amtslöschungsverfahren ist vom Gesetzgeber nicht im Interesse einzelner Aktionäre eingerichtet worden, sondern soll ein Interesse der Allgemeinheit an der Feststellung der Nichtigkeit von eingetragenen Hauptversammlungsbeschlüssen schützen. Aus diesem Grund ist es nicht als Antrags-, sondern als Amtsverfahren ausgestaltet worden; und deshalb setzt die Löschung zusätzlich zu dem inhaltlichen Verstoß des Beschlusses gegen zwingende gesetzliche Vorschriften voraus, dass seine Beseitigung im öffentlichen Interesse geboten ist. Sofern ein Aktionär während des Dreijahreszeitraums eine Nichtigkeitsklage nach § 249 AktG nicht erheben konnte, etwa weil er erst später Aktien erworben hat, ist es nicht gerechtfertigt, ihm hinsichtlich des bei seinem Beitritt zur Gesellschaft aus dem Handelsregister ersichtlichen Bestands der infolge Zeitablaufs wirksamen Beschlussfassungen weitergehende Rechtsschutzmöglichkeiten einzuräumen, als sie den zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bereits angehörigen Aktionären zukommen.
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