22.03.2019

Keine einseitige Änderung vertraglicher Preisänderungsklauseln durch Versorgungsunternehmen

Ein Fernwärmeversorger ist nicht berechtigt, eine mit seinen Kunden vertraglich vereinbarte Preisänderungsklausel einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern. Ein Verbraucherschutzverband kann deshalb verlangen, dass der Versorger zukünftig derartige irreführende Mitteilungen nicht mehr verschickt und an die Kunden Berichtigungsschreiben versendet.

OLG Frankfurt a.M. v. 21.3.2019 - 6 U 190/17
Der Sachverhalt:

Die Beklagte ist eine Fernwärmeversorgerin. Sie schloss mit ihren Kunden Belieferungsverträge, die eine Preisänderungsklausel enthielten. Im Herbst 2015 teilte sie ihren Kunden mit, dass sie ihr Preissystem und die Preisänderungsklausel durch öffentliche Bekanntmachung ändern werde.

 

Der klagende Verbraucherschutzverband hält die mitgeteilte einseitig vorgenommene Änderung der Preisänderungsklausel für unwirksam. Er verlangt von der Beklagten, dass sie künftig derartige Mitteilungen nicht mehr verschickt und entsprechende Berichtigungsschreiben an ihre Kunden sendet.

 

Das LG gab der Klage statt. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Revision zum BGH wurde zugelassen.

 

Die Gründe:

Die Beklagte ist nicht befugt, die mit ihren Kunden vertraglich vereinbarten Preisänderungsregelungen in den bestehenden Versorgungsverträgen einseitig durch öffentliche Bekanntmachung zu ändern.

 

Grundsätzlich können Verträge nur durch übereinstimmende Erklärungen der Vertragspartner geändert werden. Dies gilt auch im Streitfall. Die Allgemeinen Vertragsbedingungen für Fernwärme (AVBFernwärmeV) weichen von diesem Grundsatz auch nicht ab. Insbesondere enthält § 4 Abs. 2 AVBFernwärmeV allein die weitere formelle Voraussetzung, dass Änderungen der allgemeinen Versorgungsbedingungen erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam werden. An der Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung ändert dies nichts.

 

Die Interessenlage der Beklagten gebietet auch keine andere Auslegung. Auch mit vertragsrechtlichen Mitteln, insbesondere mit einer Änderungskündigung, kann der Versorger auf etwaige Änderungen seiner Kostenstruktur hinreichend reagieren; im Falle kurzfristiger Änderungen kommt sogar eine außerordentliche Änderungskündigung in Betracht.

 

Die vom Versorger versandte Mitteilung über die Möglichkeit, zukünftig einseitige Änderung der Preisregelungen vornehmen zu können, ist unrichtig und irreführend. Die Verbraucher werden über ihre wahren Rechte getäuscht. Der Kläger kann deshalb verlangen, dass die Beklagten diese Schreiben nicht mehr versendet. Die Beklagte ist außerdem verpflichtet, die durch ihr Schreiben verursachte Fehlvorstellung der Verbraucher über die Berechtigung zur einseitigen Änderung der Preisänderungsklausel, zu beseitigen. Sie muss deshalb Berichtigungsschreiben versenden.

OLG Frankfurt a.M. PM Nr. 19 vom 21.3.2019
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