24.08.2023

Keine Erstattung von Patentanwaltskosten in Markensache

Die Beauftragung eines Patentanwalts in einer Markensache, in der der Rechtbestand streitig ist, absolute Schutzhindernisse behauptet werden und die rechtserhaltende Benutzung bestritten wird, ist nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich, da diese Themen von einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bearbeitet werden können.

OLG Frankfurt a.M. v. 21.8.2023 - 6 W 24/20
Der Sachverhalt:
Die Parteien hatten über markenrechtliche Unterlassungs- und Folgeansprüche gestritten. Der Senat hat durch Urteil vom 8.11.2018 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und die Kosten dem Beklagten auferlegt. In einem außergerichtlichen Vergleich haben die Parteien eine abschließende Regelung auch im Hinblick auf die Kostenerstattung getroffen, wonach die Beklagte zur Erstattung der bereits festgesetzten Kosten der zweiten Instanz i.H.v. 5.174,64 € verpflichtet ist.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag des Klägers vom 7.10.2019 hat der Rechtspfleger des LG am 18.12.2019 die Kosten für die erste Instanz i.H.v. 7.831,98 € festgesetzt. Diese bestanden u.a. aus einer 1,3 Verfahrensgebühr für Rechts- und Patentanwalt, einer 1,5 Terminsgebühr für den Rechtsanwalt und einer 0,5 Terminsgebühr für den Patentanwalt.

Der Beklagte war der Ansicht, durch den Vergleich seien alle Ansprüche abgegolten. Zudem seien Patentanwaltskosten nicht erstattungsfähig. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Das OLG hat den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG teilweise dahingehen abgeändert, dass der Beklagte an den Kläger 5.134,96 € zu erstatten hat und die weitergehende Beschwerde zurückgewiesen.

Die Gründe:
Die Kosten des Patentanwaltes waren nicht festzusetzen, währen die Festsetzung der übrigen Kosten keinen Bedenken begegneten.

Nach (bisher) herrschender und auch vom Senat vertretenen Meinung ist § 140 Abs. 4 MarkenG zwar als eine unwiderlegliche gesetzliche Vermutung zu verstehen, welche gerade von der gem. § 91 Abs. 1, S. 1 ZPO erforderlichen Prüfung, ob die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war, befreit. An diesem Verständnis hält der Senat angesichts des EuGH-Urteils (Beschl. v. 28.4.2022 - C-531/20 - Kosten des Patentanwalts VI) und der sich anschließenden Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 13.10.2022 - I ZB 12/20) indes nicht mehr fest. Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG aF ist vielmehr mit Blick auf Art. 3 und Art. 14 RL 2004/48/EG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass nur die Kosten der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind.

An der bisherigen Sichtweise, dass die Kosten der Mitwirkung eines Patentanwalts nach § 140 Abs. 3 MarkenG ohne Prüfung der Notwendigkeit erstattungsfähig sind, kann danach nicht festgehalten werden. Vielmehr erfordern die Art. 3 und Art. 14 RL 2004/48/EG eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift dergestalt, dass nur die Kosten einer notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind. Eine Auslegung des § 140 Abs. 4 MarkenG als unwiderlegliche Vermutungsregelung mit der Folge einer "automatischen" Auferlegung der Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts entstanden sind, auf die unterlegene Partei, verbietet sich. § 140 Abs. 4 MarkenG ist unionsrechtskonform vielmehr dahingehend auszulegen, dass unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls die Prüfung eröffnet ist, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Patentanwaltskosten zumutbar und angemessen sind. Die Zumutbarkeit der entstandenen Kosten beurteilt sich anhand der zu § 91 ZPO entwickelten Grundsätze. Maßgeblich ist demnach, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte.

Der Kläger hatte zur Begründung der Erforderlichkeit der Mitwirkung des Patentanwalts vorgebracht, der Beklagte habe im vorliegenden Fall diverse Einwendungen gegen den Rechtsbestand der Klagemarken vorgebracht. Er habe zudem absolute Schutzhindernisse hinsichtlich der Klagemarken behauptet und die rechtserhaltende Benutzung bestritten. Dies vermochte allerdings die Erforderlichkeit der Beauftragung eines Patentanwaltes nicht begründen. In Kennzeichenstreitsachen i.S.v. § 140 MarkenG kann bezüglich der Erforderlichkeit auf die BGH-Rechtsprechung zur den außergerichtlichen Kosten des Patentanwaltes zurückgegriffen werden. Danach gehören zu Tätigkeiten, die zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts zählen etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage. Allerdings hat der BGH die Erstattungsfähigkeit verneint, wenn die entsprechende Tätigkeit auch von dem bereits beauftragten Rechtsanwalt hätte vorgenommen werden können, was jedenfalls dann der Fall sei, wenn es sich - wie hier -  um einen Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz handelt.

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Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213

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