07.10.2014

Keine Hemmung der Verjährung bei rechtsmissbräuchlich erschlichenem Mahnbescheid

Die bei der Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs Zug um Zug anzubietende Kapitalbeteiligung stellt im Mahnverfahren eine Gegenleistung gem. § 690 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 688 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar. Insofern kann sich ein Kapitalanleger bei rechtsmissbräuchlich erschlichenem Mahnbescheid gem. § 242 BGB nicht auf die Hemmung der Verjährung seines Schadensersatzanspruchs berufen, wenn er etwa bei Beantragung des Mahnbescheides erklärt hat, dass sein Anspruch nicht von einer Gegenleistung abhänge, obwohl er von Anfang an den Schadensersatz Zug um Zug gegen die Übertragung der Kapitalbeteiligung geltend gemacht hatte.

OLG Stuttgart 16.7.2014, 3 U 170/13
Sachverhalt:
Die Kläger hatten von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. 20.736 € wegen der Verletzung von Beratungspflichten im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an einer GmbH & Co. Produktions-KG verlangt. Das LG hat die Klage abgewiesen, weil es den Klägern aufgrund eines treuwidrigen Erschleichens verwehrt sei, sich auf die Verjährungshemmung des Mahnbescheids zu berufen.

Die Kläger waren fortan der Auffassung, die im Rahmen der Geltendmachung ihres Schadensersatzanspruchs anzubietende Beteiligung stelle keine Gegenleistung i.S.d. Mahnbescheidantrages, bzw. der §§ 688 Abs. 2 Nr. 2, 690 Abs. 1 Nr. 4 ZPO dar. Jedenfalls hätten sie nicht treuwidrig i.S.v. § 242 BGB gehandelt, als sie im Mahnbescheidantrag erklärt hätten, ihre Leistung hänge nicht von einer Gegenleistung ab, weil diese Frage zu diesem Zeitpunkt umstritten gewesen sei und höchstens ein Rechtsirrtum ihrerseits vorliege.

Das OLG wies die Berufung der Kläger zurück. Allerdings wurde im Hinblick auf das Urteil des OLG Bamberg v. 4.6.2014 (Az.: 3 U 244/13) und die dort zugelassene Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen.

Gründe:
Der von den Klägern geltend gemachte Schadensersatzanspruch gem. Art. 229 § 6 Abs. 4 S. 1 EGBGB i.V.m. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F. war kenntnisunabhängig spätestens am 31.12.2011 verjährt. Die Verjährung erfasste dabei aufgrund des Grundsatzes der Schadenseinheit auch die erst in Zukunft fällig werdenden Beträge. Zwar hatte der Erlass des Mahnbescheids am 20.12.2011 die Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt, jedoch war den Klägern die Berufung auf die Hemmungswirkung des Mahnbescheides wegen Rechtsmissbrauchs gem. § 242 BGB verwehrt.

Auch wenn der schadensrechtliche Vorteilsausgleich keine Zug-um-Zug-Leistung darstellt, sondern zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs gehört, handelt es sich bei der vom Kläger im Klagantrag zu berücksichtigenden Zug-um-Zug-Herausgabe aus der Sicht des Mahnverfahrens um eine Gegenleistung. Denn das Mahnverfahren dient nach seinem Normzweck der schnelleren und kostengünstigen Durchsetzung von Ansprüchen, denen der Antragsgegner nichts entgegensetzt. Dafür ist es unerheblich, auf welcher rechtlichen Grundlage die Zug-um-Zug-Herausgabe zu erfolgen hat. Schon gar nicht kommt es darauf an, ob es sich bei der zu erbringenden Gegenleistung auf eine im Synallagma stehende Verpflichtung handelt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Gläubiger etwas anbieten muss, um die Leistung beanspruchen zu können.

Der Mahnbescheid war zwar trotz der im Hinblick auf die fehlende Gegenleistung falschen Behauptung der Kläger im Mahnbescheidantrag wirksam erlassen worden und war zur Hemmung der Verjährung geeignet. Die Kläger waren jedoch gem. § 242 BGB gehindert, sich auf die Hemmung zu berufen, weil sie durch die bewusst falsche Angabe, ihr Schadensersatzanspruch sei nicht von einer Gegenleistung abhängig, den Mahnbescheid erschlichen und sich damit rechtsmissbräuchlich verhalten hatten. Die Wirksamkeit des Mahnbescheides und die damit verbundene Hemmung der Verjährung schließen es nicht aus, dass sich bei Erschleichen eines Mahnbescheids durch bewusst falsche Angaben, die seinem Erlass entgegengestanden hätten, das Berufen auf eine derart verjährungshemmende Wirkung im Einzelfall als rechtsmissbräuchlich darstellen kann.

Selbst wenn sich die Klägervertreter nach ihrer Einlassung auf Stimmen in der Rechtsprechung und Literatur verlassen hatten, die von einer Statthaftigkeit des Mahnverfahrens ausgingen, hätten sie das Mahngericht jedenfalls im Hinblick auf die rechtlichen Zweifel an der Statthaftigkeit des Mahnverfahrens in diesen Fällen getäuscht. Nachdem das automatisierte Mahnverfahren nur ein "ja" oder "nein" im Hinblick auf das Vorliegen einer Gegenleistung vorgibt, hätten die Klägervertreter aufgrund der bei ihnen jedenfalls vorhandenen rechtlichen Unsicherheit diese Frage nicht verneinen dürfen. Das hätte wiederum zur Folge gehabt, dass das Mahngericht den Mahnbescheid nicht erlassen hätte.

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