Keine Kumulierung: Ansprüche auf Erstattung der Flugscheinkosten nicht gegen Reiseveranstalter und Luftfahrtunternehmen
EuGH v. 10.7.2019 - C-163/18
Der Sachverhalt:
Im März 2015 buchten drei Personen bei Hellas Travel, einem in den Niederlanden ansässigen Reiseveranstalter, Hin- und Rückflüge für die Strecke Eelde (Niederlande) - Korfu (Griechenland). Diese Flüge waren Teil einer "Pauschalreise", deren Preis an Hellas Travel gezahlt wurde. Die Flüge sollten von Aegean Airlines, einer in Griechenland ansässigen Gesellschaft, ausgeführt werden, die hierzu mit G.S. Charter Aviation Services, einer in Zypern ansässigen Gesellschaft, eine Vereinbarung geschlossen hatte: Aegean Airlines stellte G.S. Aviation Services gegen Zahlung eines Charterbetrags ein bestimmtes Sitzplatzkontingent zur Verfügung. G.S. Charter verkaufte diese Sitzplätze sodann weiter an Dritte, u.a. Hellas Travel.
Einige Tage vor dem vereinbarten Abflugtag teilte Hellas Travel den drei Reisenden jedoch mit, dass ihre Reise annulliert werde. Aegean Airlines hatte nämlich beschlossen, keine Flüge mehr nach und von Korfu durchzuführen, da sie den zuvor mit Hellas Travel vereinbarten Preis nicht erlangen konnte. Über das Vermögen von Hellas Travel wurde im August 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Flugscheinkosten erstattete Hellas Travel den drei Reisenden nicht. Die drei Reisenden erhoben eine Klage vor dem Bezirksgericht Nordniederlande, das Aegean Airlines verurteilte, ihnen nach der Verordnung Nr. 261/2004 über die Fluggastrechte eine Ausgleichsleistung wegen Annullierung ihres Fluges zu zahlen.
Das Gericht entschied allerdings nicht über ihren Antrag auf Erstattung der Flugscheinkosten. Hierzu möchte das Gericht vom EuGH wissen, ob ein Fluggast, der nach der Richtlinie über Pauschalreisen gegen seinen Reiseveranstalter Anspruch auf Erstattung seines Flugscheins habe, die Erstattung dieses Flugscheins auf der Grundlage der Verordnung über die Fluggastrechte beim Luftfahrtunternehmen geltend machen könne.
Die Gründe:
Bereits das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus der Richtlinie über Pauschalreisen reicht aus, um auszuschließen, dass ein Fluggast, dessen Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, beim ausführenden Luftfahrtunternehmen die Erstattung seiner Flugscheinkosten nach der Verordnung über die Fluggastrechte verlangen kann.
Der Unionsgesetzgeber wollte zwar die Fluggäste, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, nicht vollständig vom Anwendungsbereich der Verordnung über die Fluggastrechte ausschließen, doch ihnen gegenüber die Wirkungen des zuvor nach der Richtlinie über Pauschalreisen errichteten Systems, das als ausreichend schützend angesehen wurde, beibehalten.
Die Ansprüche auf Erstattung der Flugscheinkosten nach der Verordnung und nach der Richtlinie sind demnach nicht kumulierbar. Eine solche Kumulierung wäre dazu angetan, zu einem ungerechtfertigten Übermaß an Schutz der betroffenen Fluggäste zu Lasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu führen, da dieses nämlich Gefahr liefe, einen Teil der Verantwortung übernehmen zu müssen, die dem Reiseveranstalter obliegt.
Diese Schlussfolgerung gilt auch in dem Fall, dass der Reiseveranstalter finanziell nicht in der Lage sein sollte, die Flugscheinkosten zu erstatten, und keine Maßnahmen getroffen haben sollte, diese Erstattung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass die Richtlinie u.a. vorsieht, dass der Reiseveranstalter nachweisen muss, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge sichergestellt ist.
Darüber hinaus verweist der EuGH auf seine Rechtsprechung, nach der eine nationale Regelung die Verpflichtungen aus der Richtlinie nur ordnungsgemäß umsetzt, wenn sie dazu führt, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters für die Fluggäste tatsächlich die Erstattung aller ihrer gezahlten Beträge sichergestellt ist. Andernfalls verfügt der betroffene Reisende jedenfalls über die Möglichkeit, eine Klage gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersatz des Schadens zu erheben, der ihm durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden ist.
Linkhinweis:
EuGH PM Nr. 91 vom 10.7.2019
Im März 2015 buchten drei Personen bei Hellas Travel, einem in den Niederlanden ansässigen Reiseveranstalter, Hin- und Rückflüge für die Strecke Eelde (Niederlande) - Korfu (Griechenland). Diese Flüge waren Teil einer "Pauschalreise", deren Preis an Hellas Travel gezahlt wurde. Die Flüge sollten von Aegean Airlines, einer in Griechenland ansässigen Gesellschaft, ausgeführt werden, die hierzu mit G.S. Charter Aviation Services, einer in Zypern ansässigen Gesellschaft, eine Vereinbarung geschlossen hatte: Aegean Airlines stellte G.S. Aviation Services gegen Zahlung eines Charterbetrags ein bestimmtes Sitzplatzkontingent zur Verfügung. G.S. Charter verkaufte diese Sitzplätze sodann weiter an Dritte, u.a. Hellas Travel.
Einige Tage vor dem vereinbarten Abflugtag teilte Hellas Travel den drei Reisenden jedoch mit, dass ihre Reise annulliert werde. Aegean Airlines hatte nämlich beschlossen, keine Flüge mehr nach und von Korfu durchzuführen, da sie den zuvor mit Hellas Travel vereinbarten Preis nicht erlangen konnte. Über das Vermögen von Hellas Travel wurde im August 2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Flugscheinkosten erstattete Hellas Travel den drei Reisenden nicht. Die drei Reisenden erhoben eine Klage vor dem Bezirksgericht Nordniederlande, das Aegean Airlines verurteilte, ihnen nach der Verordnung Nr. 261/2004 über die Fluggastrechte eine Ausgleichsleistung wegen Annullierung ihres Fluges zu zahlen.
Das Gericht entschied allerdings nicht über ihren Antrag auf Erstattung der Flugscheinkosten. Hierzu möchte das Gericht vom EuGH wissen, ob ein Fluggast, der nach der Richtlinie über Pauschalreisen gegen seinen Reiseveranstalter Anspruch auf Erstattung seines Flugscheins habe, die Erstattung dieses Flugscheins auf der Grundlage der Verordnung über die Fluggastrechte beim Luftfahrtunternehmen geltend machen könne.
Die Gründe:
Bereits das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus der Richtlinie über Pauschalreisen reicht aus, um auszuschließen, dass ein Fluggast, dessen Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, beim ausführenden Luftfahrtunternehmen die Erstattung seiner Flugscheinkosten nach der Verordnung über die Fluggastrechte verlangen kann.
Der Unionsgesetzgeber wollte zwar die Fluggäste, deren Flug Bestandteil einer Pauschalreise ist, nicht vollständig vom Anwendungsbereich der Verordnung über die Fluggastrechte ausschließen, doch ihnen gegenüber die Wirkungen des zuvor nach der Richtlinie über Pauschalreisen errichteten Systems, das als ausreichend schützend angesehen wurde, beibehalten.
Die Ansprüche auf Erstattung der Flugscheinkosten nach der Verordnung und nach der Richtlinie sind demnach nicht kumulierbar. Eine solche Kumulierung wäre dazu angetan, zu einem ungerechtfertigten Übermaß an Schutz der betroffenen Fluggäste zu Lasten des ausführenden Luftfahrtunternehmens zu führen, da dieses nämlich Gefahr liefe, einen Teil der Verantwortung übernehmen zu müssen, die dem Reiseveranstalter obliegt.
Diese Schlussfolgerung gilt auch in dem Fall, dass der Reiseveranstalter finanziell nicht in der Lage sein sollte, die Flugscheinkosten zu erstatten, und keine Maßnahmen getroffen haben sollte, diese Erstattung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang weist der EuGH darauf hin, dass die Richtlinie u.a. vorsieht, dass der Reiseveranstalter nachweisen muss, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge sichergestellt ist.
Darüber hinaus verweist der EuGH auf seine Rechtsprechung, nach der eine nationale Regelung die Verpflichtungen aus der Richtlinie nur ordnungsgemäß umsetzt, wenn sie dazu führt, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit des Reiseveranstalters für die Fluggäste tatsächlich die Erstattung aller ihrer gezahlten Beträge sichergestellt ist. Andernfalls verfügt der betroffene Reisende jedenfalls über die Möglichkeit, eine Klage gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf Ersatz des Schadens zu erheben, der ihm durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht entstanden ist.
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