09.06.2017

Keine Nutzung einer Kontoverbindung für Spendeneingang rechtsextremistischer Unterstützer

Die Kündigung einer Kontoverbindung durch ein Kreditinstitut kann gerechtfertigt sein, wenn auf diesem Konto Spenden aus der rechtsextremistischen Szene eingehen. Das gilt jedenfalls dann, wenn mit diesen Spenden der Ehemann einer Kontoinhaberin, ein mehrfach u.a. wegen Volksverhetzung verurteilter ehemaliger Rechtsanwalt, der der Neo-Nazi-Szene zuzurechnen ist, unterstützt werden sollte.

LG Berlin 27.2.2017, 3 O 19/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin war seit 20 Jahren Kundin bei dem beklagten öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut und unterhielt eine Girokontoverbindung mit einem Dispositionskredit von knapp 10.000 €; ferner war ihr eine Kreditkarte ausgestellt worden, deren Umsätze von diesem Konto abgebucht wurden. Mit Schreiben vom 21.4.2017 kündigte die Beklagte die Vertragsbeziehungen zur Klägerin, ohne konkrete Gründe zu nennen.

Aufgrund einer mündlichen Beschwerde der Klägerin ebenfalls vom 21.4.2017, ihr seien Verfügungen am Geldautomaten nicht mehr möglich, teilte ihr der Filialleiter der Beklagten mit, die Kündigung sei erfolgt, weil ihr Ehemann in einem auf YouTube weltweit abrufbaren Video am 19.4.2017 dazu aufgerufen habe, Spenden für seine Flucht und seinen Lebensunterhalt auf dieses Konto einzuzahlen. Im Wege des Eilverfahrens begehrt die Klägerin die Fortführung von Kontoverbindung und Kreditkartenvertrag von der Beklagten. Sie behauptet, sie benötige das Konto für ihre Lebensführung dringend und verfüge über keine andere Kontoverbindung.

Das LG verpflichtete die Beklagten zunächst ohne vorherige Anhörung, das Girokonto auf Guthabenbasis fortzuführen. Hiergegen legte die Beklagte Widerspruch ein. Daraufhin hob das LG den Beschluss auf und wies den Antrag der Klägerin zurück.

Das LG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann Berufung zum KG einlegen.

Die Gründe:
Die fristlose Kündigung der Bankverbindung durch die Beklagte war gerechtfertigt.

Das Konto wurde dazu genutzt, die Flucht des wegen Volksverhetzung und Judenhasses mehrfach rechtskräftig bestraften Ehemanns der Klägerin, der im April 2017 zum Antritt einer rechtskräftig verhängten Gefängnisstrafe aufgefordert worden war, zu finanzieren. Die Beklagte als öffentlich-rechtliches Institut muss nicht dulden, eine Strafvereitelung zu unterstützen, indem sie das Konto, auf dem die Spenden eingehen, weiterhin zur Verfügung stellt. Es kommt insoweit nicht darauf an, ob die Klägerin selbst gehandelt hat bzw. ein Verschulden an dieser Nutzung trägt. Allein entscheidend ist, dass der Beklagten die Vertragsbeziehung nicht (mehr) zumutbar ist. Denn ihr droht andernfalls ein erheblicher Verlust ihres Ansehens, da sie unstreitig bereits in den sozialen Netzwerken kritisiert worden ist.

Zudem ist inzwischen das Eilbedürfnis der Klägerin für eine vorläufige Regelung entfallen. Denn sie hat zum einen aufgrund des Bestreitens der Beklagten nicht hinreichend nachgewiesen, nur über diese einzige Kontoverbindung zu verfügen. Zum anderen ist sie auf gerichtlichen Schutz nicht mehr angewiesen, nachdem ihr die Beklagte mehrfach vergeblich die Einrichtung eines Basiskontos angeboten hat.

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KG Berlin PM Nr. 31 vom 8.6.2017
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