18.11.2016

Keine Restschuldbefreiung bei lediglich erteilter Verfahrenskostenstundung

Sind keine Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten offen, kann dem Schuldner die vorzeitige Restschuldbefreiung nur erteilt werden, wenn er tatsächlich die Verfahrenskosten berichtigt hat und ihm nicht nur Verfahrenskostenstundung erteilt wurde. Der Gegenauffassung, wonach dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen ist, wenn er zwar nicht die Kosten des Verfahrens berichtigt hat, ihm jedoch Verfahrenskostenstundung bewilligt wurde, kann auf der Grundlage des eindeutigen Wortlauts des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO nicht beigetreten werden.

BGH 22.9.2016, IX ZB 29/16
Der Sachverhalt:
Auf den mit einem Restschuldbefreiungsgesuch verbundenen Eigenantrag war über das Vermögen des K. im November 2014 ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Dem K. wurden außerdem die Verfahrenskosten gestundet. Gegen ihn bestanden Gesamtverbindlichkeiten über rund 29.490 €, die auf zehn Gläubiger entfielen. In dem Verfahren wurden gleichwohl keine Insolvenzforderungen angemeldet. Die vorhandene Masse belief sich auf 0 €. Das Verfahren wurde im August 2015 aufgehoben. Die Verfahrenskosten von 1.318 € wurden nicht bezahlt.

Den Antrag des K. auf vorzeitige Erteilung der Restschuldbefreiung lehnte das AG ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde lehnte das LG zurück. Auch die Rechtsbeschwerde vor dem BGH blieb erfolglos.

Die Gründe:
Die Regelung des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO gestattet nicht die Erteilung einer vorzeitigen Restschuldbefreiung, wenn dem Schuldner lediglich Verfahrenskostenstundung gem. § 4a InsO gewährt wurde, er aber nicht die Kosten des Verfahrens berichtigt hat.

Die Berichtigung der Verfahrenskosten bildet gem. § 300 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 InsO die Grundvoraussetzung für sämtliche nachfolgend unter § 300 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 Nr. 1 bis 3 InsO geregelten Tatbestände einer vorzeitigen Restschuldbefreiung. Der auch im Rahmen des hier einschlägigen § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO erforderlichen Begleichung der Verfahrenskosten steht nach dem Willen des Gesetzgebers die dem Schuldner im Streitfall gewährte Verfahrenskostenstundung gerade nicht gleich. Der Gegenauffassung, wonach dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen ist, wenn er zwar nicht die Kosten des Verfahrens berichtigt hat, ihm jedoch Verfahrenskostenstundung gem. § 4a InsO) bewilligt wurde, kann auf der Grundlage des eindeutigen Wortlauts des § 300 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 InsO nicht beigetreten werden.

Dadurch soll dem Schuldner, der die Mindestbefriedigungsquote verfehlt, ein spezieller Anreiz gesetzt werden, das Verfahren durchzustehen und durch seine eigenen Bemühungen zu einem vorzeitigen Ende zu bringen. Dieser Anreiz ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers erheblich, weil der Schuldner nach den Vorschriften über das Stundungsverfahren noch vier Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung für die gesamten Verfahrenskosten aufzukommen hat. Zugleich hat der Gesetzgeber die Erwartung geäußert, dass die Regelung zu einer vorzeitigen Rückzahlung der gestundeten Verfahrenskosten führen und damit zu einer Entlastung der Länderhaushalte beitragen wird. Dies gilt auch für den Fall, wenn kein Insolvenzgläubiger eine Forderung angemeldet hat oder die Forderungen der Insolvenzgläubiger befriedigt sind und der Schuldner die sonstigen Masseverbindlichkeiten berichtigt hat.

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