17.04.2015

Keine Schadensersatzansprüche wegen der Untersagung der Sportwettenvermittlung

Der BGH hat die Abweisung der Klagen von zwei Gewerbetreibenden bestätigt, denen in den Jahren 2006 und 2007 auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags die Vermittlung von Sportwetten untersagt worden war. Den Behörden fällt weder ein für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß noch ein für einen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 Abs. BGB, Art. 34 S. 1 GG notwendiges Verschulden zur Last.

BGH 16.4.2015, III ZR 204/13 u.a.
Der Sachverhalt:
Hintergrund dieses Verfahrens sind Klagen von zwei Gewerbetreibenden, denen in den Jahren 2006 und 2007 auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Lotteriestaatsvertrags die Vermittlung von Sportwetten untersagt worden war. Beklagte sind zwei nordrhein-westfälische Städte, die entsprechende Verbote ausgesprochen hatten, und das Land Nordrhein-Westfalen.

Der NRW-Innenministerium hatte nach dem Urteil des BVerfG vom 28.3.2006 (BVerfGE 115, 276 ff.) mit einem an die Bezirksregierungen gerichteten Erlass vom 31.3.2006 um die konsequente Durchsetzung des seinerzeitigen staatlichen Sportwettenmonopols ersucht. Die Kläger machen Ersatzansprüche mit der Begründung geltend, das Monopol habe gegen europäisches Recht verstoßen, so dass die Untersagungsverfügungen rechtswidrig gewesen seien.

Das OLG wies die Klagen ab. Die Revisionen der Kläger hatten vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:
Die Verfügungen haben sich zwar als rechtswidrig herausgestellt, weil das Sportwettenmonopol gegen das Recht der EU verstieß. Jedoch war die Rechtslage bis zu den Urteilen des EuGH vom 8.9.2010 (C-46/08 u.a.) unklar. Erst aus diesen Entscheidungen ergab die Unzulässigkeit des deutschen staatlichen Sportwettenmonopols zweifelsfrei. Deshalb fällt den Behörden weder ein für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß noch ein für einen Amtshaftungsanspruch gem. § 839 Abs. BGB, Art. 34 S. 1 GG notwendiges Verschulden zur Last.

Für die Zeit danach kommt ein Ersatzanspruch nicht in Betracht, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Kläger die Voraussetzungen für die Erteilung einer Erlaubnis für ihr Gewerbe erfüllten, und es nach den Entscheidungen des EuGH weiterhin zulässig ist, die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten unter einen Erlaubnisvorbehalt zu stellen.

Es ist auch kein verschuldensunabhängiger Ersatzanspruch aus § 39 Abs. 1 Buchst. b des OBG NRW gegeben. Diese Vorschrift erfasst nach gefestigter Rechtsprechung nicht Schäden, die durch mit der Verfassung unvereinbare Gesetze und deren Vollzug verursacht werden (legislatives Unrecht). Dies gilt gleichermaßen, wenn nationale Gesetze (hier die Bestimmungen über das Sportwettenmonopol) gegen Unionsrecht verstoßen. Auch das Unionsrecht fordert keine verschuldensunabhängige Haftung für legislatives Unrecht. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergibt sich, dass auch in diesen Fällen eine Haftung nur unter den - vorliegend nicht erfüllten - Voraussetzungen eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen EU-Recht geboten ist.

Linkhinweis:

  • Der Volltext der Entscheidung wird demnächst auf den Webseiten des BGH veröffentlicht.
  • Für die Pressemitteilung des BGH klicken Sie bitte hier.
BGH PM Nr. 65 vom 16.4.2015
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