Keine Urheberrechtsverletzung durch Einbindung von geschützten Internetinhalten mittels Framing
EuGH 21.10.2014, C‑348/13Die klagende BestWater International GmbH beschäftigt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von Wasserfiltersystemen. Zu Werbezwecken ließ sie einen etwa zwei Minuten langen Film zum Thema Wasserverschmutzung herstellen, an dem ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte zustehen. Zu dem für das Ausgangsverfahren maßgeblichen Zeitpunkt war dieser Film auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar.
Die Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eine eigene Website, auf der sie für die von ihrem Kunden vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie Besuchern ihrer Websites, den von der Klägerin hergestellten Film über einen Internetlink im Wege des sog. Framings abzurufen. Bei einem Klick auf diesen Link erschien der Film, der von YouTube stammte, in einem auf den Websites der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame"), wodurch der Eindruck erweckt wurde, dass er von diesen Websites aus gezeigt werde.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagten den Film ohne ihre Erlaubnis öffentlich zugänglich gemacht hätten, und verklagte diese auf Unterlassung der Verbreitung des Films und verlangte von ihnen Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten. Die Beklagten gaben hinsichtlich der Verbreitung des Films eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, woraufhin die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens übereinstimmend für erledigt erklärten.
Das erstinstanzliche Gericht gab den übrigen Anträgen der Klägerin statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und zur Erstattung der Abmahnkosten. Das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der verbliebenen Klageanträge ab. Hiergegen wendete sich die Klägerin mit der Revision. Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH im Wege des Vorabentscheidungsersuchens die Frage vor, ob es im Hinblick auf die verwendete Framing-Technologie gerechtfertigt sein könnte, die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verlinkung als "öffentliche Wiedergabe" i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft anzusehen.
Die Gründe:
Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.
Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung ist es für eine Einstufung als "öffentliche Wiedergabe" erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder, ansonsten, für ein neues Publikum wiedergegeben wird, an das die Inhaber des Urheberrechts nicht gedacht hatten, als sie die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubten. Dasselbe gilt, wenn ein Dritter auf einer Website ein geschütztes Werk, das bereits auf einer anderen Website frei öffentlich wiedergegeben wurde, mittels eines Internetlinks einstellt, da er sie sich desselben technischen Verfahrens bedient, das schon für die Wiedergabe des Werkes auf einer anderen Website verwendet wurde.
Ist das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich, kann die betreffende Handlung demnach nicht als "öffentliche Wiedergabe" i.S.v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eingestuft werden. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, dass Werk bei Anklicken des betreffenden Links durch die Internetnutzer in einer Art und Weise erscheint, die den Eindruck vermittelt, dass es von der Website aus gezeigt wird, auf der sich dieser Link befindet, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Website entstammt. Dieser Umstand ist im Wesentlichen das Charakteristikum der Framing-Technik, die im Ausgangsverfahren streitig ist.
Bei dieser Technik wird eine Internetseite eines Webauftritts in mehrere Rahmen unterteilt und in einem dieser Rahmen mittels eines "eingebetteten" Internetlinks (Inline Linking) ein einer anderen Website entstammender Bestandteil angezeigt, damit den Nutzern dieses Webauftritts die ursprüngliche Umgebung dieses Bestandteils verborgen bleibt. Zwar kann diese Technik verwendet werden, um ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne es kopieren zu müssen und damit dem Anwendungsbereich der Vorschriften über das Vervielfältigungsrecht zu unterfallen. Ihre Verwendung führt aber nicht dazu, dass das betreffende Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird. Denn sofern und soweit dieses Werk auf der Website, auf die der Internetlink verweist, frei zugänglich ist, ist davon auszugehen, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.
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