Keine Vergütung des Insolvenzverwalters bei fehlender Eignung wegen schwerwiegender Straftaten
BGH 9.6.2011, IX ZB 248/09Auf Eigenantrag der Schuldnerin ordnete das Insolvenzgericht im August 2001 vorläufige Maßnahmen an und bestellte R.M. zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Im Oktober 2001 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der vorläufige Verwalter zum Insolvenzverwalter bestimmt. In diesem sowie auch in anderen Insolvenzverfahren führte er unbefugt den Titel Diplom-Betriebswirt. Im Juni 2005 erklärte er mit sofortiger Wirkung seinen Rücktritt als Insolvenzverwalter. Wenige Tage zuvor hatte er bei der Staatsanwaltschaft Selbstanzeige erstattet. Im Oktober 2007 wurde er wegen Untreue in 106 Fällen, bezogen jeweils auf andere Insolvenzverfahren, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt.
Nach den Feststellungen veruntreute er erstmals 1998 ihm als Insolvenzverwalter zur Verfügung stehende Gelder. In der Folgezeit nahm er im Rahmen eines sogenannten Cash-Poolings und durch die Errichtung von Sammelkonten in erheblichem Maße Veruntreuungen von Insolvenzgeldern vor, um insbes. wirtschaftliche Schwierigkeiten einer von ihm und Familienangehörigen errichteten Immobilien-Beteiligungsgesellschaft auszugleichen. Bis zu seiner Ernennung zum Insolvenzverwalter im vorliegenden Verfahren hatte er insgesamt etwa 20,6 Mio € veruntreut. Der veruntreute Gesamtbetrag belief sich bis Mitte 2005 auf 43 Mio. €.
Die Vergütungsansprüche des vormaligen Insolvenzverwalters werden nunmehr, nachdem über dessen Vermögen selbst das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, von dem weiteren Beteiligten zu 2) als Insolvenzverwalter weiterverfolgt. Das AG wies den auf rd. 65.000 € bezifferten Festsetzungsantrag wegen Verwirkung (Rechtsgedanke des § 654 BGB) ab. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 2) blieb vor dem LG ebenso ohne Erfolg wie die anschließende Rechtsbeschwerde vor dem BGH.
Die Gründe:
Das LG hat zu Recht darauf abgestellt, dass der frühere Verwalter sich bereits vor seiner Bestellung zum Insolvenzverwalter in diesem Verfahren, in ganz erheblichem Maße strafbar gemacht hat. Im Hinblick auf das von ihm betriebene System der Veruntreuung anvertrauter Insolvenzgelder musste davon ausgegangen werden, dass er den Willen hatte, ggf. auch auf die Massegelder dieses Verfahrens zuzugreifen. Ihm muss daher als eine zur Verwirkung eines Vergütungsanspruchs führende schwere Pflichtverletzung angelastet werden, durch die Annahme der Bestellung eine solche konkrete Gefährdung der Masse herbeigeführt zu haben.
Die Versagung der Vergütung des Insolvenzverwalters kommt in entsprechender Anwendung des Grundgedankens des § 654 BGB bei gewichtigen, vorsätzlichen oder zumindest leichtfertigen Pflichtenverstößen des Insolvenzverwalters in Betracht. Hierbei gebietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz eine enge Begrenzung der Fälle, in denen ein Anspruch auf Vergütung ausgeschlossen ist. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass zu den persönlichen Anforderungen an den Insolvenzverwalter neben der fachlichen Qualifikation auch seine persönliche Integrität, insbes. seine Ehrlichkeit gehört. Darum können strafbare Handlungen eines Verwalters zum Nachteil der Masse seine Entlassung rechtfertigen. Dabei erfordert die Entlassung nicht, dass die strafbare Pflichtverletzung im Rahmen des konkreten Verfahrens erfolgte. Vielmehr genügt es, wenn eine in anderen Verfahren verübte Straftat die charakterliche Eignung des Verwalters, fremdes Vermögen zu verwalten, entfallen lässt.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konnte das LG im Hinblick auf die von ihm festgestellten Umstände zum Zeitpunkt der Ernennung im Oktober 2001, die von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt werden, annehmen, der pflichtwidrigen Annahme der Bestellung als Insolvenzverwalter komme ein so erhebliches Gewicht zu, dass ein Ausschluss von der Vergütungsfestsetzung nicht unverhältnismäßig sei. In diesem Zusammenhang kann jedenfalls im Rahmen einer Gesamtschau auch berücksichtigt werden, dass im Einzelfall die Verwirkung auch schon wegen unerlaubten Führens eines akademischen Titels in Betracht kommen kann.
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