25.06.2018

Keine Werbung mit Wirksamkeit der Craniosakralen Osteopathie

Werbung mit Wirkungsaussagen medizinischer Behandlungsmethoden ist zulässig, solange nicht dargelegt wird, dass die Behauptung wissenschaftlich umstritten ist oder ihr jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage fehlt. Ist die Wirkaussage umstritten, muss der Werbende nachweisen, dass die Aussage zutreffend ist. Für die Behandlungsmethode der Craniosakralen Osteopathie fehlt ein derartiger Wirkungsnachweis.

OLG Frankfurt a.M. 21.6.2018, 6 U 74/17
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein gewerblicher Unternehmensverband; der Beklagte ist Arzt. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen einer Vielzahl von werbenden Wirkungsangaben auf seiner Homepage auf Unterlassen in Anspruch. Er ist der Ansicht, die genannten Behandlungsverfahren zählten zu den alternativmedizinischen Heilmethoden, denen der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis fehle.

Auf der Homepage warb der Beklagte für verschiedene Heilverfahren im Bereich der Osteopathie. Diese eigne sich danach u.a. zur "schnelle(n) Schmerzlinderung und Wiederherstellung der gestörten Gelenkfunktion". Auch "somatische Dysfunktionen" könnten "gefunden" und in zahlreichen Anwendungsgebieten "sanft beseitigt" werden. Zudem weise die Säuglingsosteopathie ebenfalls unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten auf, etwa "Geburtstraumatische Erlebnisse" und "Schlafstörungen". Das Behandlungsverfahren der Craniosakralen Osteopathie schließlich habe u.a. den Vorteil, dass "mit dem Einfühlen in den Craniosacral-Rhythmus der Arzt die Möglichkeit (hat), Verspannungen, Knochenverschiebungen, Krankheiten und Verletzungen aufzuspüren und zu lösen".

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG das Urteil ab und gab der Klage teilweise statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Werbebehauptungen für das Behandlungsverfahren der "Craniosakralen Osteopathie" sind zu unterlassen. Die Wirksamkeitsangaben zu den Verfahren der Osteopathie und Säuglingsosteopathie dagegen darf der Beklagte weiter werbend einsetzen.

Werbung mit bestimmten Wirkaussagen einer medizinischen Behandlung ist nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Grundsätzlich sind strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können.

Den Nachweis der Wirksamkeit muss der Beklagte jedoch erst führen, wenn der Kläger hinreichend konkret darlegt, dass die Werbebehauptung wissenschaftlich umstritten ist oder ihr jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage fehlt. Dabei muss die wissenschaftliche Absicherung des Wirkungsversprechens bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend ist es dagegen, sich erst im Prozess auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu berufen. Studienergebnisse sind nur tragfähig, wenn es sich um randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien handelt.

Hinsichtlich der Behandlungsmethode der sog. Craniosakralen Osteopathie hat der Kläger hier nachgewiesen, dass es für die Wirksamkeit an jeglicher tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage fehlt. Der Beklagte hat demgegenüber keine validen Studien vorlegen können, die die Wirksamkeit der beworbenen Methode zum Zeitpunkt der Werbeaussagen belegen. Hinsichtlich der Osteopathie und der Säuglingsosteopathie dagegen hat der Kläger nicht hinreichend konkret ausgeführt, dass die beworbenen Methoden in ihrer Gesamtheit und für die vom Beklagten beworbenen Indikationen ungesichert sind.

Die zum Verfahren der Osteopathie vorgelegten Auszüge aus dem Online-Lexikon Wikipedia sind ungeeignet, da es sich nicht um objektive Quellen handelt. Vorgelegte Fachartikel lassen sich nicht in Bezug zu den angegriffenen Werbeaussagen setzen. Aus der Stellungnahme der Bundesärztekammer folgt sogar, dass es bei einigen Krankheitsbildern durchaus zuverlässige Aussagen zur Wirksamkeit gibt. Auch aus den zur Säuglingsosteopathie vorgelegten Unterlagen ergibt sich nicht, dass es für die osteopathische Behandlungsmethode bei Kindern generell an einer wissenschaftlichen Absicherung fehlt.

OLG Frankfurt a.M. PM vom 25.6.2018
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