29.09.2015

Kfz-Werkstätten dürfen auf Werbeschildern auch für Abnahme von Haupt- und Abgasuntersuchung werben

Ein Werbeschild, mit dem eine Kfz-Werkstatt neben anderen Leistungen auch für die Abnahme von Haupt- und Abgasuntersuchung wirbt, ist nicht irreführend. Die Annahme einer unwahren Angabe käme nur in Betracht, wenn der angesprochene Verbraucher einem Werbeschild wie dem hier vorliegenden entnehmen würde, die betreffende Leistung werde zwangsläufig vom Anbieter selbst erbracht; das lässt sich aber aus dem Angebot "HU / AU" nicht entnehmen.

LG Frankfurt (Oder) 3.9.2015, 31 O 29/15
Der Sachverhalt:
Die Klägerin macht einen wettbewerblichen Unterlassungsanspruch geltend. Die Klägerin ist die fachliche Interessenvertretung von Personen bzw. Unternehmen in der Berufsgruppe des Kfz-Gewerbes. Ihr gehören über 110 Innungsbetriebe aus dem Bereich des Kfz-Gewerbes oder Kfz-Handwerks an. Der Beklagte betreibt eine Kfz-Werkstatt. Vor seiner Werkstatt befindet sich das streitgegenständliche Werbeschild. Darauf sind unterhalb des Firmenlogos folgende Begriffe untereinander aufgeführt: Inspektionen, Reifendienst, Klimaservice, HU / AU, Fahrzeugaufbereitung. Die Klägerin ließ den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 19.2.2015 abmahnen. Hierfür entstanden ihr Kosten von rd. 650 €.

Die Klägerin meint, der Text des Werbeschildes berge die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher. Die Werbung impliziere, dass der Beklagte die Hauptuntersuchung und die Abgasuntersuchung selbst durchführe, in der Werbung stelle der Beklagte diese Leistungen als eigene dar. Da die Hauptuntersuchung entsprechend der gesetzlichen Regelungen jedoch nur durch amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen durchgeführt werden darf und der Beklagte nicht zu diesem Kreis gehört, werbe der Beklagte mit Leistungen, die er gar nicht erbringen dürfe. Gleiches gelte für die Werbung mit der Abgasuntersuchung, da diese nur durch entsprechend anerkannte Kfz-Betriebe durchgeführt werden darf und der Beklagte die entsprechende Anerkennung nicht besitzt.

Das LG wies die u.a. auf Unterlassung und Zahlung der Abmahnkosten gerichtete Klage ab.

Die Gründe:
Die vom Beklagten verwendete Werbung verstößt nicht gegen §§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 29 StVZO, so dass ein wettbewerblicher Unterlassungsanspruch gem. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG ausscheidet. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Abmahnkosten nebst Zinsen gem. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.

Nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer zur Täuschung geeignete unwahre Angaben über die Person, Eigenschaften oder Rechte seines Unternehmens macht, und diese Angaben geeignet sind, Einfluss auf die Nachfrageentscheidung zu nehmen. Dies lässt sich hier nicht bejahen. Es ist schon zweifelhaft, ob die Werbung des Beklagten unwahre Angaben enthält. Nach dem vom Beklagten verwendeten Werbeschild kann der angesprochene Verbraucher beim Beklagten bestimmte, auf dem Schild aufgeführte Leistungen erhalten, darunter eben auch die Hauptuntersuchung sowie die Abgasuntersuchung. Zur Frage, wer die betreffende Leistung erbringt, wenn der Kunde sein Fahrzeug zwecks Abnahme von HU / AU zum Beklagten verbringt, enthält die Werbung keine ausdrückliche Aussage.

Die Werbeaussage lässt es auch zu, dass der Beklagte im Bedarfsfall Mitarbeiter der zugelassenen Prüforganisationen zu sich holt, welche dann die Haupt- und Abgasuntersuchungen an den Kundenfahrzeugen vornehmen, oder er das Fahrzeug zu einer Prüfstelle verbringt. Auch diese Fälle stellen sich für den Kunden so dar, dass er über Beauftragung des Beklagten die angefragte Leistung erhalten kann. Danach käme die Annahme einer unwahren Angabe nur in Betracht, wenn der angesprochene Verbraucher einem Werbeschild wie dem hier vorliegenden entnehmen würde, die betreffende Leistung werde zwangsläufig vom Anbieter selbst erbracht. Das lässt sich aber weder aus dem Angebot "HU / AU" entnehmen noch aus der Art und Weise, wie diese Leistung in den Kontext gesetzt ist mit den anderen vom Beklagten auf dem Schild bezeichneten Leistungen.

Dass Haupt- und Abgasuntersuchung nicht in jeder Kfz-Werkstätte abgenommen werden dürfen, ist nach Einschätzung des Gerichts der weit überwiegenden Zahl der verständigen Fahrzeughalter ebenfalls bekannt. Dabei mag der Verbraucher zwar nicht im rechtlichen Sinne zwischen hoheitlichem und privatem Tätigwerden von Prüfern unterscheiden. Auch mag er nicht wissen, welche Unternehmen nach Wegfall des TÜV-Monopols zur Abnahme der Untersuchungen berechtigt sind. Das ändert aber nichts daran, dass die Befugnis zur Abnahme der Prüfungen im Rechtsverkehr als etwas Besonderes wahrgenommen wird. Schon im allgemeinen Sprachgebrauch sind zur Hauptuntersuchung bis heute Ausdrücke verankert wie "das Auto muss alle zwei Jahre zum TÜV" oder "die TÜV-Plakette läuft ab".

Dementsprechend ist dem durchschnittlichen Verbraucher auch bekannt, dass er, will er nicht die Begehung einer Ordnungswidrigkeit riskieren, sich darum kümmern muss, dass sein Fahrzeug rechtzeitig einer zur Prüfung berechtigten Organisation vorgeführt wird. Gerade wenn er dann nicht konkret weiß, an welche Organisation er sich neben dem TÜV dann noch wenden kann, und er kein Interesse hat, sein Fahrzeug selbst der Überprüfung zuzuführen, liegt es nahe, dass er sich an eine Kfz-Werkstatt wendet mit der Bitte, diese möge sein Fahrzeug der nötigen Überprüfung zuführen. In diesem Fall muss aber die Leistung der Kraftfahrzeugwerkstatt zwangsläufig - jedenfalls bei der Hauptuntersuchung - in einer Vermittlung der Überprüfung durch das zugelassene Prüfunternehmen bestehen. Dementsprechend wird ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher dem Werbetext des Beklagten unschwer entnehmen, dass der Beklagte nicht für sich in Anspruch nimmt, die Untersuchungen selbst durchzuführen, sondern er die Vorführung des Fahrzeugs beim Prüfunternehmen als Leistung anbietet.

Soweit trotz der genannten Erwägungen ein nicht unbeachtlicher Teil der beteiligten Verkehrskreise die Werbung des Beklagten in der von der Klägerin angenommenen Weise verstehen sollte, fehlte es jedenfalls an der wettbewerbliche Relevanz der so entstandenen Fehlvorstellung als weiterer Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch nach § 5 Nr. 3 UWG.

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