30.10.2018

Klage eines Verbands nach § 33 GWB gegen Forderung urheberrechtlicher Vergütung nach § 54 UrhG

Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage eines Verbandes nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 GWB 2013 kann grundsätzlich nicht damit verneint werden, dass gleiche Ansprüche auch durch ein von dem behaupteten Kartellrechtsverstoß betroffenes Unternehmen oder einen anderen Verband geltend gemacht werden oder werden können. Eine Klage, die sich gegen Forderung urheberrechtlicher Vergütung nach § 54 UrhG a.F. richtet, unterfällt dem Erfordernis der Anrufung einer Schiedsstelle nach § 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UrhWG auch dann, wenn sie von einem Verband erhoben wird und die Einwendungen gegen die Vergütungsforderung auf Bestimmungen des Kartellrechts gestützt werden.

BGH 9.10.2018, KZR 47/15
Der Sachverhalt:

Der Kläger ist ein Verband, dem rd. hundert kleinere PC-Hersteller angehören. Die Beklagte ist ein Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Vergütungsansprüche für Vervielfältigungen im Wege der Bild- und Tonaufzeichnung nach § 54 UrhG a.F. geltend machen können, in der Form einer GbR. Die Beklagte erhob erstmals 2005 Vergütungsforderungen für PC. Die PC-Hersteller traten dem entgegen. Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem BITKOM, einem Branchenverband für PC-Hersteller, führten nicht zur Einigung. Schließlich kam es zur Gründung des Bundesverbands Computerhersteller e.V. (BCH), dem vor allem größere PC-Hersteller angehören.

Der BCH und die Beklagte einigten sich Ende 2009 über die für PC zu zahlenden Vergütungen. Sie schlossen einen Vergleich zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht für PCs gem. § 54a UrhG a.F. für 2002 bis 2007 und darüber hinaus einen Gesamtvertrag zur Regelung der urheberrechtlichen Vergütungspflicht gem. §§ 54 ff. UrhG für die Zeit ab 1.1.2008. Die Beklagte verlangt von anderen PC-Herstellern Vergütungen, die die in Vergleich und Gesamtvertrag vereinbarten Vergütungen übersteigen.

Mit seiner Klage begehrte der Kläger zuletzt, die Beklagte zu verurteilen, es u.a. zu unterlassen, von PC-Herstellern urheberrechtliche Vergütungen zu verlangen, die um mehr als 2 % über denen nach dem Vergleich und dem Gesamtvertrag liegen. Das LG sah die Klage als nur teilweise begründet an und legte die Grenze auf 20 % fest. Auf die Berufung der Beklagten wies das OLG die Klage ab. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision hatte vor dem BGH keinen Erfolg.

Die Gründe:

Für den Hauptantrag des Klägers fehlt es entgegen der Auffassung des OLG nicht an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Ein Anspruch auf Unterlassung kartellrechtswidrigen Verhaltens kann nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 GWB in der bis zum 8.6.2017 geltenden Fassung (entspricht § 33 Abs. 4 Nr. 1 GWB n.F.) nicht nur von jedem Unternehmen geltend gemacht werden, das durch den behaupteten Verstoß betroffen ist, sondern auch - wie hier - von einem rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen, wenn ihm eine erhebliche Anzahl betroffener Unternehmen angehört und er nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande ist, seine satzungsmäßige Aufgabe tatsächlich wahrzunehmen.

Die Verbandsklagebefugnis wurde gerade begründet, um Verbände zu Abwehrmaßnahmen gegen kartellrechtswidriges Verhalten in Stand zu setzen, die in betroffenes Unternehmen möglicherweise wegen wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht ergreifen kann oder will. Dem Verband steht daher ein eigener Anspruch zu, der neben individuelle Unterlassungsansprüche der betroffenen Unternehmen tritt. Die gerichtliche Geltendmachung eines Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruchs darf nur nicht dazu dienen, Einfluss auf einen Rechtsstreit oder ein behördliches Verfahren zu nehmen, das einen anderen Gegenstand hat (BGH 19.7.2012, I ZR 105/11). Ein Verband, der - wie hier - gem. § 33 GWB auf das Kartellrecht gestützte Ansprüche geltend macht, wendet sich jedoch nicht gegen Äußerungen in einem gerichtlichen Verfahren oder in dessen Vorfeld, sondern gegen bestimmte Verhaltensweisen eines Unternehmens im Rahmen von dessen Marktteilnahme.

Die Klage nach dem Hauptantrag ist trotzdem unzulässig, da es der Kläger entgegen § 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UrhWG a.F. unterlassen hat, vor Erhebung der Klage ein Verfahren vor der Schiedssteller durchzuführen. Dies ist eine Prozessvoraussetzung. Wurde kein Schiedsverfahren - wie hier - durchgeführt, ist die Klage als unzulässig abzuweisen. Die Schiedsstelle war im Streitfall anzurufen, da gem. § 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b UrhWG a.F. eine Verwertungsgesellschaft beteiligt und die Vergütungspflicht (hier: auch bei Abwendung einer unzulässigen Ungleichbehandlung) nach § 54 UrhG betroffen ist. Das Erfordernis, vorab die Schiedsstelle anzurufen, soll gewährleisten, dass vor einer solchen gerichtlichen Auseinandersetzung die sachkundige Schiedsstelle zu dieser Frage Stellung genommen hat. Eine andere Bewertung ist auch nicht durch das Inkrafttreten des Verwertungsgesellschaftengesetzes geboten. Das Erfordernis besteht auch nach der geltenden Rechtslage. Es steht auch den Bestimmungen der RL 2014/26/EU vom 26.2.2014 über die kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten nicht entgegen.

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