Klauseln in Bank-AGB zur Berechnung von nacherstellten Kontoauszügen sind kontrollfähig
OLG Frankfurt a.M. 23.1.2013, 17 U 54/12Der Kläger ist ein bundesweit tätiger Dachverband für sozialorientierte Organisationen. Er ist als qualifizierte Einrichtung gem. § 4 UKlaG eingetragen. Im Mai 2011 beanstandete der Kläger gegenüber der beklagten Bank, dass diese in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis unzulässige allgemeine Geschäftsbedingungen verwende, nämlich zum einen die Klausel "Zusendung von am Bankterminal innerhalb von 24 Geschäftstagen nicht abgerufenen Kontoauszügen Pro Auszug 1,94 €" sowie die Klausel "Nacherstellung von Kontoauszügen Pro Auszug 15 €".
Die Beklagte gab die Unterlassungserklärung lediglich hinsichtlich der Klausel bezüglich der Zusendung der nicht abgerufenen Kontoauszüge ab und erstattete die vom Kläger beanspruchten Auslagen. Sie war der Ansicht, die Nacherstellung von Kontoauszügen sei eine Sonderleistung, denn es gebe keinen Anspruch auf nochmalige Bereitstellung eines Kontoauszugs. Die Klausel sei deshalb nicht kontrollfähig. Sie sei vielmehr berechtigt, den Preis innerhalb der Grenzen des § 138 BGB autonom und frei festzusetzen. Im Übrigen sei der Preis kostenbasiert und nicht unangemessen - ihr Aufwand betrage mindestens 15 €, wobei sowohl eine Mischkalkulation wie der Ansatz einer Gewinnmarge zulässig sei.
Das LG wies die Klage ab. Der darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB und die Abweichung von der gesetzlichen Regelung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht hinreichend dargelegt. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG die Entscheidung auf und gab der Klage statt. Allerdings wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Der Kläger hat gegen die Beklagte gem. § 1, 3 Abs.1 S. 1 Nr. 1 UKlaG einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren Verwendung der Klausel zur Nacherstellung von Kontoauszügen.
Wie das LG bereits richtig entschieden hatte, unterfiel die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB. Bei der Nacherstellung von Kontoauszügen handelt es sich nicht um eine selbständige Hauptleistungspflicht sondern - nach der kostenfrei erfolgten Bereitstellung des Kontoauszugs i.S.d. Erstinformation - allenfalls um eine Zusatzleistung, auf die der Bankkunde aus dem Girovertrag oder zumindest aus § 242 BGB auch einen Anspruch hat, auch wenn diese Information nicht mehr kostenlos ist, weil sie nach Inhalt, Art und Häufigkeit dem gesetzlich Vorgeschriebenen nicht mehr entspricht. Da sich die Höhe des Entgelts nach § 675 d Abs. 3 S. 2 BGB richtet, der Art. 32 Abs. 3 Zahlungsdienste - Richtlinie umsetzt, handelt es sich bei der Klausel gerade um eine kontrollfähige Preisnebenabrede.
In Orientierung an Art. 32 Abs. 3 der Zahlungsdienste Richtlinie enthält § 675 d Abs. 3 S. 2 BGB einen Kontrollmaßstab für die Höhe des Entgelts, das zum einen angemessen und zum anderen an den tatsächlichen eigenen Kosten des Zahlungsdienstleisters für das Erbringen der Information ausgerichtet sein muss. Beide Tatbestandsmerkmale stehen nicht etwa eigenständig nebeneinander - die tatsächlichen Kosten stellen ein gesetzliches Kriterium für eine umfassende Angemessenheitskontrolle dar. Im Rahmen der Angemessenheit ist vor allem auf objektive Kriterien wie einen Marktvergleich abzustellen.
In der Mehrzahl der Filialen dürfte der Kunde, der am Schalter eine Nacherstellung von Kontoauszügen bis 6 Monate beauftragt, bekannt sein. Es dürfte auch kaum 4 Minuten dauern, bis der Kunde sein Anliegen vorgebracht und der Mitarbeiter der Beklagten dieses Anliegen verstanden hat. Entgegen der Annahme des LG erachtete es der Senat mit den gesetzlichen Vorgaben des § 675 d Abs.3 BGB als unvereinbar, dass die Beklagte im Rahmen einer Mischkalkulation in den Preis der Nacherstellung von Kontoauszügen innerhalb von sechs Monaten auch die Kosten einbezieht, die lediglich in den Fällen einer Nacherstellung nach Ablauf von sechs Monaten anfallen. Da die Kosten für die Nacherstellung eines Auszugs innerhalb von sechs Monaten auch nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten unterhalb des in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis vorgesehenen Preises von 15 € liegen, erweist sich die Klausel insoweit als unangemessene Benachteiligung ihrer Kunden.
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