04.08.2014

Klauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber Verbrauchern können gegen das Bereicherungsverbot verstoßen

Verwenden Kreditinstitute in Darlehensverträgen Klauseln zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung gegenüber Verbrauchern, die vorsehen, dass im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt bleiben, kann ein Verstoß gegen das schadensersatzrechtlich anerkannte sog. Bereicherungsverbot vorliegen. Danach darf der Anspruchsberechtigte keinen (finanziellen) Vorteil ziehen, d.h. er darf nicht mehr erlangen, als er bei ordnungsgemäßer Vertragsbeendigung bekommen hätte.

OLG Oldenburg 4.7.2014, 6 U 236/13
Der Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine Verbraucherzentrale. Sie hatte eine Sparkasse auf Unterlassung in Anspruch genommen. Dem Kreditinstitut sollte untersagt werden, eine Klausel zur Vorfälligkeitsentschädigung zu verwenden, die vorsah, dass im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung unberücksichtigt blieben.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin hob das OLG die Entscheidung der Vorinstanz auf und gab der Unterlassungsklage statt. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen.

Die Gründe:
Die Klausel verstößt gegen das schadensersatzrechtlich anerkannte sog. Bereicherungsverbot, wonach der Anspruchsberechtigte keinen (finanziellen) Vorteil ziehen darf, d.h. er darf nicht mehr erlangen, als er bei ordnungsgemäßer Vertragsbeendigung bekommen hätte. Dadurch, dass nach der Klausel kategorisch zukünftige Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht berücksichtigt werden, erlangt das Kreditinstitut im vorliegenden Fall im Wege der Vorfälligkeitsentschädigung mehr, als ihm nach seiner vertraglichen Zinserwartung zusteht.

Unter der Vorfälligkeitsentschädigung ist derjenige "Schaden" zu verstehen, der dem Kreditinstitut aus der vorzeitigen Kündigung des Darlehensvertrages durch den Darlehensnehmer entsteht. Zu erstatten sind somit Zinsen, die bis zur ordnungsgemäßen Vertragsbeendigung aufgelaufen wären, bei einem Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz bis zum Zeitpunkt, zu dem der Darlehensnehmer nach dem Vertrag zur Rückzahlung verpflichtet ist oder nach Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens. Für die Zukunft vereinbarte Sondertilgungsrechte verkürzen diese geschützte Zinserwartung der Bank. Denn durch eine Sondertilgung verringert sich die Zinslast des Darlehensnehmers und somit der an die Bank zu zahlende Gesamtzinsbetrag.

Bei Anwendung der streitigen Klausel bleibt die Reduzierung der Zinslast durch die Sondertilgungen allerdings unberücksichtigt. Das Kreditinstitut erlangt dadurch einen höheren Zinsbetrag als es bekäme, wenn die Sondertilgungen regelmäßig ausgeschöpft würden. Infolgedessen führt die Klausel zu einer unangemessenen Benachteiligung der Darlehensnehmer.

OLG Oldenburg PM v. 1.8.2014
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