13.11.2023

Klimaschutzklage gegen Mercedes-Benz: Berufung der Deutschen Umwelthilfe zurückgewiesen

Das OLG Stuttgart hat die Berufung von Vorstandsmitgliedern der Deutschen Umwelthilfe e.V. gegen die Mercedes-Benz AG zurückgewiesen. Deren Ansicht, Mercedes-Benz sei zur Unterlassung des Inverkehrbringens neuer Pkw mit Verbrennungsmotor verpflichtet, obwohl dies nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoße, teilte das OLG nicht.

OLG Stuttgart v. 9.11.2023 - 12 U 170/22
Der Sachverhalt:
Die Kläger wollen erreichen, dass den Beklagten untersagt wird, nach dem 31.10.2030 bzw. unter bestimmten Voraussetzungen schon ab heute neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor in den Verkehr zu bringen. Sie machen geltend, werde die Beklagte nicht zu einem Unterlassen verurteilt, stehe zu befürchten, dass der deutsche Gesetzgeber Maßnahmen zum Klimaschutz ergreife, durch die die Kläger in ihren Grundrechten erheblich beeinträchtigt würden. Der Gesetzgeber sei verfassungsrechtlich zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes verpflichtet. Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagte sei zur Unterlassung verpflichtet, obwohl das Inverkehrbringen der Fahrzeuge nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoße.

Das OLG hat die Berufung der Kläger als offensichtlich unbegründet erachtet und damit das klagabweisende Urteil des LG bestätigt. Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Er kann beim BGH mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

Die Gründe:
Den Klägern steht ein sog. quasinegatorischer Anspruch nach §§ 12, 862, 1004 BGB analog nicht zu. Ein solcher Anspruch setzt voraus, dass das gerügte, als solches rechtmäßige Verhalten, nämlich das Inverkehrbringen von neuen Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor, zumindest zu einem rechtswidrigen Zustand führt. Daran fehlt es.

Ein rechtswidriger Zustand kann sich allenfalls unter Berücksichtigung einer mittelbaren Drittwirkung von Grundrechten ergeben. Die Drittwirkung von Grundrechten gegen Private kann aber nicht weiterreichen als die unmittelbare Drittwirkung, die den Staat selbst verpflichtet. Die Kläger haben nicht aufgezeigt, dass der Staat verpflichtet ist, der Beklagten das Inverkehrbringen von neuen Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor nach dem 31.10.2030 bzw. unter Umständen schon ab heute zu untersagen. Der Gesetzgeber ist seiner Verpflichtung, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, nachgekommen. Im Rahmen des EU-Klimaschutzpakets "Fit für 55" ist geregelt worden, dass in der Europäischen Union ab 2035 keine Fahrzeuge mehr neu zugelassen werden dürfen, deren Betrieb zu Treibhausgasemissionen führt (sog. Verbrennerverbot). Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber zur Ergreifung von Maßnahmen verpflichtet sein könnte, die die Kläger in ihren Grundrechten beeinträchtigen, falls die Beklagte noch bis Ende 2034 neue Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor in den Verkehr bringt.

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OLG Stuttgart PM vom 9.11.2023
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