08.02.2019

Kommanditist darf auch mit massiver und überspitzt geäußerter Kritik Einfluss auf die Entwicklung einer Gesellschaft nehmen

Gesellschaftsintern darf ein Kommanditist selbst in massiver und überspitzter Weise Kritik an der Geschäftsführung der persönlich haftenden Gesellschafterin üben, um Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaften zu nehmen. Diese Grenze wird auch durch einen Vergleich des Auftretens des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin mit der Aussage "L"État c"est moi" des Sonnenkönigs Louis XIV. und Verhaltensweisen autokratischer Staatsführer nicht überschritten.

OLG Hamm v. 11.7.2018 - 8 U 108/17
Der Sachverhalt:

Der Kläger engagiert sich für die Rechte von Anlegern an Windparkfonds. Er ist mit einer Einlage von 6.000 € Kommanditist einer Gesellschaft, die einen Windpark in Werl betreibt. An der Gesellschaft sind etwa 120 Kommanditisten beteiligt. Die Summe ihrer Einlagen beträgt rd. 2,5 Mio. €. Das Verhältnis des Klägers zu dem Initiator des Fonds ist zerrüttet.

Der Windpark ist wirtschaftlich erfolgreich, so dass der Kläger seinen Anteil erhöhen möchte, möglicherweise auch, um in der Gesellschafterversammlung für sich und die ihm nahestehenden oppositionellen Gesellschafter größeren Einfluss zu gewinnen. Zu diesem Zweck hat er von drei anderen Gesellschaftern deren Kommanditanteile erworben, so dass sich sein Anteil auf 30.000 € erhöht hätte.

Zur Wirksamkeit dieser Geschäfte ist nach dem Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft die Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafterin - hier: der Beklagten - erforderlich. Die Beklagte erteilte ihre Zustimmung allerdings nicht. Der Kläger habe sich pflichtwidrig verhalten, indem er sich auf Versammlungen mit herabwürdigenden Worten gegen sie und ihren Geschäftsführer - den Initiator des Fonds - gewandt und ohne Grund seine Mitwirkung an erforderlichen Handelsregistereintragungen versagt habe. Den Mitgesellschaftern sei daher eine Aufstockung der Beteiligung des Klägers nicht zuzumuten. Der Kläger hält diese Verweigerung für ungerechtfertigt und nimmt die Gesellschaft auf Zustimmung in Anspruch.

Das LG wies die Klage ab. Der Anspruch auf Zustimmung stehe, wenn er denn begründet sei, allenfalls den Veräußerern der Kommanditanteile zu. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er stützt seinen Anspruch nun auch auf abgetretenes Recht der jeweiligen Veräußerer. Das OLG änderte das Urteil ab und gab der Klage überwiegend statt.

Die Gründe:

Das LG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger keinen eigenen Anspruch auf Zustimmung hat. Denn der Erwerber eines Kommanditanteils steht der Gesellschaft grundsätzlich als Dritter gegenüber, weshalb er selbst aus dem Gesellschaftsvertrag keine Rechte herleiten kann. Einen Anspruch auf Zustimmung haben damit nur die Veräußerer. Nachdem zwei der drei Veräußerer ihren Anspruch jedoch an den Kläger abgetreten haben, war ein Anspruch auf Zustimmung zu bejahen. Die Einwendungen der Gesellschaft sind im Ergebnis nicht stichhaltig. Ein nach dem Gesellschaftsvertrag erforderlicher wichtiger Grund zur Versagung der Zustimmung ist nicht gegeben.

Zunächst hat die persönlich haftende Gesellschafterin schon nicht dargetan, dass der Kläger pflichtwidrig an einer konkreten Handelsregistereintragung nicht mitgewirkt hat. Auch die angeblich geschäftsschädigenden Behauptungen über sie und die diffamierenden Äußerungen gegenüber ihrem Geschäftsführer können einen wichtigen Grund für die Versagung der Zustimmungen zu den Abtretungen nicht begründen. Gesellschaftsintern darf ein Kommanditist selbst in massiver und überspitzter Weise Kritik an der Geschäftsführung der persönlich haftenden Gesellschafterin üben, um Einfluss auf die Entwicklung der Gesellschaften zu nehmen.

Diese Grenze hat der Kläger auch durch einen Vergleich des Auftretens des Geschäftsführers der persönlich haftenden Gesellschafterin mit der Aussage "L"État c"est moi" des Sonnenkönigs Louis XIV. und Verhaltensweisen autokratischer Staatsführer nicht überschritten. Vielmehr hat die persönlich haftende Gesellschafterin den Kläger in diesem Rechtsstreit ebenfalls scharf kritisiert und ihn u.a. als "selbsternannten aktivistischen Anlegerschützer" bezeichnet.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM vom 31.1.2018
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