12.11.2015

Kommission hat Rettungsmaßnahmen zugunsten der HSH Nordbank zu Recht genehmigt

Das EuG hat die Klage von zwei Minderheitsaktionären der HSH Nordbank abgewiesen und damit den Beschluss der EU-Kommission aus dem Jahr 2011 bestätigt, mit dem die deutschen Rettungsmaßnahmen zugunsten der HSH Nordbank unter Auflagen genehmigt wurden.

EuG 12.11.2015, T-499/12
Der Sachverhalt:
Die HSH Nordbank, hervorgegangen aus der Fusion der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein im Jahr 2003, ist eine Aktiengesellschaft und die fünftgrößte deutsche Landesbank. Sie war von der 2007 aufgetretenen und durch die Insolvenz der Bank Lehmann Brothers im September 2008 verschärfte Subprime-Krise betroffen und musste in den Jahren 2008 und 2009 laut Aktenlage einen Verlust von rd. 4 Mrd. € hinnehmen. In diesem Zusammenhang wurden ihr eine Reihe von Rettungsmaßnahmen gewährt:
  • eine Rekapitalisierung i.H.v. 3 Mrd. € durch die Ausgabe von Aktien der HSH Nordbank (die vollständig von ihrem Mehrheitsaktionär, dem HSH Finanzfonds, einer Anstalt des öffentlichen Rechts, gezeichnet wurden),
  • eine Risikoabschirmung i.H.v. 10 Mrd. € durch die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein,
  • eine vom deutschen Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung gewährte Liquiditätsgarantie in Höhe von 17 Mrd. €.

Mit Beschluss vom 20.9.2011 wertete die Kommission diese Maßnahmen als staatliche Beihilfen, sah diese aber gleichzeitig als mit dem Binnenmarkt vereinbar an, sofern Deutschland bestimmte Verpflichtungszusagen und Auflagen einhielt. Gemäß diesen Auflagen musste die HSH Nordbank dem HSH Finanzfonds einen Anspruch auf eine Einmalzahlung i.H.v. 500 Mio. € einräumen, die der HSH Finanzfonds anschließend als "Sachkapitalerhöhung" in die HSH Nordbank einbringen musste. Zudem war der HSH Nordbank bis zum Ende des Geschäftsjahrs 2014 die Ausschüttung von Dividenden verboten. In den Jahren 2015 und 2016 schließlich war die Möglichkeit zur Zahlung von Dividenden beschränkt.

Die Kläger, zwei Minderheitsaktionäre der HSH Nordbank (die luxemburgischen Anlagefonds HSH Investment Holdings Coinvest-C Sàrl und HSH Investment Holdings FSO Sàrl), erhoben beim EuG Klage auf vollständige oder zumindest teilweise Nichtigerklärung des Kommissionsbeschlusses. Diese beiden Fonds sowie andere von der amerikanischen Gesellschaft JC Flowers & Co. beratene Anlagefonds hielten vor der Rekapitalisierung 25,67 Prozent des Kapitals der HSH Nordbank. Danach hielten sie nur noch 9,19 Prozent.

Das EuG wies die Klage ab. Gegen die Entscheidung des EuG kann innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.

Die Gründe:
Die Kläger haben nicht nachgewiesen, dass die Einmalzahlung, die allein bezweckte, die staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar zu machen, eine unverhältnismäßige oder dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwiderlaufende Auflage darstellte.

Die Klage ist nur insoweit zulässig, als die beiden Minderheitsaktionäre die Nichtigerklärung der Auflage begehren, wonach mittels der Einmalzahlung i.H.v. 500 Mio. € das Kapital der HSH Nordbank ausschließlich zugunsten des HSH Finanzfonds erhöht werden sollte. Da sich die Interessen der beiden Aktionäre hinsichtlich dieses Vorgangs nicht mit denen der NSH Nordbank decken, müssen Ihnen die Möglichkeit eingeräumt sein, unmittelbar zu klagen, und sich nicht mit der Möglichkeit begnügen, die betreffenden Interessen dadurch zu verteidigen, dass sie ihre Recht als Aktionäre der HSH Nordbank ausüben, damit diese eine Klage einreicht.

Der in Rede stehende Vorgang war für die HSH Nordbank neutral, während deren Minderheitsaktionäre eine Verwässerung ihrer relativen Beteiligung an der Bank und infolgedessen eine Schmälerung ihrer Rechte als Aktionäre hinnehmen mussten. Hinsichtlich der Genehmigung der Rettungsmaßnahmen als solche sowie des Verbots bzw. der Beschränkung von Dividendenausschüttungen sind die Interessen der Aktionäre und die der Gesellschaft hingegen deckungsgleich.

Die Argumente der Kläger, mit denen sie aufzeigen wollen, dass der Beschluss der Kommission, was die Kapitalerhöhung im Wege der Einmalzahlung i.H.v. 500 Mio. € betrifft, fehlerhaft sei, überzeugt nicht. Die Einmalzahlung ist, auch wenn sie wirtschaftlich zur Folge hat, dass sich der Wert der Beteiligung der Minderheitsaktionäre am Kapital der HSH Nordbank vermindert, rechtlich begründet, weil sie die Minderheitsaktionäre zu einer Aufwendung zwingt, die im Verhältnis zu der Aufwendung steht, mit der sich die öffentlichen Anteilseigner bei der Rekapitalisierung einverstanden erklärt haben: Infolgedessen kommt den Minderheitsaktionären nicht mittelbar eine Beihilfe zugute und können die in Rede stehenden Maßnahmen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden.

Im Übrigen hat der HSH Finanzfonds die neuen Aktien nicht in seiner Eigenschaft als Aktionär, sondern ausschließlich in seiner Eigenschaft als Beihilfegeber erhalten. Dieser erforderliche Ausgleich hätte sich auch durch die Einrichtung einer neuen Anstalt des öffentlichen Rechts herstellen lassen, die kein Aktionär gewesen wäre, sondern lediglich Empfänger der Mittel. Auch dann wäre es zu derselben Lastenverteilung zwischen allen Aktionären zugunsten des durch diese Anstalt vertretenen Beihilfegebers gekommen.

Linkhinweis:

Für den auf den Webseiten des EuGH veröffentlichten Volltext der Entscheidung klicken Sie bitte hier.

EuG PM Nr. 136 vom 12.11.2015
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