Kündigung von Prämiensparverträgen
LG Mühlhausen v. 8.3.2023 - 1 S 37/21
Der Sachverhalt:
Der streitgegenständliche Prämiensparvertrag vom 16.6.2005 weist eine Prämienstaffel vom 3. - 25. Sparjahr aus, wobei die höchste Prämienstufe von 50 % ab dem 15. Sparjahr erreicht wird und für die weiteren einzelnen Sparjahre jeweils bis zum 25. Sparjahr die Prämienstufe gleichbleibend mit 50 % angegeben ist. Diesen Vertrag kündigte die Beklagte am 23.9.2020 gegenüber der Klägerin unter Berufung auf ihre unstreitig einbezogenen AGB Nr. 26 ordentlich zum 16.1.2021.
Die Klägerin zog wegen der ordentlichen Kündigung des unbefristeten Prämiensparvertrages vor Gericht. Das AG stellte u.a. fest, dass der Prämiensparvertrag vom 16.6.2005 nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.9.2020 zum 16.1.2021 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hielt die Kündigung weiterhin für wirksam. Das AG habe die Entscheidung des BGH vom 14.5.2019 (Az.: XI ZR 345/18) verkannt, denn auch vorliegend sei keine Laufzeitvereinbarung im Sinne einer Mindestlaufzeit erfolgt. Ein Sparanreiz sei nur durch die kontinuierlich steigende Prämienhöhe für den Sparer gegeben. Nach Erreichen der Höchststufe der Prämie sei der Prämienanreiz für den Sparer aber erfüllt worden.
Das LG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Ein objektiver Empfänger der AGB konnte die vorliegende Prämienstaffel so verstehen, dass bis zum 25. Sparjahr jedenfalls durch die Beklagte keine ordentliche Kündigung erfolgen kann - mithin ein konkludenter Ausschluss der ordentlichen Kündigung bis zum 25. Sparjahr hier greift.
Das AG hat die BGH-Entscheidung vom 14.5.2019 gerade nicht verkannt und eine Laufzeitvereinbarung im Sinne einer Mindestlaufzeit angenommen. Denn es geht vorliegend nicht um die Annahme einer Mindestlaufzeit, sondern um einen konkludenten Ausschluss der nach den AGB Nr. 26 der Beklagten möglichen ordentlichen Kündigung aus sachlichem Grund durch Wiedergabe einer konkreten Prämienstaffel im Vertrag. Letzteres ist nicht gleichbedeutend mit einer Mindestvertragslaufzeit, welche beide Vertragsparteien verpflichten würde. Insofern hatte der BGH zum Az. XI ZR 345/18 eine andere Klausel zu bewerten, sodass offen ist, wie er hiesige Klausel auslegen würde.
In der Entscheidung zum Az. XI ZR 345/18 hat der BGH einen konkludenten Kündigungsausschluss der Beklagten in der Prämienstaffelangabe bis zum 15. Sparjahr gesehen, wobei im 15. Sparjahr die höchste Prämienstufe erreicht wurde. Im hiesigen Rechtsstreit ist zwar auch die höchste Prämienstufe im 15. Sparjahr erreicht, jedoch sind die weiteren Prämien für die Sparjahre bis zum 25. Sparjahr ausdrücklich für jedes weitere Jahr gleichbleibend mit 50 % angegeben. Wenn der BGH einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Bank bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe annimmt, wenn keine weiteren Sparjahre angegeben werden, dann muss aus Sicht der Kammer auch ein Kündigungsausschluss bis zum 25. Sparjahr angenommen werden, wenn die nachfolgenden Sparjahre 15 bis 25 im Einzelnen angegeben werden, auch, wenn bereits die höchste Prämienstufe erreicht worden ist.
Auch ist der Prämienanreiz nicht mit Erreichen der Höchststufe für den Sparer erfüllt. Natürlich ist auch in den Jahren 15 bis 25 noch ein Sparanreiz für den Sparer gegeben, wenn er die Prämie von 50 % weiterhin erhält. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beklagte die Folgejahre nach Erreichen der höchsten Prämienstufe explizit abdrucken sollte, wenn sie nicht hierdurch einen weiteren Sparanreiz durch die Prämienzahlungen bei ihren Kunden erwecken habe wollen. Die Beklagte hätte den weiteren Abdruck der Folgejahre 15 bis 25 mit Prämie 50 % einfach weglassen können. Für den durchschnittlichen Kunden erweckt die weitere Angabe der Sparjahre über das 15. Sparjahr hinaus den Eindruck, er könne jedenfalls mit gleichbleibenden Prämien rechnen, wenn er den Vertrag so lange bespart. Damit ist eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der 25 Sparjahre durch die Beklagte konkludent ausgeschlossen worden. Die Kammer vermag deshalb der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, es sei nur eine exemplarische Fortschreibung der Prämien bis zum 25. Sparjahr erfolgt, die ohne weitere rechtliche Relevanz sei.
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Der streitgegenständliche Prämiensparvertrag vom 16.6.2005 weist eine Prämienstaffel vom 3. - 25. Sparjahr aus, wobei die höchste Prämienstufe von 50 % ab dem 15. Sparjahr erreicht wird und für die weiteren einzelnen Sparjahre jeweils bis zum 25. Sparjahr die Prämienstufe gleichbleibend mit 50 % angegeben ist. Diesen Vertrag kündigte die Beklagte am 23.9.2020 gegenüber der Klägerin unter Berufung auf ihre unstreitig einbezogenen AGB Nr. 26 ordentlich zum 16.1.2021.
Die Klägerin zog wegen der ordentlichen Kündigung des unbefristeten Prämiensparvertrages vor Gericht. Das AG stellte u.a. fest, dass der Prämiensparvertrag vom 16.6.2005 nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 23.9.2020 zum 16.1.2021 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hielt die Kündigung weiterhin für wirksam. Das AG habe die Entscheidung des BGH vom 14.5.2019 (Az.: XI ZR 345/18) verkannt, denn auch vorliegend sei keine Laufzeitvereinbarung im Sinne einer Mindestlaufzeit erfolgt. Ein Sparanreiz sei nur durch die kontinuierlich steigende Prämienhöhe für den Sparer gegeben. Nach Erreichen der Höchststufe der Prämie sei der Prämienanreiz für den Sparer aber erfüllt worden.
Das LG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Allerdings wurde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zum BGH zugelassen.
Die Gründe:
Ein objektiver Empfänger der AGB konnte die vorliegende Prämienstaffel so verstehen, dass bis zum 25. Sparjahr jedenfalls durch die Beklagte keine ordentliche Kündigung erfolgen kann - mithin ein konkludenter Ausschluss der ordentlichen Kündigung bis zum 25. Sparjahr hier greift.
Das AG hat die BGH-Entscheidung vom 14.5.2019 gerade nicht verkannt und eine Laufzeitvereinbarung im Sinne einer Mindestlaufzeit angenommen. Denn es geht vorliegend nicht um die Annahme einer Mindestlaufzeit, sondern um einen konkludenten Ausschluss der nach den AGB Nr. 26 der Beklagten möglichen ordentlichen Kündigung aus sachlichem Grund durch Wiedergabe einer konkreten Prämienstaffel im Vertrag. Letzteres ist nicht gleichbedeutend mit einer Mindestvertragslaufzeit, welche beide Vertragsparteien verpflichten würde. Insofern hatte der BGH zum Az. XI ZR 345/18 eine andere Klausel zu bewerten, sodass offen ist, wie er hiesige Klausel auslegen würde.
In der Entscheidung zum Az. XI ZR 345/18 hat der BGH einen konkludenten Kündigungsausschluss der Beklagten in der Prämienstaffelangabe bis zum 15. Sparjahr gesehen, wobei im 15. Sparjahr die höchste Prämienstufe erreicht wurde. Im hiesigen Rechtsstreit ist zwar auch die höchste Prämienstufe im 15. Sparjahr erreicht, jedoch sind die weiteren Prämien für die Sparjahre bis zum 25. Sparjahr ausdrücklich für jedes weitere Jahr gleichbleibend mit 50 % angegeben. Wenn der BGH einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts der Bank bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe annimmt, wenn keine weiteren Sparjahre angegeben werden, dann muss aus Sicht der Kammer auch ein Kündigungsausschluss bis zum 25. Sparjahr angenommen werden, wenn die nachfolgenden Sparjahre 15 bis 25 im Einzelnen angegeben werden, auch, wenn bereits die höchste Prämienstufe erreicht worden ist.
Auch ist der Prämienanreiz nicht mit Erreichen der Höchststufe für den Sparer erfüllt. Natürlich ist auch in den Jahren 15 bis 25 noch ein Sparanreiz für den Sparer gegeben, wenn er die Prämie von 50 % weiterhin erhält. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Beklagte die Folgejahre nach Erreichen der höchsten Prämienstufe explizit abdrucken sollte, wenn sie nicht hierdurch einen weiteren Sparanreiz durch die Prämienzahlungen bei ihren Kunden erwecken habe wollen. Die Beklagte hätte den weiteren Abdruck der Folgejahre 15 bis 25 mit Prämie 50 % einfach weglassen können. Für den durchschnittlichen Kunden erweckt die weitere Angabe der Sparjahre über das 15. Sparjahr hinaus den Eindruck, er könne jedenfalls mit gleichbleibenden Prämien rechnen, wenn er den Vertrag so lange bespart. Damit ist eine ordentliche Kündigung vor Ablauf der 25 Sparjahre durch die Beklagte konkludent ausgeschlossen worden. Die Kammer vermag deshalb der Auffassung der Beklagten nicht zu folgen, es sei nur eine exemplarische Fortschreibung der Prämien bis zum 25. Sparjahr erfolgt, die ohne weitere rechtliche Relevanz sei.
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