Kunstfreiheit kann vor markenrechtlichem Schutz einer Luxus-Handtasche stehen
LG Frankfurt a.M. v. 19.9.2023 - 2-06 O 532/23 u.a.
Der Sachverhalt:
Die Antragsgegnerin ist ein Berliner Modelabel. Sie stellt u.a. Kleider, Röcke, Tops und Taschen her, die charakteristische Merkmale der besagten Luxus-Handtasche aufweisen. Das Label hatte diese Modekreationen auf einer Fashionshow vorgeführt und die dortigen Darbietungen im Internet sowie auf sozialen Netzwerken beworben.
Die Antragstellerin und Herstellerin der Luxus-Tasche hat gerichtlich verlangt, der Antragsgegnerin diese Darstellungen zu untersagen. Die Designerinnen des Berliner Labels beriefen sich demgegenüber auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit. Ihre Modekreationen, in denen die prägenden Merkmale der Luxus-Handtasche aus dem Modekonzern der Antragstellerin gespiegelt werden, seien Teil einer Inszenierung. Es solle damit u.a. auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von sog. "Sugar Daddys" schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus.
Das LG hat die zwei Eilanträge zurückgewiesen. Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
Die Gründe:
Die Antragstellerin kann sich nicht mit Erfolg auf europäischen Markenrechtsschutz berufen.
Es war zunächst eine Abwägung erforderlich zwischen dem Eigentumsrecht der Herstellerin der Luxus-Handtasche und der Kunstfreiheit der Antragsgegnerin. Denn auch die Beschäftigung mit einer Marke kann von der Kunstfreiheit erfasst sein. Und das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse der Antragsgegnerin an der Darbietung ihrer Fashionshow überwog im vorliegenden Fall.
Die Antragsgegnerin will mit ihren Kleidern und Taschen darauf hinweisen, dass Frauen von Männern zum Objekt degradiert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen würden. Demnach würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen. Sie würden Männer als "menschliche Bank" für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von ihnen Luxus-Taschen schenken ließen. In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung,
Außerdem wird die Marke der Antragstellerin nicht verunglimpft oder herabgesetzt. Vielmehr dient sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern. Die Anlehnung an die Luxus-Handtasche der Antragstellerin ist letztlich nur ein Teil der gesamten Inszenierung.
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Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213
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LG Frankfurt a.M. - PM v. 12.10.2023
Die Antragsgegnerin ist ein Berliner Modelabel. Sie stellt u.a. Kleider, Röcke, Tops und Taschen her, die charakteristische Merkmale der besagten Luxus-Handtasche aufweisen. Das Label hatte diese Modekreationen auf einer Fashionshow vorgeführt und die dortigen Darbietungen im Internet sowie auf sozialen Netzwerken beworben.
Die Antragstellerin und Herstellerin der Luxus-Tasche hat gerichtlich verlangt, der Antragsgegnerin diese Darstellungen zu untersagen. Die Designerinnen des Berliner Labels beriefen sich demgegenüber auf ihre Kunst- und Meinungsfreiheit. Ihre Modekreationen, in denen die prägenden Merkmale der Luxus-Handtasche aus dem Modekonzern der Antragstellerin gespiegelt werden, seien Teil einer Inszenierung. Es solle damit u.a. auf weibliche Klischees hingewiesen werden, wonach sich Frauen diese Luxus-Handtaschen von sog. "Sugar Daddys" schenken ließen. Die Akzeptanz dieses Vorurteils sei eine Form von Feminismus.
Das LG hat die zwei Eilanträge zurückgewiesen. Die Entscheidungen sind rechtskräftig.
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Es war zunächst eine Abwägung erforderlich zwischen dem Eigentumsrecht der Herstellerin der Luxus-Handtasche und der Kunstfreiheit der Antragsgegnerin. Denn auch die Beschäftigung mit einer Marke kann von der Kunstfreiheit erfasst sein. Und das in der Kunstfreiheit wurzelnde Interesse der Antragsgegnerin an der Darbietung ihrer Fashionshow überwog im vorliegenden Fall.
Die Antragsgegnerin will mit ihren Kleidern und Taschen darauf hinweisen, dass Frauen von Männern zum Objekt degradiert und als gesellschaftliche Accessoires angesehen würden. Demnach würden sich Frauen emanzipieren, indem sie genau diese Rolle einnähmen. Sie würden Männer als "menschliche Bank" für ihre Zwecke nutzen, wenn sie sich von ihnen Luxus-Taschen schenken ließen. In dieser überspitzten gesellschaftlichen Darstellung tragen Frauen die Kleidungsstücke, die an die Luxus-Tasche der Antragstellerin erinnern, in aufreizender und lasziver Art an der Grenze zu Kitsch und Geschmacklosigkeit. Hierbei ist das Spiel zwischen primitiver Direktheit und ultimativen Luxusgütern essenzieller Bestandteil der Darbietung,
Außerdem wird die Marke der Antragstellerin nicht verunglimpft oder herabgesetzt. Vielmehr dient sie als ein gesellschaftlich angestrebter Bezugspunkt von Luxusgütern. Die Anlehnung an die Luxus-Handtasche der Antragstellerin ist letztlich nur ein Teil der gesamten Inszenierung.
Aufsatz:
Das Einheitspatentsystem
Aloys Hüttermann, IPRB 2022, 213
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