10.09.2014

Mehrdeutige Tiefpreisgarantie kann irreführende Werbung darstellen

Sind in einer Werbeankündigung zwei unterschiedliche Garantieversprechen miteinander verknüpft, wobei sich der Unternehmer das Wahlrecht vorbehält, der Verbraucher aber erwartet, dass er in jedem Fall die von ihm gewünschte Ware zum günstigsten Preis erhält, was nach dem Wortlaut der Garantiezusage jedoch nicht sichergestellt ist, so ist die Werbung irreführend und damit wettbewerbswidrig. Die Rückgabe des Gerätes gegen Erstattung des Kaufpreises führt in einem solchen Fall zu einer Art "Nullsummenspiel".

OLG Hamburg 13.2.2014, 5 U 160/11
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein Verband i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen. Die Beklagte betreibt einen Elektrofachmarkt in Hamburg. Auf der Internetseite des Y-Marktes wurde ein sog. Power Service der Y-Märkte u.a. mit der Aussage beworben:

"Tiefpreisgarantie.
Ihr Vorteil ist unser Versprechen: Sollten Sie innerhalb von 14 Tagen ein bei uns gekauftes Produkt - bei gleicher Leistung und in unserer Region - günstiger sehen, erstatten wir ihnen den Differenzbetrag oder nehmen das Gerät zurück."

Wie sich aus der weiteren Internetdarstellung ergab, sollte sich dieses Angebot auf sämtliche Y-Märkte in Deutschland beziehen, mithin auch auf die Beklagte des vorliegenden Verfahrens.

Das Unternehmen U. warb in dem maßgeblichen Zeitraum, im September 2010, für einen Longhi Espresso-Vollautomaten zu einem Preis von 499 €. Ein Kunde suchte daraufhin den Markt der Beklagten auf und verlangte unter Vorlage des Werbeprospektes der U. die Überlassung eines Longhi Espresso-Vollautomaten zum Preis von 499 €. Dieses Produkt war in dem Markt der Beklagten zu einem Preis von 749 € angeboten worden. Diesem Ansinnen kam die Beklagte nicht nach. Der Kläger nahm die Beklagte daraufhin auf Unterlassung wegen einer angeblich irreführenden Werbung und auf Erstattung der Abmahnkosten in Anspruch.

Die Beklagte hielt dagegen, bei der Garantie handele es sich um eine eigene freiwillige Leistung, deren Regeln sie selbst - und nicht der Kunde - bestimmen könne. Diese setze nicht nur bei ihr, sondern auch in gleichartigen Gestaltungen ihrer Mitbewerber stets zunächst den Kauf eines Produkts bei ihr, der Beklagten, voraus.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hob das OLG das erstinstanzliche Urteil auf und gab der Klage statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die von der Beklagten beworbene Tiefpreisgarantie war aufgrund ihres Wortlauts bereits aus sich heraus gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG irreführend und damit wettbewerbswidrig.

Der zweite Satzteil der Werbung beschrieb den typischen Fall einer "Geld-zurück-Garantie". Bei dieser Einstandsverpflichtung wollte die Beklagte gerade nicht den tiefsten Preis garantieren und dem Kunden den Nachteil ausgleichen, den er erlitt, wenn er bei der Beklagten zuvor das gleiche Produkt zu einem höheren Preis erworben hatte. Mit diesem selbstständigen Garantieversprechen verpflichtete sich die Beklagte vielmehr, den Kunden so zu stellen, als habe er nie einen Kauf bei ihr getätigt, indem sie dem Kunden gegen Rückgabe der Ware den Kaufpreis erstattete. Damit übernahm sie jedoch keine Tiefpreisgarantie, da sie gerade nicht mit dem tieferen Preis der Konkurrenz "mitging". Vielmehr ermöglichte sie dem Kunden nur, sich von dem bei ihr geschlossenen Rechtsgeschäft wieder lösen zu können.

Als Folge davon hatte der Kunde jedoch nichts in der Hand, insbesondere nicht das gewünschte Produkt zu dem günstigen Preis. Er musste vielmehr nunmehr zusätzlich noch das Konkurrenzunternehmen aufsuchen, in der Hoffnung, dass er das Produkt dort weiterhin zu dem beworbenen günstigen Preis erwerben konnte. Wegen dieser abweichenden Gestaltung handelte es sich weder in der Bezeichnung noch der Sache nach um eine "Tiefpreisgarantie". Denn dabei musste die Beklagte weder den Preis der Konkurrenz unterbieten noch andere maßgeblichen finanziellen Nachteile in Kauf nehmen. Die Rückgabe des Gerätes gegen Erstattung des Kaufpreises führte vielmehr für sie zu einer Art "Nullsummenspiel".

Infolgedessen hatte die Beklagte unter der irreführenden Überschrift Tiefpreisgarantie ein Garantieversprechen übernommen, das dieser Bezeichnung nicht gerecht wurde. Trotz der Alternativ-Formulierung "oder" beinhaltete das Versprechen auch nicht die Übernahme einer für den Kunden allein günstigen doppelten Garantie. Denn die Beklagte räumte dem Kunden gerade nicht unmissverständlich das Recht ein, selbst zu entscheiden, von welcher Alternative er Gebrauch machen möchte. Der Wortlaut des als "Tiefpreisgarantie" bezeichneten Garantieversprechens war für den durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher objektiv mehrdeutig.

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