03.02.2023

Mehrweg: Pfandbetrag ist nicht Teil des anzugebenden Verkaufspreises

Generalanwalt Emiliou hat seine Schlussanträge zu der Frage vorgelegt, ob der auf Getränke- und Lebensmittelbehälter erhobene Pfandbetrag als Teil des anzugebenden Verkaufspreises anzusehen ist.

EuGH, C 543/21: Schlussanträge des Generalanwalts vom 2.2.2023
Der Sachverhalt:
Der klagende Verband Sozialer Wettbewerb e. V. ist der Ansicht, dass die beklagte famila-Handelsmarkt Kiel GmbH & Co. KG rechtswidrig gehandelt habe, als sie in der Werbung für Getränke und Joghurts, die in Mehrwegbehältern verkauft wurden, den Preis ohne Pfandbetrag (dessen Höhe in der Werbung ebenfalls, aber gesondert, angegeben worden war) aufgeführt habe. Der Kläger nimmt die Beklagte daher vor den deutschen Gerichten auf Unterlassung und Ersatz einer Abmahnkostenpauschale in Anspruch.

Der mit der Sache befasste BGH hat das Verfahren ausgesetzt und möchte in diesem Zusammenhang vom EuGH wissen, wie der Begriff "Verkaufspreis" im Sinne der Richtlinie 98/6 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse auszulegen ist, und insbesondere, ob dieser Begriff einen Pfandbetrag umfasst, der auf Mehrwegflaschen oder -gläser erhoben wird, in denen Waren wie Getränke oder Joghurts verkauft werden.

Die Gründe:
Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/6/EG über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse ist dahin auszulegen, dass der darin festgelegte Begriff "Verkaufspreis" nicht einen rückerstattbaren Pfandbetrag umfasst, der auf Mehrwegbehälter erhoben wird, in denen die Waren dem Verbraucher angeboten werden.

Das System der Pfandrückerstattung wird durch die Tatsache definiert, dass der Pfandbetrag einen Bestandteil des Preises darstellt, der dem Verbraucher rückerstattet werden kann (und möglicherweise tatsächlich rückerstattet wird). Hierdurch ändert sich - verglichen mit der Situation, in der kein System der Pfandrückerstattung zur Anwendung kommt - die Situation grundlegend, wenn zu klären ist, ob es sich bei dem vom Verbraucher gezahlten Preis um einen endgültigen handelt. Mit anderen Worten, der Umstand, dass der Pfandbetrag im Zeitpunkt des Kaufs sehr wohl ein unvermeidbarer Bestandteil des Preises ist, darf nicht seinen eigentlichen Charakter als rückerstattbarer Bestandteil des Preises verschleiern. Das bedeutet mithin, dass der Pfandbetrag möglicherweise kein Bestandteil des Preises ist, den der Verbraucher schlussendlich zu tragen hat.

In einem breiteren Kontext betrachtet besteht, wenn der Pfandbetrag in den Verkaufspreis eingerechnet wird, die Gefahr, dass die Verbraucher falsche Vergleiche zwischen den für verschiedene Waren berechneten Preisen anstellen, da für einige von ihnen ein Pfand erhoben wird, für andere aber nicht, und da je nach Art des Behälters oder der Ware unterschiedliche Pfandbeträge gelten können.

Was den umweltrechtlichen Kontext anbelangt, so kann ein Verbot (wie es in Deutschland besteht), den Gesamtbetrag des Preises für ein im Rahmen eines Systems der Pfandrückerstattung verkauftes Produkt anzugeben, als eine Modalität angesehen werden, die darauf abzielt, den Verbraucher darauf aufmerksam zu machen, dass der betreffende Behälter recycelt oder wiederverwendet werden kann. Dies ist ein Anreiz für die Verbraucher, derartige Waren auszuwählen, die als umweltfreundlicher angesehen werden. Diese Aussage wird allerdings bei Angabe des Gesamtpreises möglicherweise abgeschwächt, weil bei dieser Art der Preisangabe die Gefahr besteht, dass die Information, dass es sich dabei um ein System der Pfandrückerstattung handelt, in den Hintergrund gerät.

Mehr zum Thema:

Aufsatz:
Die Novellierung der Preisangabenverordnung und ihre Auswirkungen für den Handel
Verena Hoene, IPRB 2022, 123

Rechtsprechung:
Für Getränke muss nicht mit einem Gesamtpreis inklusive Flaschenpfand geworben werden
OLG Köln vom 06.03.2020 - 6 U 89/19
Geert Johann Seelig, IPRB 2020, 152

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