11.01.2024

Missbrauch marktbeherrschender Stellung durch Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes

Generalanwältin Kokott schlägt dem EuGH vor, die gegen Google wegen Bevorzugung des eigenen Preisvergleichsdienstes verhängte Geldbuße von 2,4 Mrd. € zu bestätigen. Google habe, wie von der EU-Kommission festgestellt und vom EuG bestätigt, seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Suchdienste als Hebel eingesetzt, um seinen eigenen Preisvergleichsdienst - durch die bevorzugte Anzeige seiner Ergebnisse - zu begünstigen.

EuGH, C-48/22 P: Schlussanträge der Generalanwältin vom 11.1.2024
Der Sachverhalt:
Die EU-Kommission stellte mit Beschluss vom 27.6.2017 fest, dass Google auf seiner Seite für allgemeine Suchergebnisse die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichsdienstes gegenüber denen konkurrierender Preisvergleichsdienste bevorzugt habe. Google präsentierte nämlich die Suchergebnisse seines Preisvergleichsdienstes an oberster Stelle und - mit attraktiven Bild- und Textinformationen versehen - hervorgehoben in sog. Shopping Units. Die Suchergebnisse konkurrierender Preisvergleichsdienste erschienen dagegen nur an nachrangiger Stelle als blauer Link.

Dies hatte zur Folge, dass die Nutzer die Ergebnisse von Googles Preisvergleichsdienst häufiger anklickten als jene der Konkurrenten. Die damit einhergehende Umleitung des von Googles allgemeiner Ergebnisseite ausgehenden Datenverkehrs beruhte nicht auf einer besseren Qualität von Googles Preisvergleichsdienst. Sie resultierte vielmehr aus der Selbstbevorzugung und Hebelwirkung über Googles allgemeine Ergebnisseite, also der Ausnutzung von Googles beherrschender Stellung auf dem Markt für allgemeine Internetsuchdienste. Die konkurrierenden Preisvergleichsdienste waren aber auf den von Googles allgemeiner Ergebnisseite ausgehenden Datenverkehr angewiesen, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein und auf dem Markt für spezielle Warensuchdienste verbleiben zu können.

Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass Google seine beherrschende Stellung auf den Märkten für allgemeine Internetsuchdienste und für spezielle Warensuchdienste missbraucht habe und verhängte deswegen gegen Google eine Geldbuße i.H.v. rd. 2,4 Mrd. €, für die Alphabet als Googles Alleingesellschafterin i.H.v. rd. 500 Mio. € gesamtschuldnerisch haftet. Google und Alphabet fochten den Kommissionsbeschluss vor dem EuG an.

Das EuG wies die Klage im Wesentlichen ab und bestätigte insbesondere die Geldbuße. Nicht für erwiesen hielt das EuG dagegen, dass das Verhalten von Google auch nur potenzielle wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Markt für allgemeine Suchdienste hatte. Daher erklärte es den Beschluss für nichtig, soweit die Kommission darin auch in Bezug auf diesen Markt eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung festgestellt hatte. Mit dem von Google und Alphabet eingelegten Rechtsmittel beantragen sie, das Urteil des EuG aufzuheben, soweit es ihre Klage abgewiesen hat, und den Kommissionsbeschluss für nichtig zu erklären. Generalanwältin Juliane Kokott schlägt dem EuGH vor, das Rechtsmittel zurückzuweisen und somit die gegen Google verhängte Geldbuße zu bestätigen.

Die Gründe:
Es handelt sich bei der Google vorgeworfenen Selbstbevorzugung um eine eigenständige Form des Missbrauchs durch Anwendung unangemessener Zugangsbedingungen für konkurrierende Preisvergleichsdienste, vorausgesetzt, dass sie zumindest potenzielle wettbewerbswidrige Auswirkungen hat (wie sie die Kommission im vorliegenden Fall in Form einer Verdrängungswirkung auf dem Markt für spezielle Warensuchdienste festgestellt hat). Auf eine solche Form des Missbrauchs sind die strengen Kriterien für die Anerkennung eines Missbrauchs durch die Verweigerung des Zugangs zu einer "wesentlichen Einrichtung" (sog. Bronner-Kriterien) nicht anwendbar.

Die Kommission und das EUG haben zutreffend ausgeführt, dass die Ungleichbehandlung von Konkurrenten durch Selbstbevorzugung unter Einsatz einer Hebelwirkung erfolgte, die darin bestand, dass Google seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internetsuchdienste ausnutzte, um sich auf dem nachgelagerten Markt für spezielle Warensuchdienste Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, auf dem sie (noch) keine solche Stellung innehatte.

Mehr zum Thema:

Wirtschaftsrecht | Gesellschaftsrecht

Unsere Online-Datenbanken im Bereich Wirtschafts- und Gesellschaftsrecht bieten eine ausgezeichnete Kombination aus erstklassigen Fachzeitschriften, Kommentaren und Handbüchern. Damit bekommen Sie Premium-Inhalte, komplett verlinkt, mit komfortabler Navigation und einer einfachen Suche. Hier informieren, vergleichen und testen!
EuGH PM Nr. 4 vom 11.1.2024
Zurück