05.01.2015

Mitarbeiter von Kfz-Versicherungen können keine Sachverständige im Sachverständigenverfahren sein

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird dem mit der Regelung des A.2.18 AKB verfolgten Sinn und Zweck entnehmen, dass ein Mitarbeiter einer der Parteien, also auch ein Mitarbeiter des Versicherers, nicht als Sachverständiger auftreten kann. Das Ziel, die Hinzuziehung eines sach- und fachkundigen Dritten, wird durch die Auswahl eines Mitarbeiters einer Partei als Sachverständigen nicht erreicht.

BGH 10.12.2014, IV ZR 281/14
Der Sachverhalt:
Zwischen den Parteien besteht ein Kfz-Versicherungsvertrag unter Einbeziehung der AKB. Der Kläger hatte von dem Beklagten den Ausgleich eines im Juni 2011 erlittenen Glasbruchschadens an seinem PKW sowie aufgewandter Gutachterkosten verlangt. Die Parteien stritten nur noch über die Fälligkeit und Höhe des klägerischen Anspruchs. So machte der Beklagte geltend, das gem. A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigenverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden.

Nach Anzeige des Schadens bezifferte der Beklagte diesen zunächst auf rund 509 €. Der Kläger zweifelte an der Richtigkeit der Abrechnung und beauftragte daraufhin einen Diplom-Ingenieur mit der Prüfung und erforderlichenfalls mit der Einleitung des Sachverständigenverfahrens. Dieser bezifferte den Schaden mit 1.734 €. Für das Gutachten fielen 437 € an. Der vom Kläger beauftragte Ingenieur forderte den Beklagten zur Benennung seines Ausschussmitglieds für das Sachverständigenverfahren auf.

Der Beklagte korrigierte die von ihm akzeptierte Schadenhöhe auf 1.019 € und benannte den Leiter seiner Sachverständigenabteilung als Ausschussmitglied, den der Ingenieur des Klägers wegen seiner beruflichen Tätigkeit für den Beklagten als befangen ablehnte. Nachdem der Beklagte innerhalb der Zweiwochenfrist kein anderes Ausschussmitglied benannt hatte, berief der vom Kläger beauftragte Ingenieur für den Beklagten einen weiteren Diplom-Ingenieur als Ausschussmitglied. Diese beiden Ingenieure bezifferten den Schaden auf 1.734 €.

Das AG gab der Klage statt; das LG wies sie ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Berufung zurück.

Gründe:
Entgegen der Ansicht des LG ist der Anspruch des Klägers fällig. Das nach A.2.18 AKB vereinbarte Sachverständigen-verfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Der Kläger war danach berechtigt, selbst einen weiteren Sachverständigen zu benennen, nachdem der Beklagte dies trotz Aufforderung und Ablauf von zwei Wochen nicht getan hatte.

Die Frage, ob ein Sachverständiger im Sachverständigenverfahren als befangen abgelehnt werden kann, brauchte hier nicht entschieden werden. Der vom Beklagten benannte Leiter seiner Sachverständigenabteilung war als Mitarbeiter einer der Parteien nicht Sachverständiger i.S.v. A.2.18.2 AKB. Welche Anforderungen an die Person und die Sachkunde eines Sachverständigen zu stellen sind, richtet sich nach den zugrunde liegenden AKB. Diese sind nach ständiger Senatsrechtsprechung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss.

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer konnte aus dem Wortlaut der AKB nur ersehen, dass es sich bei dem Ausschussmitglied um einen Kraftfahrzeugsachverständigen handeln muss, maßgeblich also der technische Sachverstand der Person ist. Er kennt diese Definition des "Kraftfahrzeugsachverständiger" nicht. Mit dem Begriff wird er lediglich ein besonderes Fachwissen verbinden. Da jede Partei einen Sachverständigen zu benennen hat, wird er dem Wortlaut der Klausel nicht entnehmen, dass der jeweils benannte Sachverständige neutral sein muss.

Dem mit der Regelung verfolgten Sinn und Zweck wird er aber entnehmen, dass ein Mitarbeiter einer der Parteien, also auch ein Mitarbeiter des Versicherers, nicht als Sachverständiger auftreten kann. Mit dem Sachverständigenverfahren wird ersichtlich bezweckt, dass die Schadenregulierung möglichst rasch mit sachverständiger Hilfe erledigt wird. Damit ist es unvereinbar, dass der Versicherer oder der Versicherungsnehmer einen Mitarbeiter benennt. Für den Versicherungsnehmer erkennbar soll durch die Beteiligung von Sachverständigen eine dritte, durch Sachkunde ausgewiesene Meinung, jenseits der Ansichten der Parteien, den Schaden bewerten. Das Ziel, die Hinzuziehung eines sach- und fachkundigen Dritten, wird durch die Auswahl eines Mitarbeiters einer Partei als Sachverständigen aber nicht erreicht.

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