24.10.2012

Mitteilung nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG setzt nicht den Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung voraus

Gem. § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG hat das Rechtsbeschwerdegericht den Beigeladenen den Eingang einer Rechtsbeschwerde gegen einen Musterentscheid mitzuteilen, wenn diese an sich statthaft ist und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt wurde. Der Eingang der Rechtsbeschwerdebegründung muss nicht abgewartet werden, um die Mitteilung veranlassen zu können.

BGH 2.10.2012, XI ZB 12/12
Der Sachverhalt:
Das OLG erließ am 16.5.2012 den verfahrensgegenständlichen Musterentscheid. Dieser wurde dem Musterkläger am 24.5.2012 und der Musterbeklagten am 25.5.2012 zugestellt. Gegen den Musterentscheid legten der Musterkläger, die Musterbeklagte und 136 auf Seiten des Musterklägers Beigeladene Rechtsbeschwerde ein. Die Rechtsbeschwerde des Musterklägers ging am 20.6.2012 ein, die der Musterbeklagten am 25.6.2012. Bislang wurde keine der eingelegten Rechtsbeschwerden begründet.

Der Musterkläger ist der Auffassung, die Voraussetzungen für die Vornahme der nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG vorgeschriebenen Mitteilung über den Eingang der Rechtsbeschwerde seien derzeit noch nicht gegeben. § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG setze eine zulässige Rechtsbeschwerde voraus. Da die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerden erst abschließend geprüft werden könne, wenn diese begründet seien, müsse der Eingang der Rechtsbeschwerdebegründungen abgewartet werden. Nur dann sei es den Beigeladenen möglich, sachgerecht darüber zu entscheiden, ob ihr Beitritt zum Rechtsbeschwerdeverfahren erforderlich sei.

Der BGH entschied, dass Mitteilung über den Eingang der Rechtsbeschwerde im Klageregister zu veranlassen ist.

Die Gründe:
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG hat das Rechtsbeschwerdegericht den Beigeladenen den Eingang einer Rechtsbeschwerde mitzuteilen, wenn diese an sich statthaft und in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt wurde. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die Unterrichtung der Beigeladenen nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG zu veranlassen, ist umstritten. Nach einer Ansicht sollen außer der Statthaftigkeit, der Form und der Frist der eingelegten Rechtsbeschwerde keine weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie etwa die Beschwer, zu prüfen sein. Zur Begründung wird ausgeführt, in § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG stehe anders als in § 522 Abs. 1, § 552 Abs. 1 und § 577 Abs. 1 ZPO nicht die Zulässigkeit des Rechtsmittels insgesamt auf dem Prüfstand. Die Gegenauffassung, auf die sich der Musterkläger stützt, verlangt demgegenüber eine insgesamt zulässige Rechtsbeschwerde, die form- und fristgerecht begründet worden ist.

Im Ergebnis ist keiner der beiden Auffassungen zu folgen. Insbes. muss die Rechtsbeschwerdebegründung nicht abgewartet werden, um die Mitteilung nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG vornehmen zu können. Dem stehen auch unter Berücksichtigung des weitergehenden Vorbringens des Musterklägers Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Vorschrift entgegen. Entsprechend der bisherigen Praxis des BGH hat die Mitteilung vielmehr zu erfolgen, sobald gegen den Musterentscheid Rechtsbeschwerde durch einen beschwerdeberechtigten Beteiligten des Musterverfahrens (§ 15 Abs. 1 S. 4, § 8 Abs. 1 KapMuG) in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt worden ist (§ 575 Abs. 1 ZPO) und der Rechtsbeschwerdeführer auch beschwert ist.

Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen indessen vor Vornahme der Mitteilung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 KapMuG nicht gegeben sein. Vor allem setzt § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG nicht voraus, dass die Rechtsbeschwerdebegründung erfolgt ist. Einem solchen Verständnis steht bereits der  unmissverständliche Wortlaut des § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus systematischen Gründen oder teleologischer Interpretation der Vorschrift. Gemessen daran lagen hier die Voraussetzungen für die Vornahme der nach § 15 Abs. 2 S. 1 KapMuG notwendigen Mitteilung vor.

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