02.04.2013

Mobilfunkvertrag: 10-Euro-Pauschale für Rücklastschrift zu hoch

Mobilfunkanbieter dürfen in ihren AGB keine Schadenspauschale für Rücklastschriften i.H.v. 10 € oder mehr verlangen. Äußerstenfalls kann ein linearer Mittelwert zwischen den Mindestbankgebühren und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren zugrunde gelegt werden, zzgl. etwaiger Benachrichtigungskosten.

Schleswig-Holsteinisches OLG 26.3.2013, 2 U 7/12
Der Sachverhalt:
Der klagende Deutschen Verbraucherschutzverein verlangt vom beklagten Mobilfunkanbieter, Klauseln in seinen AGB zu unterlassen, die für Rücklastschriften eine Schadenspauschale i.H.v. 10 € und mehr festlegen.

Der Mobilfunkanbieter verlangte zunächst in seinen AGB für eine vom Kunden zu vertretene "Rücklastschrift" eine Schadenspauschale i.H.v. 20,95 €. Der Anbieter setzte im Anschluss an die Abmahnung in zwei Schritten die Schadenspauschale zunächst auf 14,95 € und dann auf 10 € herab. Der Verbraucherschutzverein begehrt mit seiner Klage die Unterlassung der Klausel und die Zahlung der Gewinne an den Bundeshaushalt (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel erzielt hatte.

Das OLG gab der Klage statt.

Die Gründe:
Die beanstandete Klausel in den AGB ist unwirksam, weil die Rücklastschriftpauschale von 10 € den nach dem "gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden" übersteigt (§ 309 Nr.5a BGB).

Die ursprünglich festgelegte Pauschale von 20,95 € überstieg seinerzeit die Pauschalen sämtlicher Konkurrenten des Mobilfunkanbieters. Auch die derzeit festgelegte Pauschale von 10 € ist im Vergleich zu den aktuellen Pauschalen für Rücklastschriften, die einige andere große Mobilfunkanbieter erheben, ungewöhnlich hoch. Der beklagte Mobilfunkanbieter hat zudem nicht schlüssig dargelegt, dass die jetzige Rücklastschriftpauschale von 10 € dem branchentypischen Schaden entspricht, der durch eine Rücklastschrift entsteht. Wollte man dem Kunden die Darlegungs- und Beweislast auferlegen, so würde er dadurch in eine praktisch aussichtlose Beweislast gedrängt, weil er in der Regel auch nicht ansatzweise die ganz in der Sphäre des Verwenders liegenden Kalkulationsprinzipien und -faktoren kennen kann.

Der Mobilfunkanbieter hat nicht dargelegt, dass ihm über die Mindestbankgebühren von 3 € für eine nicht eingelöste oder stornierte Rücklastschrift hinaus durchschnittlich höhere Bankgebühren entstehen. Äußerstenfalls kann ein linearer Mittelwert zwischen den Mindestbankgebühren von 3 € und den höchsten vorgetragenen Bankgebühren von 8,75 € zugrunde gelegt werden, d.h. i.H.v. 5,87 €. Hinzu kommen die Benachrichtigungskosten, die vom Mobilfunkanbieter selbst mit 0,40 € kalkuliert sind, so dass sich allenfalls ein durchschnittlicher Schaden i.H.v. 6,27 € ergibt.

Die vom Mobilfunkanbieter angesetzten Personalkosten und IT-Kosten für die Software, die zur Bearbeitung der Rücklastschriften erforderlich ist, dürfen nicht in die Schadenspauschale eingerechnet werden. Im vertraglichen Schadensersatzrecht gilt der Grundsatz, dass Personalkosten und systembedingte allgemeine Kosten nicht erstattungsfähig sind, die zur weiteren Durchführung und Abwicklung des Vertrags aufgewendet werden. Geltend gemachte Refinanzierungskosten und entgangener Gewinn sind nicht durch die jeweilige Rücklastschrift verursacht, sondern durch einen Zahlungsverzug des Kunden und die unternehmerische Entscheidung, im eigenen Interesse den Kunden nach einer Rücklastschrift zu sperren und so von weiteren Umsätzen auszuschließen.

Zudem besteht ein Gewinnabschöpfungsanspruch zu Gunsten des Bundeshaushalts (§ 10 UWG), weil der Mobilfunkanbieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt hat. Das vorsätzliche Handeln (Eventualvorsatz) ergibt sich u.a. daraus, dass der Mobilfunkanbieter unzulässig hohe Schadenspauschalen nach der Abmahnung und auch nach Zustellung der Entscheidung im vorangegangenen Eilverfahren verlangt hat. Der Mobilfunkanbieter muss nun zunächst Auskunft über die Höhe der erzielten Gewinne durch die unzulässige Schadenspauschale erteilen.

Schleswig-Holsteinisches OLG PM Nr. 6 vom 28.3.2013
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