Mobilfunkvertrag: Verbot von "Pfand" für SIM-Karten und Anspruch auf Gewinnabschöpfung der "Nichtnutzergebühr"
OLG Schleswig 19.3.2015, 2 U 6/14Der 2. Zivilsenat hatte dem beklagten Mobilfunkanbieter bereits mit Urteil vom 3.7.2012 (Az.: 2 U 12/11) untersagt, zwei Klauseln in seinen AGB für Verträge über Mobilfunkleistungen zu verwenden. Diese hatten ihre Kunden unangemessen benachteiligt. Die eine Klausel sah davor, dass die zu Verfügung gestellte SIM-Karte Eigentum des Mobilfunkanbieters verblieb und hierfür eine "Pfandgebühr" von 9,97 € fällig wurde, wenn sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Beendigung des Mobilfunkvertrages zurückgesandt wurde. Die zweite Klausel sah vor, dass dem Kunden eine "Nichtnutzergebühr" i.H.v. 4,95 € in Rechnung gestellt wurde, wenn in drei aufeinanderfolgenden Monaten kein Anruf getätigt bzw. keine SMS versandt wurde. Geklagt hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände.
Nach Erlass dieses Urteils änderte der Beklagte seine AGB dahingehend, dass er nach Beendigung des Mobilfunkvertrages zwar weiterhin ein "Pfand" für eine nicht zurückgeschickte SIM-Karte erhob, der Kunde jedoch die Gebühr erstattet erhielt, wenn er auch nach Ablauf der Frist von 14 Tagen die Karte zurückschickte. Das Unternehmen lässt die zurückgesandten SIM-Karten immer noch fachgerecht vernichten und entsorgen, und zwar direkt nach Eingang. Für die Zeit ab August 2012 erhob der Mobilfunkanbieter keine "Nichtnutzergebühr" mehr.
Der klagende Verbraucherschutzverein im vorliegenden Fall forderte den Mobilfunkanbieter auf, auch die AGB-Klausel zum "Pfand" in der geänderten Fassung zu unterlassen und die Gewinne an den Bundeshaushalt zu zahlen (Abschöpfung), die der Mobilfunkanbieter durch die Verwendung der unwirksamen Klausel zur "Nichtnutzergebühr" erzielt hat. Die Klage war zuletzt vor dem OLG erfolgreich.
Die Gründe:
Auch die Klausel über das "Pfand" für die SIM-Karte in der neuen Fassung ist unwirksam. Sie benachteiligt die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen.
Der beklagte Mobilfunkanbieter hat ersichtlich kein Interesse an der Rückerlangung der gebrauchten SIM-Karten unter dem Gesichtspunkt, dass er diese noch verwenden oder sonst etwas damit anfangen könnte. Schließlich lässt er die zurückgesandten SIM-Karten fachgerecht vernichten und entsorgen, und zwar direkt nach Eingang. Mithilfe der gebrauchten Karten erzielt er keine Einnahmen mehr. Es entstehen vielmehr zusätzliche Kosten für die Entsorgung.
Ein berechtigtes Interesse an der Rückerlangung der Karten konnte der beklagte Mobilfunkanbieter auch in diesem Fall nicht daraus herleiten, dass er auf diese Weise den Missbrauch deaktivierter SIM-Karten verhindern wolle. Schließlich kennt er selbst keinen Fall, in dem aufgrund einer missbräuchlichen Verwendung einer deaktivierten SIM-Karte ein Schaden entstanden ist. Insofern drängte sich der Eindruck auf, dass durch das SIM-Kartenpfand eine zusätzliche Zahlung der Kunden ohne zusätzliche Leistung des Mobilfunkanbieters erreicht werden sollte.
Außerdem besteht ein Anspruch auf Gewinnabschöpfung zu Gunsten des Bundeshaushaltes für den Zeitraum vom 1.6.2011 bis zum 31.7.2012 (§ 10 UWG). Denn mit der Verwendung der unwirksamen Klausel über die Erhebung einer "Nichtnutzergebühr" hatte der Mobilfunkanbieter vorsätzlich eine unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen und hierdurch zulasten einer Vielzahl von Kunden Gewinn erzielt. Das vorsätzliche Handeln (bedingter Vorsatz) ergab sich daraus, dass der Mobilfunkanbieter nach der Abmahnung durch den Verbraucherschutzverein die Klausel weiter verwendet hat, obwohl die Klausel über die "Nichtnutzergebühr" evident unwirksam ist.
Es musste sich dem Mobilfunkanbieter geradezu aufdrängen, dass er von dem Kunden keine zusätzliche Zahlung abverlangen durfte, ohne dass er selbst irgendeine zusätzliche Leistung erbrachte oder der Kunde seinerseits gegen Vertragspflichten verstieß. Dass der Kunde durch den Abschluss eines Mobilfunkvertrages und die Zahlung einer monatlichen Grundgebühr nur das Recht zum Telefonieren erwirbt, nicht aber dazu verpflichtet wird, bedurfte keiner weiteren Ausführungen.