11.02.2014

Mundspüllösungen können zulassungspflichtige Arzneimittel sein

Funktionsarzneimittel sind u.a. Stoffzusammensetzungen, die im menschlichen Körper verwendet werden, um natürliche Lebensvorgänge im Organismus durch eine pharmakologische Wirkung zu beeinflussen. Infolgedessen können auch Mundspüllösungen Arzneimittel sein und dürfen dann nicht ohne arzneimittelrechtliche Zulassung als kosmetische Mittel vertrieben werden.

OLG Hamm 5.12.2013, 4 U 70/13
Der Sachverhalt:
Beide Parteien vertreiben Mundspüllösungen, die Chlorhexidin enthalten. Die Klägerin bringt ihre Mundspüllösungen als zugelassene Arzneimittel in den Verkehr. Die mit ihr konkurrierende Beklagte vertreibt ihre Mundspüllösung mit einer Konzentration von 0,12 % Chlorhexidin als kosmetisches Mittel ohne arzneimittelrechtliche Zulassung.

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Mundspüllösung der Beklagten ein zulassungspflichtiges Arzneimittel sei. Sie verlangte deshalb von ihr, die Bewerbung und den Verkauf ihres Produkts bis zur Erteilung einer arzneimittelrechtlichen Zulassung zu unterlassen. Dies lehnte die Beklagte ab. Sie war der Ansicht, die antibakterielle Wirkung sei lediglich eine kosmetische Wirkung. Der Gesetzgeber verstehe die Wirkung von Chlorhexidin in einer Konzentration von bis zu 0,3% als typisch kosmetische Wirkung.

Das LG verbot der Beklagten, weiter zu Zwecken des Wettbewerbs für ihr Präparat zu werben und/oder dieses Präparat zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Die Gründe:
Die Beklage erfüllt den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG. Infolgedessen steht der der Klägerin ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zu.

Die Beklagte verhält sich unlauter, weil sie ein als Arzneimittel einzustufendes Produkt vertreibt, für das die notwendige arzneimittelrechtliche Zulassung nicht erteilt ist. Die von der Beklagten vertriebene Mundspüllösung stellt ein Funktionsarzneimittel i.S.d. Arzneimittelgesetzes dar und ist damit zulassungspflichtig. Es handelt sich gerade nicht lediglich um ein Produkt i.S.d. der Kosmetikverordnung.

Funktionsarzneimittel sind u.a. Stoffzusammensetzungen, die im menschlichen Körper verwendet werden, um natürliche Lebensvorgänge im Organismus durch eine pharmakologische Wirkung zu beeinflussen. Diese Eigenschaften weist auch die Mundspüllösung der Beklagten auf. Das in ihr in einer Konzentration von 0,12 % enthaltene Chlorhexidin entfaltet eine pharmakologische, weil antibakterielle Wirkung in der Mundhöhle. Es verbleibt dort an der Oberfläche von Mundschleimhaut und Zähnen und macht in der Mundhöhle vorhandene Bakterien unschädlich.

Diese pharmakologische Wirkung ist durchaus geeignet, natürliche Lebensvorgänge im menschlichen Organismus nennenswert zu beeinflussen. Durch die Reduzierung von Keimen in der Mundhöhle werden in Folge bakteriell bedingte Entzündungen des Zahnfleisches gelindert. Eine solche Wirkung kann allein mithilfe mechanischer Mundhygiene wie dem Zähneputzen oder kosmetischer Mittel nicht erzielt werden.

Linkhinweis:

OLG Hamm PM v. 7.2.2014
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