Nachhaltiges Finanzwesen: Neue Vorschläge der Kommission für EU-Taxonomie und ESG-Kriterien
Das Paket im Einzelnen
Delegierte Verordnungen zur EU-Taxonomie
Die EU-Taxonomie ist ein Eckpfeiler des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen und ein wichtiges Instrument für Markttransparenz, das Direktinvestitionen in die Wirtschaftstätigkeiten unterstützt, die für den ökologischen Wandel am dringendsten benötigt werden.
Die Kommission hat im Grundsatz eine Reihe neuer EU-Taxonomiekriterien für Wirtschaftstätigkeiten genehmigt, die einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der nicht klimabezogenen Umweltziele leisten:
- nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen,
- Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
- Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung,
- Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.
Ergänzend hat die Kommission gezielte Änderungen am delegierten Rechtsakt zur EU-Klimataxonomie angenommen, mit denen das Spektrum der Wirtschaftstätigkeiten erweitert wird, die zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen und bisher nicht unter die Taxonomie fielen, insbesondere im Bereich des verarbeitenden Gewerbes und im Verkehrssektor. Durch die Berücksichtigung weiterer Wirtschaftstätigkeiten, die alle sechs Umweltziele abdecken, werden noch mehr Wirtschaftszweige und Unternehmen in die EU-Taxonomie einbezogen, sodass sie noch besser genutzt werden kann und ihr Potenzial für eine Ausweitung nachhaltiger Investitionen in der EU gesteigert wird.
Die Kriterien stützen sich weitgehend auf die im März und November 2022 veröffentlichten Empfehlungen der Plattform für ein nachhaltiges Finanzwesen. Die Kommission hat zudem Änderungen am delegierten Taxonomie-Rechtsakt der EU über die Offenlegungspflichten angenommen, um die Offenlegungspflichten mit Blick auf die zusätzlichen Tätigkeiten zu präzisieren.
Vorschlag für eine Verordnung über Anbieter von ESG-Ratings (Umwelt, Soziales und Governance)
ESG-Ratings spielen auf dem EU-Markt für nachhaltige Finanzierungen eine wichtige Rolle, da sie Anlegern und Finanzinstituten beispielsweise Aufschluss darüber geben, wie sich Anlagestrategie und Risikomanagement mit Blick auf ESG-Faktoren gestalten.
Am ESG-Ratingmarkt mangelt es derzeit an Transparenz. Die Kommission schlägt daher eine Verordnung vor, um die Zuverlässigkeit und Transparenz von ESG-Ratings zu verbessern. Neue organisatorische Grundsätze und klare Regeln zur Vermeidung von Interessenkonflikten werden für mehr Integrität hinsichtlich der Tätigkeiten von ESG-Ratinganbietern sorgen.
Diese neuen Vorschriften werden Anleger in die Lage versetzen, bei nachhaltigen Investitionen fundiertere Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus ist in dem Vorschlag vorgesehen, dass Anbieter von ESG-Ratings, die Anlegern und Unternehmen in der EU Dienstleistungen anbieten, von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zugelassen und beaufsichtigt werden müssen. Dadurch wird auch die Qualität und Verlässlichkeit ihrer Dienstleistungen gewährleistet, sodass die Investoren geschützt sind und die Marktintegrität gewahrt bleibt.
Verbesserung der Nutzbarkeit
Die Kommission legt außerdem einen Überblick über die jüngsten Maßnahmen und Instrumente vor, die vorgeschlagen wurden, um die zentralen Aspekte der Umsetzung und die von den Interessenträgern aufgeworfenen Fragen anzugehen. Aus der frühzeitigen Berichterstattung geht hervor, dass Unternehmen in allen wichtigen Wirtschaftssektoren bei ihren Bemühungen hinsichtlich der Gestaltung des Übergangs zunehmend auf die EU-Taxonomie zurückgreifen. So zeigt beispielsweise in diesem Jahr die erste Berichterstattung von Unternehmensseite über die Taxonomie ermutigende Trends bei großen Nichtfinanzunternehmen, und viele Unternehmen melden bessere Werte bei der Taxonomiekonformität, insbesondere bei ihren Investitionsausgaben.
In einem ersten Schritt hat die Kommission kürzlich eine Reihe gezielter Maßnahmen und Initiativen ausgearbeitet, damit die Vorschriften noch besser genutzt werden können und die Interessenträger bei der Umsetzung unterstützt werden. Außerdem veröffentlicht die Kommission einen Benutzerleitfaden zur EU-Taxonomie für Laien. Die Unterstützung der Unternehmen und des Finanzsektors bei der Umsetzung der EU-Taxonomie und des Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen wird künftig eine zentrale Priorität der Kommission sein.
Finanzierung des Übergangs
Das Paket soll ebenfalls aufzeigen, wie der EU-Rechtsrahmen wirksam genutzt werden kann, um die Finanzierung des Übergangs zu erleichtern. Die heutigen Empfehlungen zur Finanzierung des Übergangs sollen den Unternehmen und dem Finanzsektor als Orientierungshilfe dienen und Praxisbeispiele enthalten. Anhand der Beispiele soll gezeigt werden, wie die verschiedenen Instrumente des EU-Rahmens für ein nachhaltiges Finanzwesen von Unternehmen auf freiwilliger Basis genutzt werden können, um die Investitionen in den Übergang zu lenken und die Risiken zu bewältigen, die sich aus dem Klimawandel und der Umweltzerstörung ergeben. Ziel ist es, die Finanzierung des Übergangs zu erleichtern, und zwar nicht nur für Unternehmen, die bereits über eine solide Nachhaltigkeitsbilanz verfügen, sondern auch für Unternehmen, die sich an unterschiedlichen Ausgangspunkten befinden, wobei glaubwürdige Pläne oder Ziele zur Verbesserung ihrer Nachhaltigkeitsleistung dargelegt werden sollen. Ferner wird anerkannt, dass kleine und mittlere Unternehmen vor spezifischen Herausforderungen stehen, die angegangen werden müssen.
Hintergrund und weiteres Vorgehen
Die delegierten Rechtsakte zur EU-Taxonomie werden grundsätzlich gebilligt, und - sobald sie in allen Amtssprachen der EU vorliegen - angenommen und dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung übermittelt (Viermonatszeitraum, einmal verlängerbar um zwei weitere Monate). Sie werden voraussichtlich ab Januar 2024 Anwendung finden.
Was den Vorschlag für eine Verordnung über Anbieter von ESG-Ratings betrifft, so wird die Kommission nun Gespräche mit dem Europäischen Parlament und dem Rat aufnehmen.
Das vorgelegte Paket folgt auf die vierwöchige Rückmeldungsfrist, die am 9. Juni begonnen hat und in der zu ersten Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Unternehmen Stellung genommen werden kann. Verbindliche Standards für die Berichterstattung werden dafür sorgen, dass Nachhaltigkeitsinformationen transparent und vergleichbar sind. Die Kommission wird die eingegangenen Rückmeldungen berücksichtigen, bevor sie die Standards als delegierte Rechtsakte fertigstellt und dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung unterbreitet. Nach ihrer Annahme werden diese Standards für die Berichterstattung von Unternehmen verwendet, die der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) unterliegen. Dies ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer nachhaltigen EU-Wirtschaft.
Mehr zum Thema:
Beratermodul Kapitalmarktrecht:
Diese umfangreiche Online-Bibliothek liefert Premium-Fachwissen zum Kapitalmarktrecht. 4 Wochen gratis nutzen!