Nicht jede für die Masse nachteilige Rechtshandlung des Verwalters ist insolvenzzweckwidrig
BGH 10.1.2013, IX ZR 172/11Der Kläger ist Verwalter in dem im April 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der B-GmbH & Co. oHG. Diese war erst im Januar 2006 gegründet worden und bestand aus den Gesellschafterinnen G-GmbH und R-GmbH. Die G-GmbH ist ebenfalls insolvent. Der Beklagte ist ihr Gesellschafter und Geschäftsführer. Er hatte mit ihr im Jahr 1985 eine Pensionsvereinbarung getroffen. Die GmbH hatte zur Sicherung des Anspruchs zunächst einen Vertrag über eine Lebensversicherung geschlossen und den Anspruch hieraus an den Beklagten verpfändet. Im Jahr 2005 kündigte der Beklagte namens der GmbH sowie im eigenen Namen den Versicherungsvertrag und ließ den Rückkaufwert auf ein Geldmarktkonto der GmbH überweisen. Einen Teil des Erlöses legte die GmbH in Wertpapieren an. Im September 2005 verpfändete die GmbH dem Beklagten zur Sicherung des Pensionsanspruchs das Wertpapierdepot sowie das Geldmarktkonto.
Der Kläger hat die Verpfändung in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH angefochten. Das LG verurteilte den Beklagten dazu, der Aufhebung des zu seinen Gunsten begründeten Pfandrechts zuzustimmen; das OLG wies die Klage ab. Es war der Ansicht, die Abtretung des Anspruchs des Verwalters der G-GmbH sei unwirksam. Auf die Revision des Klägers, hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache an das OLG zurück. Dieses wies die Klage erneut ab. Es folgte eine weitere Revision, mit der der Kläger den Anfechtungsanspruch aus abgetretenem Recht des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH weiter begehrte. Die Revision war erfolgreich.
Die Gründe:
Die Abtretung des Anfechtungsanspruchs war nicht insolvenzzweckwidrig und nichtig.
Voraussetzung für die Unwirksamkeit der Handlung des Verwalters ist außer einer objektiven Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit, dass sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen musste. Mit dem grundsätzlichen Rückgriff auf die Regeln zum Missbrauch der Vertretungsmacht könnte den Interessen an einem hinreichenden Schutz der Masse einerseits und an dem gebotenen Vertrauensschutz des redlichen Geschäftspartners andererseits jeweils in angemessener Weise Rechnung getragen werden. Der Schutz des Rechtsverkehrs gebietet es, nicht jede für die Masse nachteilige Rechtshandlung des Verwalters als unwirksam anzusehen.
Diese Grundsätze galten auch im vorliegenden Fall der Abtretung des aus einer Insolvenzanfechtung folgenden Rückgewähranspruchs. Die Abtretung stand nicht im offensichtlichen Widerspruch zum Zweck des Insolvenzverfahrens der GmbH, deren Gläubiger gleichmäßig zu befriedigen. Der Anspruch wurde dem Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH vom hiesigen Kläger streitig gemacht; er wurde (und wird) überdies auch vom hiesigen Beklagten insgesamt bestritten. Die Entscheidung des Verwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen der G-GmbH, dem Kläger die Durchsetzung der Forderung zu überlassen und sich nur eine Erlösbeteiligung vorzubehalten, statt sich sowohl mit dem Kläger als auch mit dem Beklagten streitig auseinanderzusetzen, entbehrte angesichts dessen nicht jeglicher tatsächlicher und rechtlicher Grundlage. Auf mehr kam es hier nicht an.
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