14.08.2014

Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG setzt keine hervorgehobene Darstellung der vermeintlichen Besonderheit des Angebots voraus

Der Tatbestand von Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG setzt keine hervorgehobene Darstellung der vermeintlichen Besonderheit des Angebots, sondern lediglich voraus, dass beim Verbraucher der unrichtige Eindruck erweckt wird, der Unternehmer hebe sich bei seinem Angebot dadurch von den Mitbewerbern ab, dass er dem Verbraucher freiwillig ein Recht einräume. Eine gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG irreführende Werbung mit liegt nicht vor, wenn die im Gewährleistungsfall bestehenden Ansprüche nicht als etwas Ungewöhnliches herausgestellt, sondern als selbstverständlich bestehend bezeichnet werden.

BGH 19.3.2014, I ZR 185/12
Der Sachverhalt:
Die Parteien stehen beim Internethandel mit Drucker- und Computerzubehör miteinander in Wettbewerb. Die Beklagte warb im Februar 2011 auf ihrer Internetseite für Druckerzubehör - insbes. im Hinblick auf die Verwendung von kompatiblem Verbrauchsmaterial - mit verschiedenen Angaben. U.a. handelt es sich dabei um folgende Aussagen:
  • Sollten Sie mit einem kompatiblen Produkt nicht zufrieden sein, haben Sie eine 14-tägige Geld-Zurück-Garantie. Das Porto der Rücksendung übernehmen wir.
  • Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistung von zwei Jahren.
  • Der Versand der Ware erfolgt auf Risiko von P.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte handele unter dem Gesichtspunkt der Herausstellung bestehender Verbraucherrechte als Besonderheit sowie der Werbung mit Selbstverständlichkeiten im Hinblick auf diese drei im Werbetext enthaltenen Aussagen wettbewerbswidrig (Unterlassungsantrag I 4 Punkte 1 bis 3):

Das LG gab der Klage statt, verurteilte die Beklagte u.a. zur Unterlassung der Verwendung der drei angegriffenen Aussagen sowie zur Auskunftserteilung und stellte die Schadensersatzpflicht der Beklagten fest. Das OLG wies die Klage ganz überwiegend ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Urteil des OLG insoweit auf, als u.a. die Klage mit den Unterlassungsanträgen zu I 4 Punkt 1 (Geld-Zurück-Garantie) und I 4 Punkt 3 (Risiko des Warenversands), mit den hierauf bezogenen Anträgen auf Auskunft und Schadensersatzfeststellungabgewiesen worden ist, und wies die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG insoweit zurück.

Die Gründe:
Das OLG hat in Bezug auf die Unterlassungsanträge zu I 4 Punkt 1 und 3 einen Verstoß gegen die Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG jeweils mit der Begründung verneint, es fehle an der dafür erforderlichen hervorgehobenen Darstellung der vermeintlichen Besonderheit des Angebots der Beklagten. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Eine unzulässige geschäftliche Handlung ist nach Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar. Aus der Vorschrift ergibt sich kein Anhalt für das vom OLG angenommene Erfordernis einer hervorgehobenen Darstellung. Eine hervorgehobene Angabe wird daher weder im deutschen Recht noch im für dessen Auslegung maßgeblichen Unionsrecht vorausgesetzt. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr jeweils, dass beim Verbraucher der unrichtige Eindruck erweckt wird, der Unternehmer hebe sich bei seinem Angebot dadurch von den Mitbewerbern ab, dass er dem Verbraucher freiwillig ein Recht einräume.

Danach erweisen sich die mit den Unterlassungsanträgen zu I 4 Punkt 1 und 3 angegriffenen Aussagen in der Werbung der Beklagten als nach Nr. 10 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG unzulässig. Die "14-tägige Geld-Zurück-Garantie" gem. Punkt 1 des Unterlassungsantrags geht weder über das bei Fernabsatzverträgen für Verbraucher nach § 312c BGB grundsätzlich zwingend bestehende Widerrufsrecht gem. § 355 BGB noch über das dem Verbraucher vom Unternehmer wahlweise an dessen Stelle einzuräumende Rückgaberecht gem. § 356 BGB hinaus. Die gem. Punkt 3 des Unterlassungsantrags beanstandete Aussage über die Risikotragung beim Versand der Ware entspricht der nach § 475 Abs. 1 BGB zwingenden Regelung in § 474 Abs. 2 S. 2 BGB. Danach ist bei einem Verbrauchsgüterkauf die Vorschrift des § 447 BGB nicht anzuwenden. Daher geht die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterung erst dann auf den Verbraucher über, wenn dieser den Besitz an der Sache erlangt hat oder in Annahmeverzug geraten ist.

Vorliegend wird der Eindruck hervorgerufen, die "Geld-Zurück-Garantie" und die Regelung über die Risikotragung beim Versand seien freiwillige Leistungen der Beklagten und stellten insoweit Besonderheiten ihres Angebots dar. Dies folgt aus der Wiedergabe der beiden beanstandeten Aussagen unter den Vorzügen kompatiblen Verbrauchsmaterials, durch die der Eindruck einer freiwilligen Leistung erweckt wird. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass in unmittelbarem Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Angaben die Gewährleistung von zwei Jahren ausdrücklich als ein gesetzliches Recht bezeichnet wird, das selbstverständlich gilt.

Anders verhält es sich bei der mit dem Unterlassungsantrag zu I 4 Punkt 2 angegriffenen Werbeaussage "Für alle Produkte gilt selbstverständlich ebenfalls die gesetzliche Gewährleistungsfrist von 2 Jahren". Mit dieser Formulierung wird für den angesprochenen Verbraucher klargestellt, dass er von der Beklagten insoweit keine Rechte eingeräumt bekommt, die ihm nicht schon kraft Gesetzes zustehen. In dieser Hinsicht liegt auch keine gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 UWG, Art. 6 Abs. 1 Buchst. g der Richtlinie 2005/29/EG irreführende Werbung mit bei Leistungsstörungen selbstverständlich bestehenden Gewährleistungsansprüchen vor; denn die dann bestehenden Ansprüche werden nicht als etwas Ungewöhnliches herausgestellt, sondern als selbstverständlich bestehend bezeichnet.

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