Nutzungsausfallentschädigung bei dem vorübergehenden Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs?
BGH v. 6.12.2018 - VII ZR 285/17Der Kläger betreibt ein Beton- und Natursteinwerk. Er begehrt von der Beklagten, einer Nutzfahrzeugwerkstatt, aufgrund eines Werkvertrags Schadensersatz für die Folgen eines Motorschadens an seinem Kipplader mit Kran. Infolge des Motorschadens, der durch eine von der Beklagten mangelhaft durchgeführte Reparatur hervorgerufen wurde, konnte der Kläger das Fahrzeug in der Zeit vom 22.12.2011 bis 21.2.2013 nicht nutzen. Ab dem 9.8.2012 stand ihm ein mit einem Kran nachgerüsteter Ersatzlastkraftwagen zur Verfügung.
Der Kläger verlangt soweit für die Revision noch von Bedeutung u.a. Schadensersatz für den zeitweiligen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit des Kippladers mit Kran. Er macht einen Mehraufwand für Montagearbeiten i.H.v. 1.500 € geltend, der dadurch entstanden sei, dass normalerweise durch den Kran erbrachte Be- und Entladungen von Material sowie Haltearbeiten händisch hätten erfolgen müssen. Einzelne Transporte habe er durch eine Drittfirma durchführen lassen, wofür er 3.600 € netto gezahlt habe. Außerdem begehrt der Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 735 € monatlich (14 x 735 € = 10.290 €).
LG und OLG gaben der Klage teilweise statt, sprachen dem Kläger Schadensersatz für die Kosten der fremdvergebenen Transportarbeiten abzgl. eines Eigenanteils, insgesamt 3.000 € netto, zu und wiesen die Klage hinsichtlich der beiden übrigen Forderungen ab. Der Mehraufwand für Montagearbeiten sei nicht schlüssig dargelegt. Die Revision des Klägers hatte vor dem BGH keinen Erfolg.
Die Gründe:
Im Ergebnis zu Recht hat das OLG einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. rd. 5.500 € nebst Zinsen für den Ausfall seines Fahrzeugs in der Zeit vom 22.12.2011 bis 8.8.2012 verneint.
Entgegen der Revision war es dem Kläger möglich, die wirtschaftliche Beeinträchtigung zu beziffern, die durch den zeitweiligen Verlust der Gebrauchsmöglichkeit seines Fahrzeugs entstanden ist, auch wenn sie sich nicht unmittelbar in einer Minderung des Gewerbeertrags niedergeschlagen hat. Das Fahrzeug wurde im Gewerbebetrieb nutzbringend auf eine Weise eingesetzt, dass aufgezeigt werden kann, ob und wie sich sein vorübergehender Ausfall schädigend ausgewirkt hat, weil Vermögensminderungen entstanden oder Vermögensmehrungen ausgeblieben sind.
Dem hat der Kläger im Streitfall Rechnung getragen und dargestellt, dass sich der Entzug der Gebrauchsmöglichkeit gewinnmindernd ausgewirkt hat. Er hat als Schaden zum einen die Mehrkosten durch die Fremdvergabe von Transportleistungen und zum anderen - wenn auch, wie die Vorinstanzen angenommen haben, unschlüssig die Kosten des Einsatzes der Arbeitskräfte zur Kompensation der fehlenden Kranunterstützung quantifiziert. Ein Bedürfnis, bei dieser Sachlage den Schaden stattdessen durch eine pauschalierte Nutzungsausfallentschädigung abzugelten, besteht nicht.
Lassen sich bei dem vorübergehenden Entzug der Gebrauchsmöglichkeit eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs die materiellen Auswirkungen des Ausfalls des Fahrzeugs quantifizieren, kann eine (abstrakte) Nutzungsausfallentschädigung nicht verlangt werden. Das gilt unabhängig davon, ob das ausgefallene Fahrzeug unmittelbar der Gewinnerzielung dient, weil der Ertrag allein mit Transportleistungen erzielt wird, oder nur mittelbar, nämlich zur Unterstützung einer anderen gewerblichen Tätigkeit eingesetzt wird.
Der Betriebsbereitschaft eines ausschließlich gewerblich genutzten Fahrzeugs, also seiner ständigen Verfügbarkeit und Einsatzfähigkeit, kommt kein eigenständiger Vermögenswert zu, weshalb der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit als solcher kein Schaden ist. Der Geschädigte kann für die Gebrauchsentbehrung unabhängig vom Eintritt eines Erwerbsschadens oder darüber hinaus - keine (abstrakte oder an den Vorhaltekosten orientierte) Nutzungsausfallentschädigung verlangen. Die Rechtsprechung, wonach die infolge eines zum Schadensersatz verpflichtenden Ereignisses entfallende Möglichkeit des Geschädigten, private, eigenwirtschaftlich genutzte Sachen oder Güter plangemäß verwenden oder nutzen zu können, einen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen kann, ohne dass hierdurch zusätzliche Kosten entstanden oder Einnahmen entgangen sind, ist auf die Nutzung von Sachen oder Gütern, die ausschließlich erwerbswirtschaftlich genutzt werden, nicht übertragbar.
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