Offenlegung von Gründungsgesellschaftern gewährten Sondervorteilen im Emissionsprospekt
BGH v. 19.11.2019 - II ZR 306/18
Der Sachverhalt:
Der Kläger begehrt die Zahlung von rd. 24.000 € nebst Zinsen als Schadensersatz. Mit Zeichnungsschein vom 30.10.2006 beauftragte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3), als Treuhänderin für ihn nach einem nicht verhandelbaren Beteiligungsschlüssel jeweils einen Kommanditanteil an den fünf Schiffsgesellschaften der Emission H. zu erwerben, nämlich der MT "H. T. " GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schiffsgesellschaft), B. GmbH & Co. KG MS "B. M. ", MS "E. " GmbH & Co. KG, Reederei M. GmbH & Co. KG MS "S. " und Reederei M. GmbH & Co. Independence KG.
Die Beklagten zu 2 bis 4) waren Gründungsgesellschafter in mindestens einer der Einschiffsgesellschaften. Die Beklagte zu 1) ist die Muttergesellschaft der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 2) war Prospekterstellerin, ihre Nebenintervenientin war Prospektgutachterin. Der Beklagte zu 4) war "Schirmherr" der Reederei M.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger über Sondervorteile nicht aufgeklärt werden müsse, weil die Übertragung des Kaufvertrags über die MS "H. T." von der Se. auf die Schiffsgesellschaft zum Zeitpunkt der Prospekterstellung und damit vor dem Beitritt des Klägers bereits vollständig abgewickelt gewesen sei.
Die Gründungsgesellschafter der Schiffsgesellschaft schuldeten dem Kläger vor dessen Beitritt eine sachlich richtige und vollständige Aufklärung über die Nachteile und Risiken der Beteiligung. Diese Aufklärungspflicht umfasste auch der Se. aufgrund der Übertragung des Kaufvertrags auf die Schiffsgesellschaft gewährte Sondervorteile. Da das Berufungsgericht offengelassen hat, ob die Se. als Veräußerungsgesellschaft der MS "H. T." eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der H.-Gruppe war, ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass sie mit einem Gründungsgesellschafter der Schiffsgesellschaft und des Vertragsreeders verflochten war.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, und andererseits dem Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und die Aufklärung über die diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile.
Da allein kapitalmäßige oder personelle Verflechtungen bereits die Gefahr einer Interessenkollision zum Nachteil der Anleger hervorrufen können, ergreift die Aufklärungspflicht ohne Unterschied alle Zuwendungen an die Gesellschafter und ihre Unternehmen außerhalb des Gesellschaftsvertrags. Dabei spielt es keine Rolle für die Aufklärungspflicht, ob die Konditionen des zugrundeliegenden Geschäfts üblich waren und der Gesellschaft tatsächlich keine Nachteile oder sogar Vorteile gebracht haben.
Zu einem richtigen Bild über die Beteiligung gehört auch das Wissen darüber, dass dem Gründungsgesellschafter die konkrete Chance eröffnet wird, zu Lasten des Vermögens der Beteiligungsgesellschaft erhebliche finanzielle Sondervorteile zu erlangen. Einem Gründungsgesellschafter bereits gewährte Sondervorteile müssen im Emissionsprospekt auch dann offengelegt werden, wenn sie bereits vor dem Beitritt eines Anlegers erfolgt sind, aber im Zusammenhang mit dem Anlageprojekt stehen. Dass die Übertragung des Kaufvertrags über die MS "H. T." von der Se. auf die Schiffsgesellschaft vor dem Beitritt des Klägers bereits vollständig abgewickelt gewesen war, steht damit entgegen der Auffassung des OLG der Pflicht zur Offenlegung nicht entgegen.
BGH online
Der Kläger begehrt die Zahlung von rd. 24.000 € nebst Zinsen als Schadensersatz. Mit Zeichnungsschein vom 30.10.2006 beauftragte er die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3), als Treuhänderin für ihn nach einem nicht verhandelbaren Beteiligungsschlüssel jeweils einen Kommanditanteil an den fünf Schiffsgesellschaften der Emission H. zu erwerben, nämlich der MT "H. T. " GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schiffsgesellschaft), B. GmbH & Co. KG MS "B. M. ", MS "E. " GmbH & Co. KG, Reederei M. GmbH & Co. KG MS "S. " und Reederei M. GmbH & Co. Independence KG.
Die Beklagten zu 2 bis 4) waren Gründungsgesellschafter in mindestens einer der Einschiffsgesellschaften. Die Beklagte zu 1) ist die Muttergesellschaft der Beklagten zu 2) und 3). Die Beklagte zu 2) war Prospekterstellerin, ihre Nebenintervenientin war Prospektgutachterin. Der Beklagte zu 4) war "Schirmherr" der Reederei M.
LG und OLG wiesen die Klage ab. Auf die Revision des Klägers hob der BGH das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das OLG zurück.
Die Gründe:
Das OLG hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Kläger über Sondervorteile nicht aufgeklärt werden müsse, weil die Übertragung des Kaufvertrags über die MS "H. T." von der Se. auf die Schiffsgesellschaft zum Zeitpunkt der Prospekterstellung und damit vor dem Beitritt des Klägers bereits vollständig abgewickelt gewesen sei.
Die Gründungsgesellschafter der Schiffsgesellschaft schuldeten dem Kläger vor dessen Beitritt eine sachlich richtige und vollständige Aufklärung über die Nachteile und Risiken der Beteiligung. Diese Aufklärungspflicht umfasste auch der Se. aufgrund der Übertragung des Kaufvertrags auf die Schiffsgesellschaft gewährte Sondervorteile. Da das Berufungsgericht offengelassen hat, ob die Se. als Veräußerungsgesellschaft der MS "H. T." eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der H.-Gruppe war, ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass sie mit einem Gründungsgesellschafter der Schiffsgesellschaft und des Vertragsreeders verflochten war.
Nach ständiger BGH-Rechtsprechung hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitrittsinteressenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrichten. Dazu gehört auch eine Darstellung der wesentlichen kapitalmäßigen und personellen Verflechtungen zwischen einerseits der Fondsgesellschaft, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, und andererseits dem Unternehmen sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern, in deren Hand die Beteiligungsgesellschaft die nach dem Prospekt durchzuführenden Vorhaben ganz oder wesentlich gelegt hat, und die Aufklärung über die diesem Personenkreis gewährten Sonderzuwendungen oder Sondervorteile.
Da allein kapitalmäßige oder personelle Verflechtungen bereits die Gefahr einer Interessenkollision zum Nachteil der Anleger hervorrufen können, ergreift die Aufklärungspflicht ohne Unterschied alle Zuwendungen an die Gesellschafter und ihre Unternehmen außerhalb des Gesellschaftsvertrags. Dabei spielt es keine Rolle für die Aufklärungspflicht, ob die Konditionen des zugrundeliegenden Geschäfts üblich waren und der Gesellschaft tatsächlich keine Nachteile oder sogar Vorteile gebracht haben.
Zu einem richtigen Bild über die Beteiligung gehört auch das Wissen darüber, dass dem Gründungsgesellschafter die konkrete Chance eröffnet wird, zu Lasten des Vermögens der Beteiligungsgesellschaft erhebliche finanzielle Sondervorteile zu erlangen. Einem Gründungsgesellschafter bereits gewährte Sondervorteile müssen im Emissionsprospekt auch dann offengelegt werden, wenn sie bereits vor dem Beitritt eines Anlegers erfolgt sind, aber im Zusammenhang mit dem Anlageprojekt stehen. Dass die Übertragung des Kaufvertrags über die MS "H. T." von der Se. auf die Schiffsgesellschaft vor dem Beitritt des Klägers bereits vollständig abgewickelt gewesen war, steht damit entgegen der Auffassung des OLG der Pflicht zur Offenlegung nicht entgegen.