"Opt-in"-Erfordernis für die Bestellung fakultativer Zusatzleistungen bei Flugbuchungen im Internet
OLG Frankfurt a.M. 9.10.2014, 6 U 148/13Die beklagte Fluggesellschaft unterhält einen Internetauftritt, über den Flugtickets gebucht sowie ergänzend hierzu fakultativ Reiseversicherungen abgeschlossen werden können. Der Kunde kann den von ihm eingeleiteten Buchungsvorgang für ein Ticket nur fortsetzen, wenn er sich für oder gegen den Abschluss einer zusätzlichen Reiseversicherung entscheidet. Der Nutzer muss die Entscheidung in der Weise treffen, dass er in einer sich öffnenden Drop down box mit der Überschrift "Wählen Sie ein Wohnsitzland" entweder eines der dort alphabetischer Reihenfolge aufgeführten Länder oder die - zwischen den Ländernamen "Latvia" und "Lithuania" eingeordnete - Angabe "Nicht versichern" anklickt.
Die Klägerin, ein Verband zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, sah darin einen Verstoß gegen die sich aus Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 ergebenden Informationspflicht. Das LG gab der Unterlassungsklage statt. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem OLG erfolglos. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Die Gründe:
Der Klägerin stand der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11, 5a UWG i.V.m. Art. 23 der VO(EG) Nr. 1008/2008 zu; der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ergab sich aus § 12 UWG.
Zwar kann dem in Art. 23 VO(EG) Nr. 1008/2008 enthaltenen Erfordernis, wonach bei der Buchung von Flügen im Internet die Annahme fakultativer Zusatzleistungen (hier: Reiseversicherung) "auf "opt-in"-Basis" erfolgen muss, grundsätzlich auch dadurch genügt werden, dass der Kunde den eingeleiteten Buchungsvorgang nur fortsetzen kann, wenn er sich für oder gegen die Inanspruchnahme der Zusatzleistung entschieden hat. Dies setzt allerdings voraus, dass nach der konkreten Ausgestaltung des Buchungsvorgangs dem Nutzer sowohl die Möglichkeit, sich für die Zusatzleistung zu entscheiden, als auch die Möglichkeit, die Buchung ohne Inanspruchnahme der Zusatzleistung fortzusetzen, i.S. einer klaren und gleichwertigen Entscheidungsalternative vor Augen geführt wird. Diesen Anforderungen wurde die Ausgestaltung des angegriffenen Buchungsvorgangs bei weitem nicht gerecht.
Dem Nutzer wurde die Orientierung darüber, welche Möglichkeiten ihm bei der Buchung offenstehen, schon durch die Überschrift "Kaufen Sie Ihre Reiseversicherung aus" erschwert, die die Vermutung nahelegen konnte, der Fluggast habe nur die Wahl zwischen den darunter vorgestellten Versicherungsvarianten ("Reiseversicherung" und der "Reiseversicherung plus"). Der weitere Hinweis "Wenn Sie schon versichert sind, bitte 'Nicht versichern' in der Drop down box wählen" war nur kleingedruckt und unauffällig angebracht; zudem war er auch inhaltlich insofern falsch, als es grundsätzlich andere Gründe geben konnte, vom Abschluss der angebotenen zusätzlichen Reiseversicherung abzusehen.
An einer klaren und gleichwertigen Entscheidungsalternative fehlte es aber vor allem, weil sich die Angabe "Nicht versichern", die der Nutzer anklicken musste, wenn er ein Flugticket ohne zusätzliche Reiseversicherung wünschte, innerhalb einer mit "Wählen Sie ein Wohnsitzland" überschriebenen Drop down box zwischen den dort aufgeführten Ländernamen befand. Diese Anordnung war derart ungewöhnlich, dass auch ein verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher den Weg zur Buchung des Flugtickets ohne Reiseversicherung nicht ohne weiteres auffinden konnte.
Dabei war zu berücksichtigen, dass der Verbraucher sich bei der Buchung unter einem gewissen Zeitdruck sieht, weil er möglicherweise befürchten muss, dass ein besonders günstiger Flugpreis nur für kurze Zeit angeboten wird. Letztlich war die Gestaltung des Internetauftritts darauf angelegt, dem Kunden die Fortsetzung des Buchungsvorgangs ohne Abschluss einer Reiseversicherung so zu erschweren, dass er sich - um die Buchung überhaupt durchführen zu können - notgedrungen zur Hinzubuchung dieser Zusatzleistung auch ohne Interesse entschlossen hätte.
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