09.12.2014

Ordnungsgelder des Sanktionsausschusses der Frankfurter Wertpapierbörse gegen Börsenhändler rechtmäßig

Das VG Frankfurt a.M. hat in zwei Klageverfahren die Verhängung von Ordnungsgeldern des Sanktionsausschusses der Frankfurter Wertpapierbörse für rechtmäßig erachtet. Die Bußgelder i.H.v. einmal 10.000 € und einmal 5.000 € waren gegen zwei Börsenhändler verhängt worden.

VG Frankfurt a.M. 19.11.2014, 2 K 338/14.F u.a.
Der Sachverhalt:

+++ 2 K 338/14.F +++
Die Klägerin, ein zum Börsenhandel bei der beklagten Frankfurter Wertpapierbörse zugelassenes Kreditinstitut war als Designated Sponsor nach § 77 der Börsenordnung der Beklagten für den Handel im elektronischen Handelssystem Xetra im Handelsmodell fortlaufender Handel mit untertägigen Auktionen tätig (FRA 1). Das Designated Sponsoring für diese Gattung war von der Klägerin bis zum Februar 2013 an eine Broker AG in Frankfurt a.M. ausgelagert. Daneben wurden die Aktien auch im elektronischen Handelssystem Xetra im Handelsmodell der fortlaufenden Auktionen mit Spezialist (FRAU 2) gehandelt. Im Zeitraum eines Monats im Jahr 2012 tätigte die Broker AG neben den Handelsaktivitäten im Rahmen des Designated Sponsoring im elektronischen Handelssystem Xetra auch solche in den oben genannten Handelssystem FRA 2 für das Eigenhandelskonto der Klägerin.

Bei den beanstandeten Geschäften wurde von der Broker AG entweder eine Kauforder auf der Handelsplattform FRA1 und eine Verkaufsorder auf der Handelsplattform FRA2 oder eine Verkaufsorder auf FRA1 und eine Kauforder auf FRA2 getätigt, wobei die Limits der gegenläufigen Orders identisch oder nahezu identisch waren. Im Untersuchungszeitraum machten diese Geschäfte fast den gesamten Umsatz in dieser Aktie aus. Der Spezialist auf dem Handelsmodell FRA2 führte die auf die von ihm veröffentlichten Quotierung hin erteilten Orders der Broker AG im Hinblick auf die an den Spezialisten gestellten Mindestanforderung für die Quotierung und Ausführung von Orders jeweils aus und stellte sich im recht illiquiden Papier am Referenzmarkt FRA1 jeweils glatt. Die Transaktionen wurden von der Beklagten jeweils einzeln aufgeführt. Mit dem hier angefochtenen Beschluss vom 6.1.2014 belegte der Sanktionsausschuss der Beklagten die Klägerin mit einem Ordnungsgeld i.H.v. 10.000 € und führte zur Begründung aus, dass eine irreführende Beeinflussung von Angebot und Nachfrage des fraglichen Wertpapierhändlers durch die sog. Karussellgeschäfte herbeigeführt worden seien.

Es sei eine nichtvorhandene Liquidität der Aktie vorgespiegelt und damit über die wahre Marktlage des Wertpapiers im Hinblick auf Angebot und Nachfrage getäuscht worden. Dies werde schon dadurch belegt, dass die Geschäfte der Klägerin in dem einmonatigen untersuchten Zeitraum nahezu den gesamten Umsatz auf der Handelsplattform FRA2 in der fraglichen Aktie ausgemacht hätten. Die Klägerin könne sich auch nicht auf ihre Aufgabe als Designated Sponsor berufen. Denn das Einstellen von Orders lediglich auf der Kauf bzw. Verkaufsseite gehöre nicht zu den Aufgaben des Designated Sponsors. Die Klägerin wandte sich mit ihrer Klage gegen die Verhängung des Ordnungsgeldes; der aus § 77 der Börsenordnung herzuleitende Begriff des fehlerhaften oder irreführenden Signals sei viel zu unbestimmt und zu weit geraten. Ihr könne insbesondere kein Vorsatz oder gar Leichtfertigkeit zugeschrieben werden.

Das VG wies die Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt werden, über den dann der Hessische VGH zu entscheiden hat.

+++ 2 K 1675/13.F +++
Die Klägerin, ein zugelassenes Kreditinstitut, tätigte in einem Zeitraum von ca. eineinhalb Monaten für eine bestimmte Aktie Kauforders auf im Orderbuch befindliche Verkaufsorders Dritter (sogenanntes aktives Matching). Der überwiegende Teil dieser Orders führte unmittelbar zu einem Preis, der in der Regel mindestens dem vorhergehenden Kurs entsprach oder höher lag. Bei mehr als der Hälfte der eingestellten bzw. ausgeführten Orders betrug der Gegenwert weniger als 100 €. Dies führte dazu, dass der Preis auf dem aktuellen Niveau gehalten, oder, sofern der Preis aufgrund Geschäfte Dritter zwischenzeitlich gefallen war, sich wieder erhöhte. Auch in diesem Fall verhängte der Sanktionsausschuss der Beklagten ein Ordnungsgeld, hier i.H.v. 5.000 €.

Das VG wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann ein Antrag auf Zulassung der Berufung eingelegt werden, über den dann der Hessische VGH zu entscheiden hat.

Die Gründe:

+++ 2 K 338/14.F +++
Die Verhängung des Ordnungsgeldes i.H.v. 10.000 € ist rechtmäßig.

Es liegt ein Verstoß gegen § 117 S. 2 der Börsenordnung der Beklagten vor. Die Vorschrift dient einer ordnungsgemäßen Durchführung des Handels an der Börse und soll die Börsengeschäftsabwicklung sicherstellen. Die Vorschrift untersagt einem Handelsteilnehmer, bei der Eingabe von Orders, der Eingabe von indikativen Quotes, der Eingabe von verbindlichen Quotes und der Eingabe von Geschäften in die BörsenEDV, fehlerhaft oder irreführend Angebot, Nachfrage oder Preis von gehandelten Wertpapieren zu beeinflussen oder einen nicht maktgerechten Preis bzw. eine künstliches Preisniveau herbeizuführen ohne dass dies einer gängigen Marktpraxis im Einklang mit den börsenrechtlichen Vorschriften entspricht. Damit dient die Vorschrift dem Schutz des Vertrauens der Anleger in die Integrität des Marktes.

Insbesondere soll der Marktpreis mit den tatsächlichen Verhältnissen in Übereinstimmung gebracht werden, in dem handelsgestützte Marktmanipulationen verboten sind. Im vorliegenden Fall konnte festgestellt werden, dass der Wertpapierhandel beeinflusst wurde durch unmittelbar aufeinanderfolgende gegenläufige Kauf und Verkaufsorders auf den Handelsplattformen FRA1 und FRA2. Diese Geschäfte waren in dem Sinne irreführend, weil sie lediglich dem Zweck dienten, das Handelsvolumen künstlich aufzublähen. Durch diese Börsengeschäfte waren aufgrund identischer Preise keine Gewinne erzielbar. Es ist auch plausibel, dass die wirtschaftlich nicht begründeten Umsätze von einem verständigen Anleger bei seinen Entscheidungen berücksichtigt werden können.

Auch nachvollziehbar ist, dass durch den vermehrten Umsatz ein Marktteilnehmer dazu bewegt werden kann, in der Hoffnung auf steigende Gewinne Kurse in das Wertpapier zu investieren. Damit ist deutlich, dass diese Geschäfte auf potenzielle Anleger irreführend und täuschend gewirkt haben können. Marktteilnehmer müssen nicht mit gegenläufigen Orders, die nur auf die Steigerung der Liquidität eines Wertpapiers gerichtet sind, rechnen. Auch kann sich die Klägerin für ihr Verhalten nicht auf ihre Aufgabe als Designated Sponsor berufen. Denn dessen Aufgabe ist es, für zusätzliche Liquidität in einem Wertpapier zu sorgen, indem er temporäre Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage überbrückt. Geschäfte zur bloßen Liquiditätssteigerung sind irreführend und unzulässig.

Die Höhe des Ordnungsgeldes war rechtlich ebenfalls nicht zu beanstanden. Denn die Klägerin haftet - anders als im Strafrecht - nicht nur für ihr eigenes Verschulden sondern auch für das ihrer Wertpapierhändler.

+++ 2 K 1675/13.F +++
Das Verhalten der Klägerin ist als ein Verstoß gegen § 117 S. 2 der Börsenordnung zu werten.

Die von der Klägerin eingegebenen ausgeführten Kauforders sind irreführend in dem Sinne, dass sie nicht wirtschaftlich begründet waren. Grund für die Kauforders war es allein, die Schwankungsbreite der Aktienkurse einzudämmen. Deshalb sind diese Geschäfte nicht als normale Börsengeschäfte zu bewerten. Die Klägerin hat allein den wirtschaftlichen Zweck der Eindämmung der Schwankungsbreite des Aktienkurses verfolgt. Dies widerspricht der ordnungsgemäßen Durchführung des Handels an der Börse und der Börsengeschäftsabwicklung.

VG Frankfurt a.M. PM Nr. 34 vom 8.12.2014
Zurück